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Das Geheimnis der Apothekerin

Das Geheimnis der Apothekerin

Titel: Das Geheimnis der Apothekerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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ihr bot, genießen sollte. So würde sie ihr Bestes tun, seine Bitte zu erfüllen.
    Die lieben Elliotts hofften zweifellos, dass Lilly zurückgekehrt war, um ganz bei ihnen zu bleiben. Aber Lilly wusste schon jetzt, dass sie das nicht tun würde. Sie war nur zu einem Besuch gekommen. So sehr ihr London auch gefiel, Bedsley Priors war letztendlich ihr Zuhause.

49

    Bedenken Sie, eine reiche Frau heiratet sich genauso leicht wie eine arme.
    William Makepeace Thackeray
    Mehrere Monate später, an einem regnerischen Frühlingstag, stand Lilly wieder einmal auf dem Grey's Hill und blickte auf das vor Feuchtigkeit dampfende Tal, auf den Kanal und das Dorf – ihr Dorf. Die Hasenglöckchen und Pflaumenbäume standen in voller Blüte; der Nebel trug ihr den Honigduft der Blüten zu.
    Sie war etwas überrascht, als sie Mr Shuttleworth den Fußweg zu ihr hinaufkommen sah. Oben angekommen, blieb er erst einmal stehen und rang nach Luft. »Ich bin zu bequem geworden. Dieser Hügel kommt mir heute Morgen wie ein veritabler Berg vor.«
    »Guten Morgen, Mr Shuttleworth.«
    Er verbeugte sich. »Miss Haswell. Wie geht es Ihrem Vater?«
    »Es geht ihm gut.«
    »Das freut mich zu hören.«
    Ihr Vater hatte sich in London mehreren Behandlungen unterzogen – so waren ihm unter anderem Eisenhut-Inhalationen verordnet worden – und war praktisch gesund nach Hause zurückgekehrt. Wenigstens ein Gutes hatte die Schließung seiner Apotheke also gehabt. Versonnen sah sie wieder nach unten, auf das Dorf, über dem ein leichter Nebel lag.
    »Einen Penny für Ihre Gedanken«, sagte er.
    Ruhig antwortete sie: »Ich habe gerade an Mary gedacht.«
    Er nickte. Sein Gesicht war plötzlich voller Schmerz. »Sie müssen mich verachten, Miss Haswell. Ich weiß, dass ich Ihre Freundin enttäuscht habe.«
    Er nahm eine Handvoll Kalksteine und Kiesel in die Hand und warf sie mit der anderen, so weit er konnte – was nicht allzu weit war. »Ich glaube, ich bin ein Feigling. Aber der Gedanke, mich an eine Frau zu binden, so lieb sie mir auch sein mag, die jeden Tag sterben kann … das konnte ich einfach nicht.«
    Weiß denn irgendjemand die Zahl seiner Tage? , überlegte Lilly, aber sie sagte nichts. Sie sah zu, wie er sich die Hände abklopfte. Er merkte nicht, dass sein makelloser Mantel jetzt helle Flecken aufwies. »Ich glaube, ich verstehe Sie, Mr Shuttleworth, und auf jeden Fall weiß ich, dass Mary Sie verstand. Ich selbst jedoch würde alles darum geben, noch ein wenig mehr Zeit mit ihr zu haben, ganz gleich, wie hoch der Preis und das Risiko wären.«
    Er schaute sie an und blickte dann ebenfalls nach unten auf die Häuser. Schließlich holte er tief Luft. »Sie waren enge Freundinnen.«
    »Mehr als Freundinnen. Schwestern.«
    Er hob das Kinn. »Ah! Ich habe davon gehört, war aber nicht sicher, ob ich zugeben darf, dass ich es weiß.«
    »Ich bin froh, dass Sie es wissen. Haben Sie nicht einmal gesagt, dass wir Schwestern sein könnten?«
    »Ja, dass Sie beide Engel sind, Schwestern im Geist.«
    In gewissem Sinn hatte er recht. Sie und Mary waren schon wie Schwestern gewesen, bevor sie wusste, dass sie tatsächlich verwandt waren.
    »Sie war ein wunderbares Mädchen. Wirklich. Ich bereue, dass ich es ihr nicht öfter gesagt habe.«
    In seinen dunklen Augen standen Tränen und auch Lilly spürte, wie ihr die Augen nass wurden. Impulsiv griff sie hinüber und drückte seine Hand. »So geht es mir auch.«
    Er blickte auf ihre verschränkten Hände hinunter und dann hinaus auf den Kanal. »Ich sollte Ihnen vielleicht sagen, dass ich Bedsley Priors verlassen werde.«
    Lilly schüttelte langsam den Kopf. Müssen denn alle fortgehen? »Ich kann nicht sagen, dass ich überrascht bin, aber es tut mir sehr leid, das zu hören.«
    »Wirklich? Dann sollten Sie vielleicht mit mir kommen. Und mehr von der Welt sehen, wie Sie es immer so gern wollten. Ich spüre, dass das Meer mich ruft; ich muss es wiedersehen. Warum kommen Sie nicht mit? Hier hält Sie doch kaum mehr etwas, oder?«
    Ein ungläubiges Lachen entrang sich ihr. »Aber Mr Shuttleworth! Ich weiß zwar, dass Sie nie viel auf die Regeln des Anstands gegeben haben, aber selbst Sie müssen die Unangemessenheit eines solchen Vorschlags einsehen!«
    Er lächelte bedauernd und sie erwiderte sein Lächeln.
    »Ich bin gern mit Ihnen zusammen, Mr Shuttleworth, und werde Sie mehr vermissen, als Sie sich vielleicht vorstellen können. Aber …« Sie seufzte. »Hier ist mein Zuhause. Und jetzt bin ich endlich

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