Das Geheimnis der Burggräfin - Roman
nicht erfuhr, das war sein Name. Aus irgendeinem Grund wollte dieser Mann offenbar bis zuletzt im Hintergrund bleiben. Odo von Troyes kannte seinen Namen wohl. Doch so sehr war ich ihm in der kurzen Zeit meines Aufenthalts in Burgund noch nicht ans Herz gewachsen, dass er ihn mir anvertraut hätte.«
Als er nicht weitersprach, half Bandolf ihm auf die Sprünge: »Ihr sagtet, dass Ihr rasch nach Worms musstet?«
»Der Plan sollte noch in diesem Jahr ausgeführt werden. Die Zeit drängte. Es hieß, dass sich Le Grand Seigneur in Worms aufhielte. Erst als ich hier ankam, fand ich heraus, dass er sein Quartier gänzlich nach Speyer verlegt hatte und in Worms nur sein Handlanger Ragnold von Langenthal die Stellung hielt.«
»Ein schwerer Schlag für Euch?«, fragte Bandolf wie beiläufig.
Lothar warf ihm einen raschen Blick zu, dann lächelte er. »Aber gewiss. Ich wusste ja den Namen des Thronanwärters noch immer nicht.«
»Und weiter?«
»Nun, der Rest ist Euch bekannt«, meinte der Falke mit
einem Schulterzucken. »Ich konnte herausfinden, wo in Worms und Speyer Männer postiert und Waffen gelagert sind. Da aber weder Ihr noch der Bischof in der Stadt gewesen seid und mir der Kämmerer ungeeignet schien, mit derlei belastet zu werden, musste ich meine Erkenntnisse einen längeren Weg gehen lassen und meinen Boten zum Herzog von Schwaben schicken. Ich nehme an, er traf zur selben Zeit bei ihm in Goslar ein wie des Königs Lanze. Zwar hatte ich nicht verhindern können, dass man Eure Gattin in der Kapelle festhielt, doch es ist mir wenigstens gelungen, Ragnold davon zu überzeugen, dass ihr Tod nicht von Vorteil für ihn wäre. Leider misstraute er mir. Wenn auch aus den falschen Gründen.«
Als Bandolf fragend die Brauen hob, lachte er leise auf. »Erglaubte, ich sei hinter dem Silber her, das Raoul von den Edlen, die ihn unterstützten, erhalten hatte.« Unvermittelt wurde er ernst. »Dass Raoul de Saint Rémy der Mann ist, der auf dem Thron von Burgund sitzen möchte, und dieses Vorhaben von langer Hand geplant hat, das habe ich aber bedauerlicherweise erst heute herausgefunden.« Mit einem harten Glanz in den Augen starrte er in seinen Becher. »Als Raouls Botschaft heute Morgen bei Ragnold eintraf, wusste ich, dass er sich alles und eines jeden entledigen würde, um seine Spuren zu verwischen, was die beiden Frauen mit einschloss. Also ritt ich auf dem schnellsten Weg dorthin.« Sein Blick kehrte zu Bandolf zurück, doch dieses Mal wirkte sein Lächeln ein wenig gezwungen. »Nun – was dann geschah, wisst Ihr. Raoul de Saint Rémy ist auf der Flucht, Ragnold ist tot, Thierry de Savosaint und die Söldner desgleichen. Und Ihr wisst nun, wo Ihr in Worms Lager mit Proviant und Waffen und die Quartiere der Anhänger von Le Grand Seigneur aufspüren könnt. Ich nehme nicht an, dass viele geflohen sind. Dazu war die Zeit zu knapp.«
Vorausgesetzt, der Kämmerer würde den Anweisungen, die er mit seinen Männern nach Worms geschickt hatte, nicht in die Quere kommen, dachte Bandolf.
Nachdenklich kniff er die Augen zusammen und bedachte Lothar von Kalborn mit einem forschenden Blick. Für einen Mann wie den Falken war er erstaunlich freigebig mit seinen Auskünften gewesen. Und doch hatte er ihm eines vorenthalten. Der Grund, der ihn bewogen hatte, sein Weib vor Schaden zu bewahren. Es musste ein Grund dahinterstecken. Irgendein Hintergedanke, ein ausgeklügelter Plan womöglich. Was sonst konnte den Falken der Fürsten veranlasst haben, ausgerechnet zur Rettung Matthäas herbeizueilen, der Gemahlin jenes Mannes, dem er seine Ächtung verdankte?
Was, zum Teufel, steckte dahinter?
»Mein Weib musste also so lange in Gefangenschaft ausharren, bis ihr wusstet, wer sich hinter Le Grand Seigneur verbarg?«
Zorn flammte in den Augen des Falken auf, den er rasch unter gesenkten Lidern verbarg. »Ich weiß nicht, was in Ragnolds Kopf vor sich ging oder was er glaubte, aus welchem Grund Odo von Troyes mich nach Worms geschickt hatte«, sagte er scharf. »Aber vom ersten Augenblick an, da er mich sah, misstraute er mir und behielt mich im Auge. Hätte ich auch nur einen einzigen falschen Schritt getan, wäre es aus gewesen mit Garsende. Und auch mit Eurem Weib.«
Für einen Augenblick starrte Bandolf ihn betroffen an.
Süßer Jesus! Keine Hintergedanken, kein ausgeklügelter Plan. Es war ihm nicht einmal um Bandolfs Weib zu tun gewesen. Es war die Heilerin. Es ging ihm um Garsende.
Um Garsendes willen hatte der Falke
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