Das Geheimnis der antiken Kette
Kaffees in Elisabeths Mikrowelle und setzte sich an den großen Eichentisch in der Frühstücksecke, um noch einmal die lückenhafte Sammlung von Fakten durchzugehen. Vor ihr lagen die Briefe ihrer Cousine, sorgfältig geschrieben und ohne Anzeichen von gewöhnlichem Stress in der vertrauten fließenden Handschrift. Seufzend schob Rue den Kaffee weg und stützte ihr Kinn in die Hand. In dieses Haus, das die beiden Cousinen geerbt hatten, war Elisabeth gekommen, auf der Suche nach einer neuen Perspektive in ihrem Leben. Sie hatte geplant, sich außerhalb der kleinen Stadt Pine River im Staat Washington ein Zuhause zu schaffen und im Herbst an der örtlichen Volksschule zu unterrichten. Die beiden alten Ladys auf der anderen Straßenseite, Cecily und Roberta Buzbee, hatten Elisabeth bei mehreren Gelegenheiten gesehen. Es war Miss Cecily gewesen, die einen Krankenwagen rief, nachdem sie Elisabeth bewusstlos im Korridor des ersten Stocks gefunden hatte. Rues Cousine war ins Krankenhaus gebracht worden, wo sie relativ kurze Zeit blieb, und bald darauf war sie verschwunden.
Zwielicht senkte sich über den Obstgarten hinter dem Haus. Die Blätter auf den graubraunen Ästen wurden bereits weniger, da es Ende Oktober war. Rue sah einen einzelnen Stern am purpurnen Himmel aufleuchten. Oh, Bethie, dachte sie, als Bilder in ihren Gedanken entstanden … vor allem der Anblick der vierzehnjährigen Elisabeth … Bethie, wie sie von der Tür des Heubodens in dem wackeligen alten Stall auf Rue herunterblickte. »Mach dir keine Sorgen«, hatte Bethie fröhlich an jenem längst vergangenen Tag gerufen, an dem Rue hier verwirrt und zornig eintraf, um unter Tante Veritys Fittichen Zuflucht zu suchen. »Hier lebt es sich gut, und du wirst glücklich sein.« Rue sah sich selbst und Bethie angeln und im Fluss nahe der alten Brücke waten und zerschlissene Bibliotheksbücher lesen, oben in den höchsten Ästen des Ahornbaums, der die Hintertür beschattete. Sie hatten Veritys wundervollen Geschichten vor dem Wohnzimmerkamin gelauscht, das Kinn auf die angezogenen Knie gestützt, die Arme um die in Bluejeans steckenden Beine geschlungen.
Das Klingeln des Telefons riss Rue aus ihren Überlegungen, und sie murmelte vor sich hin, während sie zu dem Wandtelefon neben der Spüle ging. »Hallo«, schnappte sie gereizt, weil sie sich sekundenlang Elisabeth näher gefühlt und der Anrufer ihre Erinnerungen wie eine Schar bunter Vögel verjagt hatte.
»Hallo, Claridge«, antwortete eine trockene Männerstimme. »Hat man in eurer Schule nicht darüber gesprochen, wie man sich am Telefon richtig meldet?«
Rue ignorierte die Frage und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.
»Hi, Wilson«, sagte sie und sah Jeffs jungenhaftes Gesicht vor sich. Sie ging seit drei Jahren immer mal wieder mit ihm. Aber wenn sie ihn sah, tat ihr Herz nie diesen komischen kleinen Sprung, von dem sie gelesen hatte. Sie fragte sich, ob das etwas zu bedeuten hatte.
»Schon was über deine Cousine herausgefunden?«
Rue lehnte sich unbeschreiblich erschöpft gegen die Theke. »Nein. Ich habe gleich mit der Polizei gesprochen, und sie stimmt mit Onkel Marcus überein, dass sie sich wahrscheinlich irgendwo versteckt und ihre Wunden leckt.«
»Du denkst nicht so?«
Unbewusst schüttelte sie den Kopf. »Ausgeschlossen. Bethie würde nie verschwinden, ohne irgendjemandem zu sagen, wohin. Sie ist der zuverlässigste Mensch, den ich kenne.« Ihr Blick wanderte zu den Briefen auf dem Küchentisch, den entnervend ruhigen Schilderungen von Reisen an einen anderen Punkt der Zeit. Rue schüttelte wieder den Kopf, um zu bestreiten, dass so etwas möglich war.
»Ich könnte mich in die nächste Maschine setzen und dir helfen«, bot Jeff an.
»Nicht nötig.« Sie schlang die Telefonschnur um ihren Finger. Jeff wäre ihr nur im Weg gewesen.
Ihr Freund seufzte dramatisch. »So sei es, Claridge. Falls du glaubst, ich könne von Nutzen sein, ruf mich an, ja?«
»Ich melde mich, wenn du helfen kannst.«
Nach dem Anruf zog Rue zu Jeans und Sweatshirt noch eine Jacke an und ging in den Schuppen, um abgelagertes Apfelholz zu holen. Als sie wieder hereinkam, fing die Halskette ihren Blick ein und schien ihr vom Küchentisch aus zuzublinzeln und zu funkeln. Stirnrunzelnd machte sie im Wohnzimmerkamin ein Feuer, kehrte in die Küche zurück und legte die Halskette an, ohne genau zu wissen, warum. Frierend stellte sie sich im Wohnzimmer an das Feuer.
Rue unterdrückte Tränen der
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