Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
einmal die Hunde konnten ihn finden.«
    Vorsichtig nahm Marthe die Tücher ab und befühlte mit geschlossenen Augen den Verlauf seiner eisenharten Muskelstränge.
    »Verzeiht, Herr, ich muss Euch das Schultergelenk richten. Soll ich Euch einen Betäubungstrank geben?«, fragte sie.
    »Nein, lass nur.« Mit dem Kinn wies Christian in Richtung der hohen Gäste. »Ich kann es mir jetzt nicht erlauben, zu schlafen oder benommen zu sein.«
    »Der Markgraf hat doch genug Gesellschaft«, wandte sie vorsichtig ein.
    »Gerade der traue ich nicht.« Nach einer winzigen Pause fragte er: »Hattest du vorhin Ärger mit Ekkehart?«
    Sie senkte die Lider. »Nein, Herr.«
    »Nur zu, bringen wir es hinter uns«, ermunterte Christian sie, als er merkte, dass sie zögerte.
    Sie atmete tief durch und behob dann mit geschicktem Schwung den Schaden. Er verspürte sofort Erleichterung und versuchte vorsichtig, die Schulter zu kreisen.
    »Wartet – und haltet lieber still.« Sie rieb sanft eine Salbe in seine Haut. Dann legte sie eine Hand auf sein Schulterblatt, die andere in gleicher Höhe auf das Brustbein.
    Während sie beide bewegungslos verharrten, spürte er einen wärmenden, pulsierenden Strom zwischen ihren Händen durch seinen Körper fließen, der sein Blut prickeln und den Schmerz weichen ließ.
    »Wie hast du das gemacht?«, fragte er fasziniert, als sie schließlich die Hände wegnahm.
    Sie blickte zu Boden und trat von einem Bein aufs andere. »Josefa hat es mir beigebracht. Ich konnte es wohl schon vorher, aber ich hatte es nicht verstanden.«
    Besorgt drehte sich Christian herum und griff nach ihren Händen. »Hat sie dir auch gesagt, dass du das nicht bei jedem machen darfst? Es ist gefährlich, wenn die falschen Leute davon erfahren.«
    »Ich weiß. Ihr werdet mich nicht verraten.«
    Christian atmete erleichtert auf und versuchte, den Arm zu strecken und zu drehen. »Gut gemacht. Ich kann ihn wieder bewegen.«
    »Ihr solltet den rechten Arm vorerst lieber ruhig halten«, warnte Marthe. »Soll ich ihn festbinden? Das wäre am besten.«
    »Nein! Ich verspreche, ihn so weit wie möglich zu schonen … und im Ernstfall das Schwert mit der Linken zu führen.«
    Er lachte kurz auf. »Kann sein, dass ich die Rechte für den Dolch brauche.«
    »Ihr rechnet mit Ärger?«
    Weil Christian schwieg, richtete Marthe erneut ihre Sinne auf die Menschengruppe am Bachufer.
    »Ja«, meinte sie dann. »Ich fühle es auch. Unheil wird gesät.«

VIERTER TEIL

Der Verrat

April 1169
     
    Stöhnend krallte Hedwig die Hände in die Lehnen des Gebärstuhls. Die ganze Nacht schon dauerten die Wehen, doch sie hatte noch keinen einzigen Schrei von sich gegeben. Noch nie hatte Marthe eine Frau so entschlossen gegen die Qualen der Geburt ankämpfen sehen.
    Weil diese Schwangerschaft schwerer verlaufen war als die beiden vorangegangenen, hatte die Markgräfin nicht nur die erfahrene alte Hebamme kommen lassen, die immer zu Entbindungen auf dem Burgberg gerufen wurde, sondern einige Wochen vor der Niederkunft auch nach Marthe geschickt.
    Obwohl Christian nicht da war – in Ottos Auftrag sollte er im Harz weitere Bergleute anwerben –, hatte Marthe diesmal auf dem Burgberg mehr Angst um Hedwig als um sich selbst.
    Mit Susannes Hilfe hatte sie gelernt, sich trotz der Tücken und Gefahren des höfischen Lebens auf der Burg zurechtzufinden. Und Randolf schien sie diesmal gar nicht zu bemerken, sondern war mit anderen Dingen beschäftigt.
    Aber die sonst so starke Markgräfin hatte nicht nur durch die Schwangerschaft einen beträchtlichen Teil ihrer Tatkraft eingebüßt. Es waren die schlechten Neuigkeiten der letzten Monate, die sie zermürbten. Auf einem Reichstag Anfang Februar in Wallhausen hatte der Kaiser einige dersächsischen Fürsten als Geiseln festsetzen lassen, um die immer noch brüchige Waffenruhe zwischen Heinrich dem Löwen und seinen Gegnern zu erzwingen. Wenngleich Otto nicht unter diesen Geiseln gewesen war, erwies sich seine Reise zum Reichstag in anderer Hinsicht als verhängnisvoll. Dort war ihm eine schwarzhaarige, hoch gewachsene Schönheit namens Oda aufgefallen, dem Vernehmen nach eine entfernte Verwandte von Randolf, die sehr schnell seine neueste Liebschaft wurde.
    Oda war von anderem Format als ihre Vorgängerinnen, die Otto immer wieder recht bald gelangweilt hatten. Er behielt sie nicht nur ständig in seiner Nähe, sondern hörte auch auf ihre Einflüsterungen, während sein Verhältnis zu Hedwig unübersehbar abkühlte. Am

Weitere Kostenlose Bücher