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Das Geheimnis der antiken Kette

Das Geheimnis der antiken Kette

Titel: Das Geheimnis der antiken Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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immer offen, und dahinter lag eine andere Zeit oder eine andere Dimension.
    »Elisabeth!«, schrie Rue, klammerte sich an dem rußbedeckten Türrahmen fest und starrte durch die Ruine nach unten.
    Ein kleines Mädchen in einer Schürze und mit altmodischen schwarzen Schuhen erschien in dem verwilderten Gras, beschattete die Augen mit einer schmutzigen Hand und blickte zu Rue hoch. »Bist du eine Hexe wie sie?«, rief das Kind herzlich und gar nicht ängstlich.
    Rues Herz hämmerte so laut, dass es in ihren Ohren dröhnte. Sie wich zurück, trat vor, wich wieder zurück, taumelte blindlings in ihr Zimmer und zog Jeans, T-Shirt, Socken und Laufschuhe an. Sie nahm sich keine Zeit, ihre vom Schlafen zerzausten Haare zu kämmen, und kletterte schon durch die Ruine hinunter, bevor sie auch nur einen Moment die Konsequenzen überlegen konnte.
    Das Kind, das aus der Entfernung so mutig gewesen war, taumelte jetzt blass zurück, die Augen weit aufgerissen.
    Großartig, dachte Rue leicht hysterisch, jetzt erschrecke ich schon kleine Kinder!
    »Bitte, lauf nicht weg«, stieß sie hervor. »Ich werde dir nichts tun.«
    Die Angst schwand aus dem Gesicht des Mädchens, aber in diesem Moment kam eine Frau um die Ecke des Hauses gelaufen, kreischte und wedelte mit ihrer Schürze in Rues Richtung, als wollte sie sie wie ein Huhn verscheuchen.
    »Wagen Sie nicht, dieses Kind anzufassen!«, schrie sie, und Rue erkannte in ihr die schlichte Seele, die sie am Vorabend im Wohnzimmerspiegel gesehen hatte, als sie die Klaviertasten abstaubte.
    Rue hatte schon viel energischeren Einschüchterungsversuchen während ihrer Reisen als Reporterin widerstanden. Sie wich nicht zurück. Ihr Verstand speicherte so rapide Material, dass es ihr kaum bewusst war. Die Erkenntnis, dass Elisabeth recht hatte, was die Halskette und die Tür anging, und die Vermutung, dass sie selbst nahe daran war, ihre Cousine zu finden, wirkten berauschend wie ein Fallschirmsprung.
    »Woher sind Sie gekommen?«, fragte die schlichte Frau und schob das Kind hinter sich.
    Rue dachte gar nicht daran, irgendetwas zu erklären. Erstens würde ihr niemand glauben, und zweitens verstand sie selbst nicht, was da vor sich ging. »Von da«, sagte sie und deutete mit dem Daumen zu der offenen Tür über ihr. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Hände und die Knie ihrer Jeans mit Ruß bedeckt waren. »Ich suche meine Cousine Elisabeth.«
    »Die ist nicht da«, lautete die grimmige Antwort. Die Frau schob das kleine Mädchen zur Straße. »Lauf los, Vera. Ich habe vorhin Farley zu eurem Haus reiten gesehen. Wenn du ihn triffst, sag ihm, er soll herkommen und sich mit dieser Lady unterhalten.«
    Vera schätzte Rue mit ungewöhnlich schlauen Augen ein – sie konnte nicht älter als acht oder neun sein – und lief dann durch das tiefe Gras davon.
    Rue trat einen Schritt auf die Frau zu. »Kennen Sie Elisabeth McCartney?«, drängte sie.
    Die Frau knetete ihre Kattunschürze zwischen starken, von Arbeit geröteten Fingern. »Ich habe den Namen noch nie gehört.«
    Rue glaubte ihr keinen Moment, aber ein Instinkt warnte sie. »Ich komme wieder«, sagte sie und kletterte nach oben, in der Hoffnung, auf der anderen Seite der Tür würde ihre eigene Welt warten.
    Sie schob sich über die Schwelle und fand sich auf einem harten Holzfußboden mit einem scheußlichen persischen Läufer wieder. Der Korridor in dem Haus der Gegenwart hatte einen Teppichboden.
    »Oh nein«, stöhnte sie. Der Zeitvorhang hatte sich offenbar geschlossen. Möglicherweise war sie in dieser Wiederholung von »Bonanza« gefangen. »Verdammt«, stöhnte sie, stemmte sich hoch und betrachtete eine Reihe von Bildern an der Wand. Sie blickte in das finstere Gesicht eines alten Mannes mit einem buschigen weißen Bart und einer fanatisch selbstgerechten Miene. »Ich hoffe doch, dass du nicht hier irgendwo bist«, murmelte sie.
    Als nächstes öffnete sie vorsichtig die Tür des Zimmers, in dem sie in der Nacht zuvor geschlafen hatte – aber es war nicht mehr dasselbe. Alle Möbel waren offenbar antik, auch wenn sie neu aussahen. Rue wich zurück und schob sich den Korridor entlang.
    »Ich bin durch den Spiegel gegangen«, sagte sie zu sich selbst. »Jeden Moment müsste ich jetzt ein sprechendes Kaninchen mit einer Taschenuhr und einem Wams treffen.«
    »Oder einen US-Marshal«, sagte eine tiefe Männerstimme.
    Rue wirbelte herum und sah ungläubig zu, wie ein großer, breitschultriger Cowboy mit einem Stern an der Weste die

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