Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
die Leiche eines Templers finden wollte, der man ansah, dass hier der Teufel im Spiel war, wie es in dem Schreiben des Informanten hieß, konnte Uberto nicht den legalen Weg beschreiten. Er hatte schon nach einem zuverlässigen Mann geschickt, einem ehemaligen Priester, der am Rande des Gesetzes lebte, und er erwartete ihn jeden Augenblick. Er musste sehr vorsichtig sein, denn das, was er ihm auftragen wollte, würde sicher nicht den Beifall des Erzbischofs finden.
Der junge Mann, der sich letzte Nacht der Verhaftung entzogen hatte, war ein Student von Mondino de’ Liuzzi. Und
die Tatsache, dass der Arzt ihm keinen Einlass in seine Medizinschule gewährt hatte, erschien dem Inquisitor immer noch verdächtig. Man musste ermitteln, aber im Geheimen. Sobald sich Beweise fänden, würde Uberto nach dem Gesetz verfahren. Er war fest überzeugt, dass dieser Fall entscheidend dazu beitragen konnte, den Niedergang der Templer zu beschleunigen. Sollte er Erfolg haben, würden etliche hohe Kirchenfürsten, vielleicht sogar auch der Papst in Person, seine Schritte gutheißen.
Sollte er hingegen scheitern, würde er alles geheim halten. So bestand für ihn keine Gefahr.
Ein Bruder näherte sich eilig und teilte Uberto mit, dass ein gewisser Guido Arlotti ihn in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen wünschte.
Uberto hatte ihn bereits erwartet. Doch sosehr es ihn drängte, Arlotti zu treffen, so hatte er nicht die Absicht, sich ihm schmutzig und verschwitzt wie ein Bauer zu zeigen.
Er schnitt dem Bruder mit einer brüsken Handbewegung das Wort ab und sagte ihm, dass er den Besucher in sein Arbeitszimmer führen sollte. Dann schritt er zu einem Tor, das in den Gemüsegarten führte, wusch sich hastig am Brunnen, wobei er darauf achtete, die Grasflecken sorgfältig von seinen Händen zu entfernen, und betrat das Kloster durch eine Nebentür. In der Ferne hörte er ein Gewitter aufziehen.
Guido erwartete ihn stehend in seinem Arbeitszimmer. Er war ein untersetzter Mann mit kurzen braunen Haaren und trug eine knielange Tunika. Diese betonte seine kräftigen Arme und stämmigen Waden, über denen sich die Wollstrümpfe spannten. Die Füße steckten in geschlossenen Riemenschuhen, die zwar nicht allzu elegant, aber aus bestem Leder waren. Keiner hätte bei seinem Anblick vermutet, dass er früher Priester gewesen war. Nun verdiente er sich seinen Lebensunterhalt
mit dem fragwürdigen Gewerbe der Kuppelei; aber auf seine Art war Arlotti ein Christ geblieben, er fürchtete die Hölle und half der Kirche gegen Geld und Ablass seiner Sünden bei der schwierigen Aufgabe, Personen ausfindig zu machen, die der Ketzerei verdächtigt wurden.
Uberto begrüßte seinen Gast und bot ihm ein Glas Wasser aus dem Krug auf dem Tisch an. Guido lehnte jedoch ab. Sie kamen sofort zum Grund seines Besuchs, ohne sich erst zu setzen. Auf diese Art unterstrichen sie, dass Guido sich gar nicht dort befinden und dass ihr Treffen so kurz wie möglich verlaufen sollte. Uberto war froh, als er bemerkte, dass nicht nur er sich unbehaglich fühlte. Auch der ehemalige Priester empfand sich in einem Gotteshaus fehl am Platz. Das machte es ihm leichter, ihre Beziehungen im richtigen Gleichgewicht zu halten.
»Sobald ich Eure Botschaft erhalten habe, bin ich hierhergeeilt, Vater«, sagte Guido. »Womit kann ich Euch dienlich sein?«
Uberto trat einen Schritt zurück. Guido verströmte zwar keinen Gestank, aber seinem Körper und seinen Kleidern haftete der süßliche Geruch von duftendem Räucherwerk an, das in den Hurenhäusern verbrannt wurde.
»Ich muss dir eine sehr heikle Aufgabe übertragen«, sagte er.
»Ich höre.«
»Ich habe den Verdacht, dass ein Magister des Studiums einem gesuchten Verbrecher Unterschlupf gewährt hat, wahrscheinlich einem Tempelritter, der sich als Student ausgibt, und dass er ihm dabei geholfen hat, eine Leiche verschwinden zu lassen. Wie könnte er das bewerkstelligt haben?«
Guido schwieg lange mit finsterer Miene. Er streckte eine Hand zu dem Wasserkrug aus, dann zog er sie wieder zurück. »Da gibt es viele Möglichkeiten«, sagte er schließlich. »Wie heißt der Arzt?«
»Mondino de’ Liuzzi.«
Guido nickte. »Ich kenne ihn. Mondino unterhält Kontakte zu allen Totengräbern Bolognas, von denen er Leichen für seine Versuche kauft. Er könnte einen von denen um Hilfe gebeten haben.«
»Könntest du ihn ausfindig machen?«
»Das wird nicht leicht«, antwortete Guido. »Wie Ihr wisst, gibt es in der Stadt
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