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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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erzählten. Einige sahen Prosperius kurz vor der Terz Bruder Edmund in die Kirche folgen. Als einige Zeit später der Sakristan und seine Gehilfen ebenfalls in die Kirche gingen und die Treppe zur Silberkammer hinabstiegen, um das Altargerät für die Messe zu holen, hörten sie einen Schrei. Er kam aus der Krypta, die neben der Silberkammer liegt. Und dort fanden sie Prosperius, der neben dem toten Bruder Edmund kniete.«
    Mit jedem Wort war der junge Mönch langsamer geworden. Jetzt blieb er stehen.

    Auch Bandolf machte Halt. »Und dann?«, drängte er.
    Wynstan seufzte erneut. »Sie nahmen Prosperius sogleich in Gewahrsam und brachten ihn zum Abt. Aber dann kam ihm ein Unwetter zu Hilfe. Ein Gewitter brach los. Der Blitz schlug in unseren Glockenturm ein, und das Holz fing sofort Feuer. Ich weiß noch, wie wir im Speicher plötzlich Schreie hörten, und als ich mit den anderen nach draußen lief, brannte der Glockenturm schon lichterloh, und das Feuer drohte auf die Kirche überzuspringen. Wir rannten alle nach Wasser. Der Glockenturm brannte nieder, aber es gelang uns, die Kirche zu retten. Doch nachdem wir das Feuer endlich gelöscht hatten, war Prosperius verschwunden. Er hatte das schreckliche Durcheinander genutzt, um aus dem Kloster zu fliehen.«
    Bandolf runzelte die Stirn. »Und niemand war je auf den Gedanken gekommen, dass womöglich auch jemand anderer den Novizenmeister getötet haben könnte?«
    »Was hätten wir denn anderes denken können?«, rief Wynstan. »Er floh. Und schien damit seine Schuld zu bestätigen. Zudem war er der Einzige, der Grund gehabt hätte, sich Bruder Edmunds Tod zu wünschen. Er wurde gesehen, wie er ihm in die Kirche folgte, und in der Krypta befand sich niemand außer ihm und Bruder Edmund. Wäre da noch jemand anderer gewesen und hätte versucht zu flüchten, wäre er unweigerlich dem Bruder Sakristan und seinen Gehilfen auf der Treppe in die Arme gelaufen. Aber sie fanden nur Prosperius neben der Leiche des Novizenmeisters. In Bruder Edmunds Leib steckte noch der Dolch, und Prosperius’ Kutte und seine Hände waren voller Blut.«
    Bandolf Stirnrunzeln vertiefte sich. »Ein Dolch? Kein Mönchsmesser?«
    Offensichtlich verwirrt, schüttelte Wynstan den Kopf. »Es war immer von einem Dolch die Rede.«

    »Was war das für ein Dolch?«, fragte Bandolf scharf.
    »Das weiß ich nicht. Ich habe ihn nie zu Gesicht bekommen. Vermutlich hat der Ehrwürdige Vater die Waffe in Gewahrsam genommen.«
    »Und wie, zum Teufel, hätte Prosperius an einen Dolch kommen sollen?«
    Wynstan ließ den Kopf hängen. »Man nahm an, er hätte den Dolch irgendwo gefunden«, antwortete er leise. »Es hieß, Prosperius hätte die Waffe bereits in der Absicht eingesteckt, Bruder Edmund zu töten, falls er nicht mit sich reden ließe. In den Augen meiner Mitbrüder machte just dieser Umstand Prosperius’ Tat so besonders schändlich.«
    »Mumpitz!«, schnaubte der Burggraf aufgebracht.
    Wie es schien, hatten sich die Mönche alles fein säuberlich zurechtgelegt. Das enthob den Abt der Verantwortung, nach einem unbekannten Mordbuben suchen zu müssen, was womöglich unliebsame Aufmerksamkeit auf Sankt Mauritius und nicht zuletzt auf Vater Hademar selbst gelenkt hätte.
    »Wie äußerte sich Prosperius zu all diesen Anschuldigungen? «, fragte Bandolf nach einer Weile.
    Offenkundig betrübt, schüttelte Bruder Wynstan den Kopf. »Das weiß ich nicht. Der Ehrwürdige Vater und Prior Ordlaf bewahrten darüber Stillschweigen.«
    Langsam setzte der Burggraf sich wieder in Bewegung. Noch immer stieg der Waldpfad an, flankiert vom dichten Gewirr der Sträucher und Bäume. Der Himmel hatte sich weiter bedeckt, und nur noch selten drang ein Sonnenstrahl durch die Wolken. Die Luft schien zu verharren, kein Zweig, kein Blatt regte sich, als hätte der Wald aufgehört zu atmen.
    Während er sich über die schweißfeuchte Stirn fuhr, fragte Bandolf sich flüchtig, ob wohl endlich der Regen
kommen würde, den die Bauern bereits sehnlichst erwarteten. Dann wandten sich seine Gedanken wieder den Schwierigkeiten zu, in denen sich sein junger Schreiber befand.
    Zwar konnte man Vater Hademar vorwerfen, dass er sich keine Mühe gegeben hatte, nach einem anderen Täter zu suchen, doch andererseits war es auch nicht von der Hand zu weisen, dass vieles auf Prosperius als Täter hinzudeuten schien. Die Abgeschiedenheit, in der die Mönche lebten, legte natürlich den Verdacht nahe, dass es einer der Klosterbrüder gewesen

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