Das Geheimnis der MacKenzies
einander so ähnlich sahen und einander genauso ähnlich waren. Der einzige Unterschied war die Augenfarbe, Wolfs Augen waren schwarz wie die Nacht, während Joes in hellem Diamantblau strahlten. Und jetzt, da sie Wolf gesehen hatte, verstand sie auch sofort, wieso Joe überzeugt war, sein Vater hätte den Mann umgebracht, der Joe missbraucht hatte, hätte Wolf je davon erfahren. Wolf Mackenzie war ein Mann, der die Seinen beschützte. Wie sein Sohn war auch er ein Krieger.
Mary wirkte wie eine zierliche Porzellanpuppe zwischen ihren Söhnen, selbst bei dem dreizehnjährigen Zane, dem „Eindringlichen“. Caroline würde Michael erst zu Weihnachten kennenlernen, wenn er Ferien hatte. Joshua war mit sechzehn schon fast so groß wie Wolf und Joe. Josh hatte ein sonniges Gemüt, lachte viel und plauderte unbeschwert, im Gegensatz zu Zane, der sich grüblerisch und still gab. In den Augen des Jungen brannte die gleiche Intensität wie bei Joe und Wolf.
Und dann war da noch Maris. Mit elf Jahren war sie klein für ihr Alter, offensichtlich hatte sie den zierlichen Körperbau der Mutter geerbt, ebenso wie deren porzellanfarbene Haut. Das Mädchen hatte helles Haar und die schwarzen Augen ihres Vaters, dem sie kaum von der Seite wich. Mit ihren kleinen, schmalen Händen verstand sie die Pferde ebenso zu beruhigen wie ihr Vater.
Es war das erste Mal, dass Caroline Joe mit Pferden umgehen sah. Es war wie ein Puzzlestückchen seines Charakters, das sich zum Gesamtbild hinzufügte. Er bewies unendliche Geduld mit ihnen und ritt, als wäre er im Sattel geboren worden.
Vom Küchenfenster aus beobachtete Caroline Wolf, Maris und Joe, die mit einem großen schwarzen Hengst im Korral arbeiteten. Der Hengst war im Moment Maris’ Lieblingspferd. Mary trat neben sie und erfasste instinktiv, wen Caroline beobachtete.
„Er ist großartig, nicht wahr? Ich habe ihn vom ersten Augenblick an geliebt, da war er gerade sechzehn. Es gibt nicht viele Männer auf der Welt, die so sind wie Joe. Schon damals war er ein Mann, im wahren Sinne des Wortes. Natürlich bin ich voreingenommen, aber das bist du auch, nicht wahr?“
„Ich brauche ihn nur anzuschauen, und schon laufen mir Schauer über den Rücken“, gab Caroline verträumt zu. Dann fing sie sich und lachte auf. „Sag ihm das nur nicht! Manchmal lässt er ganz schön den Colonel heraushängen. Ich gebe mir alle Mühe, damit er nicht zu kommandogewohnt wird.“
„Ach, das weiß er doch längst. Bei dir laufen ihm übrigens auch Schauer über den Rücken. Das hält die Dinge schön im Gleichgewicht. Ich muss es wissen, schließlich ergeht es mir bei seinem Vater jetzt seit fast zwanzig Jahren so. Meinst du, so etwas vererbt sich?“ „Wahrscheinlich. Sieh dir doch nur Joshua und Zane an.“
„Ich weiß.“ Mary seufzte. „Die Mädchen in der Schule tun mir alle leid. Und die im College mit Michael auch. Sie sind ja nicht mit ihm großgeworden und hatten keine Gelegenheit, sich an ihn zu gewöhnen. Nicht dass den Mädchen hier die Zeit mit ihm geholfen hätte.“
„In ein paar Jahren sorgt Maris schon dafür, dass das Gleichgewicht zwischen Jungen und Mädchen wieder hergestellt wird.“
Vom Fenster aus sah Caroline, wie Joe sich geschmeidig über das Gatter schwang und auf das Haus zukam. Wolf zauste Maris das Haar und folgte seinem Sohn, während das Mädchen bei dem Pferd blieb.
Die beiden Männer kamen zusammen durch die Hintertür ins Haus, und plötzlich schien die Küche zu klein zu sein für zwei solch beeindruckende Gestalten. Sie brachten den Geruch von Erde, frischer Luft, Heu und Pferd mit sich ins Haus.
„Ihr beide seht irgendwie schuldig aus“, bemerkte Joe. „Worüber habt ihr gesprochen?“
„Über Genetik“, erwiderte Caroline bereitwillig. Als Joe in der für ihn typischen Weise fragend eine Augenbraue anhob, zuckte sie die Schultern. „Ich kann es nicht ändern. In den nächsten acht Monaten werde ich mich sehr intensiv mit Genetik beschäftigen. Was meinst du, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Junge oder ein Mädchen wird?“
Mary strahlte übers ganze Gesicht. „Oh, es wird ganz sicher ein Junge.“
Joe begann zu schwanken, und Wolf lachte lauthals auf, während er seinem Sohn zum nächsten Stuhl half.
„Joe ist ein Mackenzie. Bei denen finden sich kaum X-Chromosomen. Die Mackenzies müssen hart arbeiten, um Töchter zu bekommen. Deshalb lieben sie sie ja auch so sehr.“
EPILOG
M ary hatte sich nicht geirrt. John
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