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Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman

Titel: Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
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verlassen und sich auf die Suche nach einer neuen Unterkunft gemacht. Selbstverständlich musste er sich dafür in einen anderen Teil der Stadt begeben. Er hatte das Viertel von Porta Stiera gewählt, genauer gesagt den Borgo del Rondone, der ganz in der Nähe der Kirche der Heiligen Nabor und Felix lag. Dass man in diesem Viertel einen anderen Dialekt sprach als in der Strada Maggiore, wie es Dante Alighieri berichtet hatte, dieser neumodische Dichter aus Florenz, der auch in
Bologna gewohnt hatte, hatte Gerardo allerdings feststellen können, doch er hatte kein Gefühl für Sprachen. Schon das Lateinlernen war ihm schwergefallen. Dialekt hin oder her, es war auf jeden Fall nicht ganz einfach gewesen, ein Zimmer zu finden, denn er brauchte eine Unterkunft, die ihm im Falle böser Überraschungen eine Fluchtmöglichkeit bot. Glücklicherweise schien jede Familie in der Stadt Zimmer an Studenten zu vermieten. Schließlich war er bei einem Bäcker fündig geworden, dessen Haus einen Hintereingang auf der Rückseite hatte. Seine falsche Identität als Francesco Salimbene konnte Gerardo nun nicht mehr benutzen, daher hatte er sich wieder seines eigenen Namens bedient. Seit dem Haftbefehl gegen die Templer waren drei Jahre vergangen, und sicher suchte im Moment keiner nach einem neu ordinierten Mönch wie ihm.
    Denn das war die Ironie des Schicksals: Seit er ein kleiner Junge war, hatte Gerardo davon geträumt, Tempelritter zu werden, und als er dann nach den langen Lehrjahren mit geistlichen Studien und soldatischen Übungen endlich das Gelübde abgelegt hatte und darauf wartete, an seinen ersten Bestimmungsort geschickt zu werden, hatte Philipp der Schöne den Feldzug gegen seinen Orden begonnen. Um seiner Verhaftung zu entgehen, hatte Gerardo Ravenna verlassen, war unter falschem Namen nach Bologna gekommen und hatte jeden Kontakt zu seiner Familie abgebrochen. Er hatte sein Aussehen verändert, sich die Haare wachsen lassen und auf Bart und Ordensgewand verzichtet. Dann hatte er sich bei Mondino eingeschrieben, studierte aber nur eben so viel, um seine vorgetäuschte Rolle aufrechtzuerhalten, und erwartete nun das Ende des Prozesses, bevor er entscheiden wollte, was er mit seinem weiteren Leben anfing.
    Nun war er schon wieder in Schwierigkeiten und wurde nicht nur als Tempelritter, sondern auch als Brandstifter gesucht.

    Er hatte darüber nachgedacht, aus der Stadt fortzugehen, seine Meinung dann jedoch geändert. Fern von Bologna würde er nämlich nicht mehr nach Angelos Mörder suchen können; außerdem war er davon überzeugt, dass er sich leichter unter den vierzigtausend Einwohnern Bolognas verbergen konnte, wie er es bislang getan hatte, als in irgendeinem Städtchen in der Umgebung, wo er bestimmt auffallen würde.
    Jetzt musste er sich allerdings ins Stadtzentrum wagen, um sich Geld zu leihen. Dass die Bankiers ihre Geldstuben ausgerechnet in dem Viertel hatten, das für ihn am gefährlichsten war, weil ihn dort viele Leute kannten - unter anderem auch sein ehemaliger Vermieter -, beunruhigte Gerardo sehr. Er hoffte, dass die Kapuze ihn hinreichend schützen würde, musste aber ständig gegen den Wunsch ankämpfen, sich umzudrehen und nachzusehen, ob ihn jemand beobachtete.
    Es fiel ein beharrlicher Nieselregen, vor dem alle Schutz unter den Bogengängen suchten. Die Straße überließen sie den Pferdekarren und denjenigen, deren Lasten zu groß waren, als dass sie sich zwischen den Säulen hindurchquetschen konnten. Gerardo blieb stehen, um abzuwarten, bis eine kleine Ziegenherde den gepflasterten Platz vor der Kirche San Francesco überquert hatte. Der kürzeste Weg zum Trebbo dei Banchi führte an Mondinos Schule vorbei, aber natürlich sollte er sich dort nicht blicken lassen. In diesem Augenblick schlüpfte ein Zicklein durch eine offene Tür in eine Taverne. Als der Hirte ihm nachging, war es plötzlich verschwunden. Daraufhin entbrannte eine lautstarke Auseinandersetzung, an der sich auch der Hund des Hirten beteiligte, der wütend kläffte, um die Herde zusammenzuhalten, während sein Herr sich stritt.
    Gerardo ging weiter und dachte, dass die Frau des Gastwirts dem armen Zicklein inzwischen bestimmt schon die Gurgel durchgeschnitten hatte, damit es nicht meckerte, und dass der Hirte es gewiss nie wiedersehen würde.

    Als er über den Mercato di Mezzo lief, sank er mit den Schuhen tief in den Schmutz ein. Auf den Stufen unter dem Vordach der Kapelle, in der das den heiligen Aposteln geweihte

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