Das Geheimnis der Alchimistin - Historischer Kriminalroman
Bankier ging zur Tür, öffnete sie und gab einem der Diener Anweisungen, Brot und Milch für den Gast vorzubereiten. Dann kehrte er gemessenen Schrittes an den Tisch zurück und setzte sich.
»Gut, dann sagt mir jetzt, wie viel Ihr benötigt.«
Gerardo seufzte tief. »Mindestens vierzig Bolognini.«
»Findet einen Bürgen, und das Geschäft steht«, erwiderte Remigio mit einem Lächeln, das freundlich wirken sollte, aber nur seine Gier erkennen ließ. »Dann werden wir uns auch um den Verkauf der Güter kümmern, die Ihr angesprochen hattet. Ach ja, wo wohnt Ihr eigentlich?«
»Im Moment möchte ich das lieber nicht sagen«, antwortete Gerardo.
»Wie Ihr wünscht.«
Das Lächeln auf dem Gesicht des Bankiers gefror, ein deutliches
Zeichen, dass er Gerardos Misstrauen nach den langen Erklärungen über seine Diskretion nicht begriff. Sie verabschiedeten sich kühl. Gerardo verließ das Arbeitszimmer und folgte einem Diener, der ihn in die Küche brachte.
Ein großer Raum, der mehr durch das Feuer im Kamin als durch die spärlichen Sonnenstrahlen erhellt wurde, die durch das einzige, von dicken Gittern geschützte Fenster hereinfielen. Fiamma schimpfte gerade mit einem etwa neunjährigen Mädchen, dem der Rotz aus der Nase lief. Es war barfuß und wirkte völlig verschüchtert. Im Raum war noch ein anderes, etwas älteres Mädchen, das eine graue Haube trug und auf einer Arbeitsfläche aus Terrakottafliesen neben dem Kamin ein Hühnchen rupfte.
»Entschuldigt«, sagte die Hausherrin sofort. Als sie sich zu ihm umdrehte, wehte der zarte grüne Schleier hoch, der ihr Gesicht bedeckte. »Dieses dumme Mädchen hier hat im ersten Laden keine Milch bekommen, und anstatt woanders hinzugehen, ist es mit leeren Händen zurückgekehrt. Ich werde es sogleich wieder losschicken, aber Ihr müsst ein wenig warten.«
»Macht Euch keine Umstände, Madonna«, antwortete Gerardo. Er setzte sich an den Tisch in der Mitte der Küche »Brot und Käse reichen völlig aus, wenn Ihr davon etwas für mich übrig habt.«
Fiamma schickte das Mädchen sofort in die Speisekammer, um den Käse zu holen, und schenkte ihm eigenhändig aus einem Krug auf dem Tisch einen Becher Wein ein.
Das Mädchen lief schniefend los. Wenig später kehrte es mit einem Stück frischem Käse auf einer dicken Scheibe Brot zurück. Gerardo nahm die Speisen entgegen, dankte der Kleinen und machte sich schweigend ans Essen, wobei er versuchte, sich in Anbetracht der Gegenwart einer Dame nicht zu sehr von seinem Appetit überwältigen zu lassen, den der Anblick und der Geruch des Käses in ihm geweckt hatten.
Glücklicherweise war der Wein mit Wasser gestreckt, doch auch so stieg er ihm, vielleicht wegen der durchwachten Nacht, sofort zu Kopf. In seinem gesamten Körper machten sich eine angenehme Wärme und ein Wohlgefühl breit, die keineswegs zu seiner Lage passten. Inzwischen war das ältere Mädchen mit dem Rupfen des Huhns fertig geworden, hatte es über dem Feuer abgeflämmt und entnahm nun die Innereien. Herz, Leber und Magen legte es beiseite, den Rest warf es in einen Holzeimer.
»Ist das Essen zu Eurer Zufriedenheit, Messere?«, fragte Fiamma.
Gerardo hatte seinen Gedanken nachgehangen, und ganz gegen die guten Sitten und die Ordensvorschriften der Tempelritter, denen er Gehorsam geschworen hatte, hob er den Kopf und sah ihr direkt in die Augen. Die junge Frau wandte den Blick nicht ab, und so verharrten sie, bis Gerardo, dem schmerzlich bewusst war, wie unzüchtig sein Blick auf die Dame war, träumerisch hervorbrachte: »Es ist alles vorzüglich, Madonna.«
Als jemand kicherte, drehte er sich ruckartig um. Die Magd neben dem Kamin arbeitete mit dem Rücken zu ihm, doch er war sich sicher, dass sie alles beobachtet hatte. Schnell erhob er sich, als wäre die Stuhlfläche unter ihm plötzlich heiß geworden.
»Jetzt muss ich gehen«, sagte er. »Ich danke Euch für alles. So habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.«
Nach diesem unbeholfenen Satz, der von einem lauten Niesen des barfüßigen Mädchens begleitet wurde, verließ Gerardo die Küche und überließ es den dreien herauszufinden, was er damit gemeint hatte. Dass es ihnen gelingen würde, glaubte er kaum, denn er wusste es ja selbst nicht.
An der Tür nahm er seinen Mantel, trat auf die Straße und ging hinüber zu den sieben Kirchen, welche zusammen die Benediktinerbasilika Santo Stefano bildeten, den Mittelpunkt
dieses architektonischen Komplexes, der vor Jahrhunderten auf
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