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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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war, und der Umstand, dass Prosperius blutbesudelt neben der Leiche des Novizenmeisters gefunden worden war, sprach gegen ihn. Ebenso der Zwist, den er mit Bruder Edmund gehabt hatte.
    Gedankenverloren schüttelte Bandolf den Kopf. Er kannte seinen jungen Schreiber. Schon allein der Umstand, dass reichlich Blut geflossen war, schloss Prosperius als Täter aus. Hätte der Tunichtgut Mordgelüste im Herzen getragen, hätte er zweifelsohne eine unblutigere Art gewählt, den Novizenmeister zur Hölle zu schicken.
    Wer aber kam sonst noch als Täter in Frage?
    »Was war Bruder Edmund für ein Mensch?«, fragte Bandolf.
    Wynstan, der die Beschaffenheit des Waldbodens zu studieren schien, ließ sich mit der Antwort Zeit. »Er war streng«, sagte er schließlich. »Und damals schien er uns bar jeglichen Humors. Aber im Nachhinein betrachtet, glaube ich, dass er ein gerechter Mann war.« Er hob den Kopf und lächelte. »Tatsächlich haben wir ihm dazumal reichlich zugesetzt. Wir hätten damit rechnen müssen, dass er irgendwann die Geduld mit uns verlieren würde.«
    »Gab es außer Prosperius noch jemanden, der einen Zwist mit ihm hatte? Einen Mitbruder vielleicht, der einen
Groll gegen ihn hegte?«, fragte Bandolf. Überrascht sah er, dass der junge Mönch so rasch wie heftig den Kopf schüttelte.
    »Da ist doch etwas?«, forschte er argwöhnisch.
    »Ihr irrt Euch«, murmelte Wynstan, doch seine rübenroten Wangen verrieten ihn.
    »Das glaube ich dir nicht.«
    Mit einem Seufzen schüttelte Bruder Wynstan den Kopf. »Es war nur … Kurz vor Bruder Edmunds Tod hörte ich einen … nun, einen Wortwechsel zwischen ihm und Prior Ordlaf.«
    »Worum ging es bei dem Streit?«
    »Es war kein Streit«, widersprach Wynstan hastig. »Wie ich sagte, ein Wortwechsel.«
    »Also schön. Um was ging es bei dem Wortwechsel?«
    Wieder schüttelte der junge Mönch den Kopf. Bandolf wartete.
    »Ich konnte nicht alles verstehen«, gestand Wynstan schließlich. »Es schien um Prior Ordlafs Verhalten zu gehen. Bruder Edmund sagte, wenn der Prior sich weiter so verhielte, würde er dem Ehrwürdigen Vater davon berichten. Prior Ordlaf meinte, er wüsste nicht, wovon der Novizenmeister spräche, und fragte, was Bruder Edmund ihm denn eigentlich vorzuwerfen hätte. Worauf Bruder Edmund nur den Kopf schüttelte.«
    »Und dann?«
    »Dann sagte der Prior, Bruder Edmund solle sich besser hüten, auf die Einflüsterungen einer teuflischen Zunge zu hören. Und ging davon.«
    Verblüfft runzelte der Burggraf die Stirn. »Und was hat dich daran so beunruhigt?«, wollte er wissen.
    »Es war … nun, die Art … wie sie miteinander sprachen. So leise … so … Ich kann es nicht erklären«, kam es stockend.
Als wolle er die offenbar unangenehme Erinnerung vertreiben, schüttelte Bruder Wynstan erneut den Kopf. »Wie ich schon sagte, es hatte nichts zu bedeuten.«
    Einen Augenblick dachte Bandolf nach, dann fragte er: »Ist Dir denn an Prior Ordlafs Verhalten etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
    »Nein.«
    Bandolfs Stirnrunzeln vertiefte sich. Irrte er sich, oder war die Antwort zu rasch gekommen? Er warf dem jungen Mönch einen fragenden Blick zu, doch Wynstan hatte den Kopf gesenkt. »Es hatte nichts zu bedeuten«, wiederholte er leise.
    Es könnte alles Mögliche bedeuten, dachte Bandolf verdrossen und überlegte, wieso dem jungen Mönch im Zusammenhang mit Bruder Edmunds Ermordung just diese Begebenheit in den Sinn gekommen war. Gerade wollte er fragen, ob Wynstan noch etwas anderes aufgefallen sei, als der junge Mönch rief: »Hier ist der Pfad nach unten in die Senke.«
    Mit ausgestrecktem Arm deutete er rechter Hand auf einen Durchbruch im Unterholz, hinter dem eine Erhebung zu erkennen war. Als auch Bandolf den kleinen Hügel erklommen hatte, starrte er ungläubig den steilen Abhang hinunter, an dessen Fuß ein schwaches Glitzern den Verlauf des Baches verriet. Eine kaum wahrnehmbare Spur führte durch die mit dichtem Brombeergesträuch, hohen Brennnesseln und zähen jungen Trieben überwucherte Böschung abwärts.
    »Das soll ein Pfad sein?«, stieß Bandolf hervor. »Verdammmich! «
    Im Stillen schalt er sich einen gedankenlosen Narren, weil er dem unverschämten Glitzern in den Augen seines Kaplans keine Beachtung geschenkt hatte, als Bruder Fridegist
ihm diesen Weg zur Senke hinunter vorgeschlagen hatte. Einen Augenblick lang überlegte er, ob es nicht doch bekömmlicher wäre, den längeren Weg über Bodfeld zu nehmen. Doch ehe er noch einen

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