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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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innerhalb der Klostermauern aufzugeben, um sich von nun an um das Seelenheil der Siedler zu kümmern.
    »Seid willkommen an diesem heiligen Ort«, begrüßte er sie mit sonorer Stimme, nachdem ihm der Bruder an der Pforte die Ankunft des Siedlerzuges gemeldet hatte.
    »Wie ich sehe, könnt ihr nicht nur geistlichen Beistand gebrauchen, sondern auch den von Löffel und Messer, Wasser und Seife und Nadel und Faden.« Ein gutmütiges Lächeln zog über sein rundes Gesicht.
    Verstohlen musterte Marthe ihr eigenes Kleid und die Kleidung der anderen. Kittel, Röcke und Bundhauben, die das Haar vor Schmutz und fremden Läusen schützen sollten, waren nicht nur schmutzig, sondern auch an vielen Stellen zerrissen und kaum noch zu flicken. Sie beschloss, sich eine Nadel von Bertha oder Emma zu borgen.
    Bartholomäus schickte Karl und Hildebrand in den Krankensaal, damit ein Mönch nach ihren Wunden sehen konnte, und wies den anderen Ankömmlingen den Weg in die Gästehäuser für Männer und Frauen.
    Er zeigte ihnen auch den Brunnen, an dem sie sich Wasser holen konnten, was einige der Männer zu misstrauischen Blicken veranlasste.
    »Waschen und Baden ist weibisch und verweichlicht den Körper«, murrte Hildebrand, nachdem der Pater Christian in den Klostergarten eingeladen hatte, wo sie ungestört sprechen konnten.
    »Ich bin froh, Euch wohlauf zu sehen, Vater«, begrüßte der Ritter den Priester, um ihm dann von der Reise zu berichten.
     
    Christian hatte Bartholomäus auf seiner ersten Reise nach Franken kennen gelernt, als er im Kloster übernachtete. Damals hatte er den Eindruck gewonnen, dass der Mönch trotz seiner Jahre zu umtriebig für das ruhige Klosterleben war, und er hatte durchaus das Gefühl, dass Bartholomäus’ Mitbrüder recht froh sein würden, ihn loszuwerden.
    »Ja, ich bin als Starrkopf verschrien«, hatte der Geistliche lächelnd gesagt und war unversehens ernst geworden. »In Armut und Keuschheit zu leben fällt mir nicht schwer, aber Demut und Gehorsam schon, wenn ich erleben muss, wie Menschen geschunden werden oder einfach verhungern.«
    Lange hatten Christian und Bartholomäus miteinander gesprochen und dabei nach und nach ihre Herzen geöffnet – mehr, als man es zwischen einem jungen Ritter und einem weißhaarigen Geistlichen erwarten dürfte.
    Bartholomäus war ins Kloster eingetreten, nachdem er vom Kreuzzug zurückgekehrt war, müde, entsetzt und ausgebrannt von den Metzeleien, die er erlebt hatte.
    »Ich war dabei, als vor beinahe zwanzig Jahren König Konrads Truppen fast bis auf den letzten Mann niedergemacht wurden«, erzählte er mit düsterem, starrem Blick. »Wer das überlebte, der starb vor Damaskus durch Pfeile, Hunger oder Streit. Oder ihn packte der Schlachtenwahn angesichts der Unmengen von Blut. Ich habe zu viele Tote gesehen. Auch wenn ihnen im Jenseits ein besseres Leben sicher ist, wünschteich mir von manchem, er würde noch hier auf Erden wandeln.«
    Und Christian erzählte von seinem Vorhaben, Siedler in den Osten zu führen, von seinem Traum, für sie und mit ihnen einen Ort aufzubauen, in dem Hoffnung und Gerechtigkeit herrschten.
    »Ich suche einen Geistlichen, der sich um diese Seelen kümmert. Könnt Ihr mir jemanden empfehlen, Vater?«, hatte er schließlich gefragt.
    Bartholomäus hatte ihn lange angeschaut und dann gebrummt: »Ich bespreche das mit dem Abt. Holt Euch morgen nach der Frühmesse die Antwort.«
     
    Die Siedler versammelten sich in der Klosterkirche und musterten den Priester mit dem weißen Haarkranz voller Respekt, Hoffnung und Neugier.
    Bartholomäus wusste, dass sie von ihm nicht nur lateinische Worte erwarteten, die keiner verstand.
    »Ihr nehmt die Mühe auf euch, unserem Herrn im Himmel zur Freude und euch zum Wohle das Land urbar zu machen, in das ihr zieht. Möge der Segen des Herrn auf dem Werk ruhen, das ihr euch vorgenommen habt, und eure Wege ebnen.« Dann sprach er ein Gebet für das Seelenheil von Wilhelma, Paul und den jungen Bauern, den die Wegelagerer erschlagen hatten.
    Am nächsten Tag traute Bartholomäus Emma und Jonas. Anstelle des Brautvaters führte Christian die blumengeschmückte Emma zum Kirchenportal. Die Frauen schauten gerührt zu, einige wischten sich die Augen, als der Pater vor der Kirche die Hände des jungen Paares ineinander legte und ihnen das Ehegelöbnis abnahm.
    Zum Feiern zog die ganze Gemeinschaft auf eine Wiese. Jonasrollte unter dem Jubel der ganzen Gruppe ein Bierfass heran, Christian steuerte ein

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