Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Wunsch von Bischof Petronius entstanden war und nun in der gesamten Christenheit als Sancta Hierusalem Bononiensis bekannt war.
Aus einem Impuls heraus trat er durch das große Portal der ersten Kirche, die nach der Kreuzigung hieß. Seine Gefühle waren in Aufruhr, und ein kurzer Aufenthalt im Haus Gottes würde ihm nur guttun. Gerardo durchquerte hastig das Schiff und wandte sich dann nach links, um in die Kirche zu gelangen, in der das heilige Grab von Jerusalem nachgebildet war. Rund um das achteckige Sanktuarium, das die sterblichen Überreste des heiligen Petronius beherbergte, des bedeutendsten Schutzpatrons von Bologna, knieten sechs Mönche ins Gebet vertieft. Gerardo blieb kurz stehen und bewunderte dieses kleine, aber so wichtige architektonische Meisterwerk. Es hieß, dass es die Proportionen des Originals im richtigen Maßstab wiedergab und dass unter dem Fußboden eine heilige Quelle sprudelte, die alle Krankheiten heilen konnte. Es gab sogar Gerüchte, unter der Kirche solle sich ein alter unterirdischer Tempel befinden, der schon lange vor der Kirche dort gestanden habe und einst der heidnischen Göttin Isis geweiht war.
Dennoch fand Gerardo an diesem heiligen Ort keinen Trost. Er fühlte sich aufgewühlter denn je. Leise, um die betenden Mönche nicht zu stören, verließ er die Kirche durch eine Tür auf der rechten Seite, lief durch den verlassenen Kreuzgang und betrat die Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit. Er wollte gerade wieder gehen, als Gerardo in einer Ecke einen knienden Priester bemerkte. Der Mann hatte seine Schritte gehört und sich wortlos nach ihm umgedreht. Unsicher blieb der Flüchtling stehen. Während er nach einer Ausrede suchte, um seine Anwesenheit zu erklären, kamen ihm die Worte ganz natürlich über seine Lippen, als ob sie das Einzige wären, was an diesem Ort und in diesem Augenblick angebracht wären.
»Vater, ich möchte beichten.«
Der Priester nickte, stand auf und bedeutete ihm, näher zu kommen. Gerardo kniete vor ihm nieder und wartete darauf, dass der Priester die übliche Formel sprach. Dann beichtete er alle Sünden, an die er sich erinnerte. Im Geiste bat er Gott dabei um Verzeihung, dass er nicht die Dinge enthüllen konnte, die ihn wirklich bedrückten. Eigentlich sollten die Lippen eines Priesters versiegelt sein, doch er wusste nur zu gut, dass seine Vorgesetzten einem Priester gewöhnlich die Absolution erteilten, wenn er das Beichtgeheimnis gebrochen hatte, falls diese Verfehlung im Namen des übergeordneten Wohls der Kirche geschehen war. Und zurzeit schien die Kirche die Vernichtung des Templerordens als ihr übergeordnetes Wohl anzusehen. Gerardo durfte also kein Risiko eingehen.
Während er seinen Kopf nach verborgenen Sünden durchforstete, immer noch leicht betäubt vom Wein und der durchwachten Nacht, entschlüpfte ihm plötzlich, er habe darüber nachgedacht, wie gern er eine Familie gründen würde mit einer Frau, Kindern und einer Arbeit nachgehen, die der Ehre des Herrn gewidmet war.
Der Priester unterbrach ihn neugierig: »Und warum denkst du, dass dies eine Sünde sein könnte, mein Sohn?«
Gerardo merkte sofort, dass er einen Fehler begangen hatte. Dieser Gedanke war eine Sünde, weil sie im Widerspruch zu seinem heiligen Gelübde stand, aber das konnte er ihm nicht sagen.
»Die Frau, die diese Wünsche in mir ausgelöst hat, ist verheiratet, Vater«, log er. »Ich habe eine Todsünde begangen.«
Der Priester nickte ernst, als ob er eine solche Antwort erwartet hätte. Dann fragte er Gerardo, ob er noch anderes zu beichten hätte, und als dieser verneinte, erlegte er ihm eine strenge Buße auf und entfernte sich. Gerardo stand auf, verließ die Kirche, und als er wieder im Freien stand, fühlte er auf einmal
die ganze Müdigkeit der durchwachten Nacht schwer auf sich lasten, als ob die Beichte ihn völlig erschöpft hätte.
Der Regen hatte zugenommen. Gerardo zog sich wieder die Kapuze über den Kopf, und während er mit unsicheren Schritten den Platz überquerte, traf er zwei Entscheidungen: Bevor er Filomena, die Frau von dem Kärtchen aufsuchte, würde er zu seiner neuen Unterkunft gehen und ein wenig schlafen. Außerdem würde er in Zukunft dafür sorgen, dass er sich niemals mit der Tochter des Bankiers allein in einem Raum befand.
Durch das geöffnete Fenster im Haus der Familie Liuzzi, das an einer Seitenstraße der Via San Vitale lag, drang das graue Licht des Nachmittags hinein, und vom Hof stieg der Geruch von
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