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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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wischte sich über das Gesicht und schniefte ein letztes Mal.
    »Gott wird einen Grund dafür haben, dass er dich auf diesen Weg geschickt hat«, meinte die Alte. »Du bist stark, auch wenn man es dir nicht ansieht. Aber hör auf einen Rat: Wenn dich das Elend wieder einmal packt, dann lass es dir um Himmels willen nicht vor den anderen anmerken. Sonst fällt der Rest der Welt wie ein Rudel hungriger Wölfe über dich her.«
    Als die Siedler wieder einmal erschöpft das Nachtlager aufschlugen, hörten sie schon von weitem einen schwer beladenen Karren heranrumpeln, der von vier massigen Pferden gezogen wurde.
    Zwei Männer mit bemerkenswert großen Hakennasen, die sich so ähnlich sahen, dass sie Brüder sein mussten, stiegen vom Kutschbock und näherten sich mit unverhohlener Neugier. Der Ältere nahm seine Kappe ab, wodurch seine Halbglatze sichtbar wurde.
    »Gott zum Gruße euch allen! Ist es erlaubt, dass wir uns zu euch setzen und unseren Proviant gemeinsam mit euch verspeisen?«
    »Kommt nur heran«, antwortete Christian.
    »Wir sind Salzkärrner aus dem Halleschen und auf dem Weg nach Böhmen«, stellte der Ältere sie vor. »Ich heiße Friedrich wie unser Kaiser und das ist mein Bruder Hans.«
    Ächzend ließen sich die beiden am Feuer nieder. Marthe bemerkte, dass Friedrich den Rücken steif hielt und statt des Kopfes den halben Oberkörper drehte, wenn er zur Seite blicken wollte.
    Hans, der wie sein Bruder einen gekräuselten blonden Bart trug, aber noch volles Haupthaar hatte, holte Brot und Käse vom Wagen.
    »Ihr habt wirklich den ganzen Wagen voll Salz?« Marie verzog das Gesicht.
    »Täusch dich nicht, Kleine! Auch wenn Safran, Ingwer oder Pfeffer teurer sind – das Salz ist das wertvollste Gewürz«, meinte Hans. Er beugte sich zu dem Mädchen herunter und sagte mit einer Stimme, als ob er ein Geheimnis verraten würde: »Es ist die Würze des Lebens! Denn jede Speise schmeckt fade ohne Salz – ob nun Brot, Suppe oder Braten.«
    Mit genüsslichem Stöhnen streckte er die Beine aus.
    »Wie stehen die Dinge in euren Landen?«, wollte Christian wissen.
    »Halle gedeiht und blüht unter dem Salzhandel. Vor allem seit Erzbischof Wichmann, der Herr der Stadt, die einheimischen Kaufleute und Geistlichen von dem Salzzoll befreit hat, den jeder sonst zahlen muss, der in die Stadt reist und dort seine Waren stapelt.«
    »Warum stapeln sie ihre Sachen?«, fragte Marie, die die Fuhrleute mit unverhohlener Neugier ansah.
    Hans lachte. »Das heißt nur so, Kleine – das Stapelrecht, ein altes Vorrecht der Städte. Durchreisende Händler müssen ihre Waren drei Tage lang zum Verkauf feilbieten, ehe sie damit weiterfahren. Hast du schon einmal eine Stadt gesehen, in der viele tausend Menschen leben?«
    Marie zog die Nase kraus. »Was ist tausend?«
    Friedrich stieß seinem Bruder in die Rippen.
    »Du prahlst vor einem kleinen Mädchen, das nicht einmal versteht, was du meinst. Aber dem Ritter hast du noch nicht Auskunft gegeben.«
    Er wandte sich an Christian. »Verzeiht meinem schwatzhaften jüngeren Bruder, mein Herr. Ihr wolltet Neuigkeiten hören.«
    Er sah Christian bedeutungsvoll an. »Ihr werdet es wissen. Der Krieg weitet sich aus wie ein Brand im Hochsommer.«
    Christian nickte.
    »Städte und Dörfer sind von den gefürchteten Truppen des Löwen besetzt«, fuhr der Salzkärrner fort. »Gerade hat der Braunschweiger das Land um Magdeburg verwüsten lassen. Man munkelt, ein neuer, mächtiger Bund sei gegen ihn gebildet, die Truppen schon in Marsch. Und Heinrich hat gedroht, er werde lieber das Land verwüsten, als es dem Gegner zu überlassen.«
    Der Salzkärrner fuhr mit seiner schwieligen Hand über diekahle Stelle auf seinem Schädel. »Heinrich ist ein grausamer Mann. Er würde nicht zögern, das zu tun. Früher transportierten wir Erz aus den Gruben bei Goslar. Doch im Herbst haben wir beschlossen, lieber nach Halle zu gehen und bei der Salzpfännerschaft um Arbeit nachzusuchen. Ich hoffe, der Krieg holt uns nicht dort noch ein.«
    Er machte eine Pause und nahm einen kräftigen Schluck aus einer hölzernen Kanne. »Wenn Ihr erlaubt, würden wir uns gern Eurem Zug anschließen, solange wir die gleiche Richtung haben. Es ist ein gefährliches Geschäft, mit so wertvoller Ladung ohne Geleitschutz zu reisen.«
    »Wir ziehen noch einige Tage auf dieser Straße, dann müssen wir nach Süden abbiegen. So lange könnt Ihr gern mit uns reisen, wenn wir Euch nicht zu langsam sind«, bot Christian an.
    Die

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