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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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halbes gebratenes Schwein bei, das er dem Cellerar für eine großzügige Spende abgekauft hatte. Hungrig und ausgelassen machten sich die Siedler über das Festmahl her. Burchart wurde zum ersten Mal für sein Flötenspiel nicht verspottet, sondern ausdrücklich aufgefordert, etwas zum Besten zu geben. Glücklich stimmte der schüchterne junge Bursche ein paar bekannte Melodien an, so dass sein Spiel bald von vielstimmigem, wenn auch wenig wohlklingendem Gesang übertönt wurde.
    Dies ist eindeutig ein glückliches Paar, dachte Marthe angesichts der strahlenden Brautleute. Ob meine eigene Hochzeit auch einmal so fröhlich wird?
    Verstohlen ließ sie ihre Blicke über die jungen Burschen wandern, die an diesem Tag nicht mit anzüglichen Bemerkungen ihr gegenüber sparten. Sie konnte sich keinen von ihnen als Bräutigam vorstellen. Vor allem Martin ließ sie nicht aus den Augen. Sie nahm sich sofort vor, an diesem Abend nicht einen einzigen Schritt allein zu gehen, damit er ihr nicht wieder auflauern konnte.

Der Dunkle Wald
     
    Mit neuem Mut brachen die Siedler am nächsten Morgen auf – diesmal nach einem Gebet, das Pater Bartholomäus für sie gesprochen hatte und mit der erleichternden Gewissheit, dass er dies von jetzt an täglich tun würde.
    Die Wegstrecke wurde beschwerlicher; die Landschaft warbergig und mit gewaltigen Felsbrocken übersät. Zweimal mussten sie Flüsse mit heftig strudelndem, eisigem Wasser durchqueren.
    »Vor uns liegt jetzt das letzte Stück des Weges«, erklärte Christian bei einer Rast. »Von hier bis zum Gebirge im Süden herrscht nur dichter Wald, den kaum jemand betreten hat. Man nennt ihn Miriquidi, den Dunklen Wald. Dort liegt unser Ziel.«
    Einige der Siedler bekreuzigten sich hastig.
    Der Wald begann drei oder vier Meilen südlich der Straße. Sie verließen den Weg und stießen bald auf einen schmalen, steil ansteigenden und dann wieder abschüssigen Pfad. Je tiefer sie in den Dunklen Wald drangen, umso dichter und höher wuchsen die Bäume. Viele waren mit Flechten behangen, und bald traf kein Sonnenstrahl mehr auf den Boden.
    Beklommen schauten die Siedler sich um. Marthe spürte, wie ein Schaudern die Menschen ergriff. Dieser Wald war anders als die Wälder, die sie bisher durchquert hatten – uralt, unheimlich und düster. Womöglich hausten hier Drachen, böse Geister, finstere Zauberer und in den Weihern Nixen?
    Die Mütter nahmen ihre kleinen Kinder fest bei der Hand und ermahnten die größeren, keinen Schritt vom Weg abzuweichen und um Himmels willen nicht in ein stilles Gewässer zu blicken, sonst würde eine Wasserfrau sie in die Tiefe ziehen. Auch Marthe passte auf, dass Johanna und Marie dicht an ihrer Seite blieben.
     
    Christian führte sie durch Hohlen, schmale, grabenartige Wege, die seit Generationen von Wilderern, Honigsammlern und Schmugglern genutzt wurden, die nach Böhmen unterwegs waren oder von dort kamen. Die meisten dieser Wege folgten dem Lauf sprudelnder Bäche. Nicht selten hatten dieOchsengespanne Schwierigkeiten, durchzukommen. Manchmal, wenn der Pfad nicht breit genug war für die Karren, nutzten sie auch die eiskalten Bachläufe als Weg.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, als Marie plötzlich gellend aufschrie. » Ein schwarzer Mann!«
    Christian wendete sein Pferd und preschte mit gezogenem Schwert heran. Doch schnell senkte er die Waffe. Zwischen den Bäumen stand ein rußverschmierter Mann unbestimmten Alters in ebenfalls rußverschmierter Kleidung.
    Verlegen trat er vor und räusperte sich. »Ich wollte niemanden erschrecken. Ich bin Gernot, der Köhler«, sagte er entschuldigend.
    Sie luden ihn zu einer kurzen Rast ein. Christian beabsichtigte, die Gelegenheit zu nutzen, den Köhler nach dem Wald auszufragen und ihm Holzkohle für Jonas’ Schmiede abzukaufen.
    Gernot erzählte, dass er schon lange in dieser Gegend lebte. Aber nun wolle er die Arbeit aufgeben. Vor kurzem sei seine Frau gestorben. Er könne die Meiler nicht mehr allein versorgen und die Menge Holzkohle liefern, die der Waldhüter von ihm verlangte.
    »Kann ich nicht mit Euch ziehen?«, fragte er schließlich mit gesenktem Blick.
    »Warum nicht«, antwortete Christian überrascht. »Holz haben wir genug, das überlässt uns der Fürst. Und es wird sich auch jemand finden, der dir bei der Arbeit zur Hand geht.«
    Gernot zögerte keinen Moment. »Abgemacht. Ich hole nur noch meine Habe.«
    Jonas und Guntram begleiteten ihn. Wenig später kamen sie mit Äxten, ein paar

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