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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Mal drückte Marthe nur noch sanft auf den hochgewölbten Leib.
    Dann verkündete die Alte: »Der Kopf ist da! Gleich ist es geschafft, Herrin.«
    Hedwig nahm mit verzerrtem und schweißüberströmtem Gesicht ihre letzte Kraft zusammen, dann glitt das Kind aus ihrem Körper.
    Kraftlos sank sie zurück und nahm nur noch wie durch einen Nebel die Geschäftigkeit und die besorgten Rufe um sie herum wahr.
    Als sie wieder zu sich kam, fühlte sie zwei Hände über ihrem Herzen, durch die eine belebende Kraft und Wärme strömten.
    Ganz nah hörte sie Marthes Stimme: »Ihr habt eine Tochter, gesund und munter.«
    Während die Kammerfrauen umherhuschten und Mägde blutige Tücher wegräumten, brachte ihr die alte Hebamme das gebadete, in sauberes Linnen gewickelte Neugeborene.
    Immer noch schwach, hob Hedwig die Hand, um über den dunklen Haarflaum ihrer Tochter zu streichen. Sie lächelte, dann befahl sie: »Sagt dem Markgrafen und dem Kaplan Bescheid. Wascht, kämmt und kleidet mich, damit ich meinen Gemahl angemessen empfangen kann.«
    Die Frauen machten sich an die Arbeit.
    Doch bald kam eine der Mägde zurück und näherte sich zögernd. »Verzeiht, Herrin. Euer Gemahl ist nicht zu finden.«
    »Ist er ausgeritten?«
    »Nein, er muss noch auf dem Burgberg sein. Aber niemand kann mir sagen, wo er sich aufhält.«
    Hedwig schloss für einen Moment die Augen. »Geh zumHaushofmeister, der soll sich darum kümmern«, sagte sie schroff. Sie ließ sich einige Kissen unter den Rücken schieben, um sich aufzusetzen, und wartete.
    Marthe wusste wie jede der anderen Frauen im Raum: Wenn Otto nicht auffindbar war, lag er mit Sicherheit bei Oda. Sogar jetzt, während seine Frau um Leben und Tod gekämpft hatte. Als Erster betrat der Kaplan das Zimmer, der – als der Markgraf weiterhin ausblieb – nicht länger wartete und das Neugeborene taufte. Die Gefahr war zu groß, dass Säuglinge die Geburt nur kurze Zeit überlebten, um zu riskieren, dass ihre Seelen der Verdammnis anheim fielen.
    Endlich kam Otto. Er riss die Tür auf und durchquerte mit eiligen Schritten den Raum.
    »Wo ist mein Sohn? Zeigt ihn mir!«
    Die Amme, die den Säugling bereits angelegt hatte, zuckte ängstlich zusammen. Doch die alte Hebamme hatte Erfahrung mit heiklen Situationen wie dieser. Rasch griff sie nach dem kleinen Bündel und hielt es dem Markgrafen entgegen.
    »Eure Tochter, Herr, gesund und wunderschön«, sagte sie.
    Verwirrt blickte Otto auf das Neugeborene, das mit seinen Fäustchen durch die Luft ruderte und zu schreien begann.
    Noch bevor er etwas sagen konnte, fuhr die Alte mit Nachdruck fort: »Ihr solltet dem Allmächtigen dafür danken – und für das Leben Eurer Gemahlin, denn diesmal hätte sie die Geburt beinahe nicht überlebt.«
    Marthe musste die Alte insgeheim bewundern. Mochte sie als Hebamme auch unzulänglich sein, so zeigte sie nun großen Mut, um die Wöchnerin zu schützen. Indem sie den Unwillen des Markgrafen auf sich lenkte, brachte sie ihn dazu, das kleine Mädchen anzunehmen, statt seiner Gemahlin Vorwürfe zu machen, keinen Sohn geboren zu haben.
    Schuldbewusst näherte sich Otto dem Wöchnerinnenlagerund griff nach Hedwigs Hand. »Ich danke Euch, meine Gemahlin. Wie fühlt Ihr Euch?«
    Hedwig, deren Geruchssinn durch die Schwangerschaft geschärft worden war, hätte ihm am liebsten ihre Hand entzogen. Zu deutlich nahm sie an Otto den Geruch von Schweiß, Samen und einer anderen Frau wahr. Vor Zorn und Erschöpfung wäre sie am liebsten in Tränen ausgebrochen. Doch in dem Kampf, der ihr nun bevorstand, musste sie andere Waffen gebrauchen.
    »Sieh sie an, sie ist schön und kräftig. Sie wird überleben. In zwei Jahren kannst du sie mit dem Sohn des Herzogs von Böhmen verloben, dann hast du Ruhe an dieser Grenze.«
    »Was für ein interessanter Gedanke«, entfuhr es dem Markgrafen, der nun statt der Tochter seine Frau anerkennend musterte. Zum ersten Mal seit langem hatte sie wieder Ottos ungeteilte Aufmerksamkeit.
    »Ich möchte, dass wir sie Sophia nennen, nach meiner Mutter«, erklärte Hedwig.
    »Wie Ihr wünscht«, meinte Otto großzügig.
    Hedwig zog ihre Hand zurück und schloss kurz die Augen.
    »Ich bin müde. Feiert mit Euren Gefolgsleuten die glückliche Geburt. Später würde ich Euch gern wiedersehen und aus Eurem Mund hören, was es für Neuigkeiten vom Hoftag gibt.«
    Erleichtert stand Otto auf. »Selbstverständlich. Ruht eine Weile.«
    Er schickte alle hinaus, die nicht über den Schlaf seiner Frau

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