Das Geheimnis der Hebamme
allesamt meine treuen Vasallen. Ich lasse sie schwören, dass sie schweigen. Dem Bischof werde ich ohnehin nicht verheimlichen können, warum ich das Dorf haben will. Was meint Ihr, Bergmeister, sollte ich mir die Nachbardörfer auch gleich rückübertragen lassen?«
»Das liegt bei Euch, Herr. In einigen Wochen können wir mehr sagen, sofern Ihr uns erlaubt, auch dort zu schürfen.«
Otto wischte sich die Finger ab und überlegte kurz. »Hört meinen Beschluss: Wo von heute an in diesem gesamten Gebiet ein Mann Erz suchen will, mag er das mit Recht tun. Vorausgesetzt, er zahlt ein Drittel der Ausbeute an mich.«
Der Bergmeister atmete tief durch. »Gut, Herr. Es ist Brauch, dass jeder, der eine Fundstelle aufgespürt hat, seinen Anspruch darauf zunächst beim Bergmeister anmeldet. Wollt Ihr dies beibehalten? Und wünscht Ihr, dass ich das Amt hier für Euchausübe, das mir auch in der alten Heimat übertragen worden war?«
»Tut dies, aber im Einvernehmen mit Christian. Er ist der Herr des Dorfes.«
Während Hermann sich tief verneigte, stopfte sich Otto den letzten Leckerbissen von der Platte in den Mund und erhob sich.
»Ich will, dass es keine Pause beim Abbau gibt. Bleibt jemand seiner Grube länger als drei Tage fern, fällt sie an einen anderen Eigner!«
Bevor er ging, legte er dem Ritter die Hand auf die Schulter.
»Ihr habt uns einen großen Dienst erwiesen. Seid Euch unseres Dankes gewiss.«
Christian verneigte sich.
Hedwig erhob sich, taumelte und griff nach Ottos Arm.
»Was ist los, meine Liebe? Ist dir nicht wohl?«
»Ich bin wohl zu schnell aufgestanden«, erwiderte sie matt.
»Die Aussichten können einen schon schwindlig machen.«
»Soll ich nach Marthe schicken?«, fragte Christian besorgt.
Hedwig lächelte. »Das wird nicht nötig sein. Aber lasst sie trotzdem kommen. Ich würde sie gern wiedersehen.«
»Ich gratuliere Euch, Herrin«, meinte Marthe, nachdem sie Hedwig mit kurzem, wachem Blick gemustert hatte.
»Ja, wir verdanken Christians schnellem und klugem Handeln große Möglichkeiten – ihr für euer Dorf und wir für die Mark Meißen.«
»Verzeiht, Herrin. Ich meinte Euer Befinden. Wenn Ihr möchtet, stelle ich Euch ein paar Kräuter zusammen gegen die morgendliche Übelkeit.«
Hedwig sah erstaunt auf Marthe. »Du überraschst mich immer wieder. Bisher war ich mir selbst noch nicht sicher.Schließlich bin ich seit Dietrichs Geburt nicht mehr schwanger geworden. Aber wenn du schon so viel weißt, sag mir auch: Wird es ein Erbe oder eine Tochter?«
»Ich denke, ein Mädchen. Und ganz bestimmt so schön wie seine Mutter.«
Hedwig lächelte in sich hinein. Männer wollten immerzu Söhne. Doch sie hatte Otto schon zwei geschenkt. Unter Söhnen müsste er den Besitz aufteilen und weiter verkleinern. Und die beiden, die er schon hatte, waren bereits im Kindesalter verfeindet und würden wahrscheinlich noch viel heftiger übereinander herfallen, wenn sie erst erwachsen waren. Töchter konnte man verheiraten und damit neue Verbündete gewinnen, ohne das Land weiter aufzusplittern.
Während die Jagdgesellschaft, Christian, der Bergmeister und Vater Bartholomäus das Mahl einnahmen, feierte Marthe endlich Wiedersehen mit Susanne, die sie schon längst unter den Besuchern entdeckt hatte, die sich aber erst jetzt davonstehlen konnte. Glücklich über das Wiedersehen, umarmte sie die Freundin, deren Bauch nun schon deutlich gerundet war.
»Wie ergeht es dir mit deinem Schmiedegehilfen? Ist er gut zu dir?«, wollte Marthe als Erstes wissen.
»Oh, er frisst mir aus der Hand«, meinte Susanne lachend.
»Also hast du gar keinen Liebestrank gebraucht.«
Susanne verzog das Gesicht. »Du hast mir ja keinen besorgt. Da musste ich mir anders helfen.«
»Und wie?«
Susanne zog sie ein Stück beiseite. »Versprich mir, dass du schweigst!«
Marthe nickte.
»Ich war bei einer der Huren unterhalb der Burg, früher warsie Milchmagd.« Susanne machte eine geheimnisvolle Pause, bevor sie leise weitersprach.
»Es gibt Dinge, die keine sittsame Ehefrau wissen sollte, geschweige denn tun würde. Aber genau damit bringst du einen Mann um den Verstand. Er wird alles tun dafür.« Sie kicherte.
Marthe hob jäh die Hand. »Sei still!«
»Tu doch nicht so scheinheilig«, entrüstete sich Susanne.
»Nein, das meine ich nicht«, sagte Marthe hastig. »Leise! Irgendetwas stimmt hier nicht.«
Während sich ihre Freundin erschrocken umsah, beugte sich Marthe vor und spürte in alle
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