Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Gesteinsblöcken auf der Baustelle wimmelte es nur so von in Sackleinen gekleideten Tagelöhnern und Hilfsarbeitern, unter denen die Maurermeister in ihren bequemen, aber eleganten Gewändern und die schwarz-weißen Kutten einiger Dominikaner hervorstachen.
»Er wird wunderschön«, sagte der Prior mit einem kindlichen Lächeln. Der Mann war groß und kräftig - er überragte Uberto um einen ganzen Kopf -, aber ausgesprochen einfältig. Sein einziges Lebensziel, so schien es, war, dass er einmal in den Kirchenbüchern als Erbauer des neuen Campanile genannt
würde. »Genau dies hat unserer Kirche zu ihrer Vollendung noch gefehlt.«, sagte er begeistert.
»Ich stimme Euch zu«, erwiderte Uberto. Um nicht schmutzig zu werden, hatten sie sich in sicherer Entfernung von der Baustelle an eine niedrige Mauer gestellt, die den mit Flusskieseln gepflasterten Kirchplatz vom Friedhof hinter der Basilika trennte. »Ich bin davon überzeugt, dass der Erzbischof bei seiner Ankunft beeindruckt sein wird.«
Der Prior errötete sofort. »Wie habt Ihr davon erfahren?«, fragte er schuldbewusst, ohne den Versuch zu machen, es zu leugnen.
Uberto hatte Teile eines Gesprächs zwischen dem Verwalter und dem Küchenbruder belauscht, die sich über einige zusätzliche Gäste beim Abendbrot unterhalten hatten. Doch er verlor keine Zeit mit Erklärungen und beantwortete die Frage mit einer Gegenfrage.
»Warum habt Ihr mich nicht darüber unterrichtet?«
»Der Bote ist erst heute Morgen eingetroffen«, erwiderte der große Mann und wich seinem Blick aus, »wir waren selbst überrascht. In der Eile der Vorbereitungen muss es mir wohl entgangen sein, Euch zu benachrichtigen.«
Vielleicht entsprach das der Wahrheit, aber es war nicht gesagt. Uberto vermutete, dass der Erzbischof ihm einen Überraschungsbesuch abstatten wollte und daher den Befehl gegeben hatte, sein Kommen nicht vorher anzukündigen. In jedem Fall hätte er sich keinen unpassenderen Moment aussuchen können, um Ubertos Pläne zu durchkreuzen.
Er sah hinüber zur Zelle des heiligen Dominikus, die inzwischen zu einer Kapelle umgebaut war. »Das macht nichts«, sagte er und täuschte Gleichgültigkeit vor. »Ich hätte nur gern die Zeit gehabt, mich auf den Besuch vorzubereiten.«
Der Prior nickte und entschuldigte sich erneut, um zu beobachten, wie das, was er als seine »Schöpfung« bezeichnete,
langsam Gestalt annahm. Uberto sann inzwischen eifrig nach einem Weg, wie er diesem schlimmen Schicksalsschlag begegnen konnte. Er hatte darum gebeten, dass der der Brandstiftung beschuldigte Student in die Haft des Klosters überführt würde, damit er ihn in Ruhe befragen und ihm mit allen Mitteln ein Geständnis entreißen konnte. Er hatte zwar damit gerechnet, dass irgendjemand dem Erzbischof sein Vorgehen hinterbringen würde, aber einkalkuliert, dass dies einige Zeit dauern würde. Und wenn Rinaldo erst einmal vor vollendeten Tatsachen stand, würde er sich ihm kaum mehr in den Weg stellen können, ohne mit Clemens V. selbst in Konflikt zu geraten. Doch nun musste Uberto erfahren, dass der Erzbischof bereits heute Abend in Bologna eintreffen würde. Und dass er nicht im Palazzo des Bischofs Quartier beziehen würde oder in der Komturei des Templerordens, wo er vor drei Jahren gemeinsam mit den Erzbischöfen von Pisa und Cremona den Prozess eröffnet hatte, sondern im Dominikanerkloster. Selbstverständlich hatte dies den Prior nicht erstaunt, er war nur glücklich, ein weiteres denkwürdiges Ereignis in die Register eintragen zu können. Welche Ehre: ein Besuch des Erzbischofs von Ravenna während seines Priorats!
Rinaldo bestand sicher darauf, dass das Verhör nach dem Gesetz durchgeführt würde - damit würde er jedoch nichts Brauchbares herausfinden. Uberto sah nur einen Ausweg: Er musste seine Bitte um Herausgabe des Gefangenen auf die Zeit nach dem Besuch des Erzbischofs verschieben. Allerdings barg auch diese Möglichkeit Schwierigkeiten. Zunächst einmal wusste er nicht, wie lange der Erzbischof zu bleiben gedachte. Einen Tag, vielleicht aber auch eine Woche. Und Uberto wollte den Gefangenen nicht zu lange in den Händen des Podestà lassen. Wenn er wegen Brandstiftung verurteilt würde, konnte er bald tot sein oder zumindest nicht mehr in der Lage zu sprechen.
Glücklicherweise wusste im Konvent niemand außer ihm von der Verhaftung des jungen Mannes. Dadurch gewann er etwas Zeit zum Nachdenken, dennoch musste er schnell eine Entscheidung treffen.
Uberto wollte
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