Das Geheimnis der MacKenzies
der Hut sein und sicherstellen, dass immer andere dabei waren, sobald sie mit dem Colonel zu tun hatte. Warum hatte er gestern nicht früher auftauchen können, als die anderen vom Team auch noch gearbeitet hatten? Dann hätte sie zumindest eine ruhige Nacht verbringen können.
Caroline sah sich ein letztes Mal um, überprüfte, ob alles abgestellt und ausgeschaltet war, und fasste in ihre Rocktasche nach dem Schlüssel. Taschen waren einfach unerlässlich, jedes Kleidungsstück, das sie trug, hatte Taschen. Denn Handtaschen konnte Caroline nicht leiden. Warum waren Frauen zu lebenslangem Handtaschentragen verdammt? Warum konnten Frauen nicht Taschen haben, wie Männer auch? Weil Taschen auf Kleidern angeblich die „Linie“ ruinierten. Weil Frauen angeblich eitel waren. Weil Männer Frauen ständig etwas in die Hand drückten mit den Worten: „Nimm das mal in deine Handtasche“, gleichbedeutend mit: „Hier, trag du, dann muss ich das nicht tun.“ Wenn Frauen sich wirklich emanzipieren wollten, dann sollten sie ihre Handtaschen verbrennen, nicht ihre BHs, fand Caroline. Und die Schuhe mit den hohen Absätzen sollten gleich mit ins Feuer fliegen.
Um keine Handtasche tragen zu müssen, hatte sie bereits am Vortag ihren Schreibtisch mit den persönlichen kleinen Dingen bestückt, die sie im Laufe des Tages brauchen würde. Schließlich war die Abneigung gegen Handtaschen kein Grund, auf Lippenstift zu verzichten. Caroline hatte durchaus einen gewissen Standard, den sie einzuhalten gedachte.
Normalerweise war sie immer die Erste bei der Arbeit, der heutige Morgen bildete keine Ausnahme. Caroline arbeitete gern in der Frühe, und das Morgengrauen in der Wüste war etwas Besonderes. Alles war so klar und frisch. Später am Tag würde die Hitze den Horizont zum Flimmern bringen, aber so wie jetzt war es perfekt. Während Caroline Kaffee aufsetzte, summte sie vor sich hin. Ganz gleich, wie heiß es wurde, ohne Kaffee kam niemand aus dem Team aus.
Sie riss das Zellophan von einem Muffin. Frühstück war fertig. Während sie abwesend kaute, machte Caroline es sich in ihrem Stuhl gemütlich und begann, den Bericht über die aktuellsten Testergebnisse des Zielsystems zu lesen.
Eine halbe Stunde später schlenderte Cal Gilchrist herein. Überrascht schaute er sie an. „Du bist aber früh dran“, sagte er auf dem Weg zur Kaffeemaschine. „Ich habe dich gar nicht in der Kantine gesehen.“
„Ich hab hier einen Muffin gegessen.“ Sie warf den durchgelesenen Bericht auf den Tisch. Von den anderen drei Teammitgliedern war Cal der Netteste. Zugegebenermaßen sogar netter als ich, gestand Caroline sich ein. Er hatte ein sonniges Gemüt, war freundlich und kompetent. Ungefähr dreißig, war Cal noch ungebunden und genoss ein reges gesellschaftliches Leben. Caroline kannte ihn von früher, auch wenn sie jetzt zum ersten Mal bei einem Projekt zusammenarbeiteten. Ansonsten waren sie bei zwei verschiedenen Firmen angestellt. Caroline arbeitete bei Boling-Wahl-Optics, dem Unternehmen, das das Zielsystem hergestellt hatte, Cal hatte bei DataTech das dazugehörige Computerprogramm entwickelt.
„Um 8 Uhr findet wieder ein Test statt.“ Cal nippte an seinem Kaffee. „Wenn Adrian und Yates hier sind, gehen wir in den Kontrollraum rüber, dann kriegen wir alles mit. Colonel Mackenzie fliegt heute. Nach dem Flug kommt er immer in den Kontrollraum, dann kann ich euch miteinander bekannt machen.“
„Wir haben uns schon kennengelernt. Gestern Abend, als ich noch hier war.“
„Und? Dein erster Eindruck?“
Caroline dachte über eine treffende Antwort nach und entschied sich schließlich für „Furcht einflößend.“ Cal lachte. „Allerdings. Mit dem möchte ich mich nicht anlegen. Bisher dachte ich immer, Kampfpiloten haben vor nichts und niemandem Respekt, aber vor ihm haben sie alle einen Heidenrespekt, in der Luft und auf dem Boden. Einer von denen sagte, Mackenzie sei der beste Pilot in der gesamten Air Force. Das will was heißen. Schließlich sind das alles keine Stümper.“
Die anderen beiden Teammitglieder betraten den Raum. Yates Korleski, klein und mit beginnender Glatze, war der Älteste und Leiter des Teams. Adrian Pendley stellte für Caroline das Haar in der Suppe bei diesem Auftrag dar. Er war groß und attraktiv, geschieden und verfügte über ein unerschöpfliches Repertoire an Sticheleien über Carolines Teamzugehörigkeit. Als Caroline bei Boling-Wahl angefangen hatte, hatte er sich auf sie gestürzt
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