Das Geheimnis der Mangrovenbucht
der Schiffer hatte mir von einem Mann erzählt, der vermißt würde.«
»Dort — in Davids Schuppen?«
Wieder schien es nicht der Tod des Gatten zu sein, was sie so entsetzte. Das
hatte sie schon erwartet — aber daß man ihn dort finden würde, so ganz in der
Nähe von Davids Hütte.
Pauline war auf einmal davon
überzeugt, daß Verity gewußt hatte, daß David an jenem Samstag und Sonntag hier
gewesen war, als Holder verschwand. Sie mußte sie unter allen Umständen am
Sprechen hindern. Unter dieser Schockeinwirkung würde Verity möglicherweise
alles erzählen. Sie redete daher schnell und geschwätzig weiter. »Es war ein
entsetzlicher Schreck, aber wir konnten gestern abend nichts mehr tun. Ich war mit dem Boot hinübergekommen, und der Mann war schon
wieder fort. Es war dunkel — als wir ihn fanden, und wir kannten den Weg durch
die Sumpfebene bei Nacht nicht. Doch wir sind so früh wie möglich
hierhergekommen, und Anthony hat gleich die Polizei verständigt. Sie müßte
eigentlich jeden Augenblick da sein.«
Sie wollte damit eine
Vorwarnung geben, doch noch während sie sprach, hörte man bereits das Geräusch
eines Autos, das mit hoher Geschwindigkeit die enge, kurvige Straße, die durch
Weiden und Felsklippen hindurchführte, heranbrauste.
Anthony meinte: »Die waren aber
schnell, und jetzt strafen sie das Auto dafür«, denn in diesem Augenblick hörte
man heftiges Bremsenquietschen.
In der nächsten Sekunde raste
jemand stürmisch den Weg herauf. Anthony empfand das als etwas ungewöhnlich für
die Polizei, selbst wenn es sich um einen Mord handelte. Die Tür wurde
aufgerissen — doch anstatt eines beleibten Polizeisergeanten — stand ein junger
Mann mit einem blassen Gesicht, das äußerst angespannt wirkte, auf der
Schwelle. Er schaute Mrs. Morton kaum an, stürmte an
Anthony vorbei, übersah auch Pauline gänzlich, die hinter der geöffneten Tür
stand, und eilte auf das am Tisch sitzende Mädchen zu.
»Verity... Verity... Wie geht
es dir? Ich bin zu deinem Haus gefahren, dann hat mich der alte Dibble
hierhergeschickt. Was ist geschehen? In der Zeitung stand...«
Doch irgendein Ausdruck in
ihrem Gesicht und das Schweigen im Raum ließen ihn sich umdrehen. Im selben
Augenblick ging Pauline schnell auf ihn zu und versuchte mit einer
instinktiven, beschützenden Geste, zwischen ihn und das Mädchen zu treten.
»David«, sagte sie. »Oh, David,
ich bin ja so froh, daß du gekommen bist. Es ist alles so entsetzlich. Eine so
scheußliche Nachricht. Hast du in der Zeitung gelesen, daß Veritys Mann verschwunden war?«
Damit wollte sie eigentlich nur
sagen: >Reiß dich zusammen. Sag nichts.< Ihre Augen verkündeten die
Nachricht. Ihre Stimme, die ganz normal und ruhig klingen sollte, enthielt
einen warnenden Unterton, so daß Anthony dachte: >Braves Mädchen. Jetzt bin
ich an der Reihe<, dann fuhr er fort:
»Schöne Familienversammlung,
was, alter Junge. Was für eine Überraschung, Pauline hier zu finden. Übrigens
für uns beide dieselbe, als sie gestern auftauchte und mich in deiner Hütte
entdeckte. Eine Zeitlang war die Atmosphäre ziemlich gespannt.«
David machte eine ungeduldige
Geste und unterbrach ihn: »Aber was ist mit Gary?« Dann hielt er inne, als er
aus den Blicken seiner Freunde die Nachricht erkennen konnte.
»Übrigens ist deine Hütte nicht
schlecht«, fuhr Anthony unbeirrt fort, »aber nicht sehr geräumig, daher mußte
einer von uns beiden im Bootshaus schlafen. Man muß schließlich die guten
Sitten wahren. Deine Schwester ging also hinunter und fand — und fand dort die
Leiche eines Mannes.«
David glotzte ihn an. Wenn sein
Gesicht zuvor bleich gewesen war, so war es jetzt grau. »Fand eine Leiche? Soll
das heißen — die Leiche — die Leiche Gary Holders? Aber wieso denn? Was ist
denn geschehen? Ist er ertrunken?«
»Das wissen wir nicht. Im
Grunde genommen wissen wir überhaupt noch nichts. Wir nehmen nur an, daß es
sich um Holder handelt, weil er seit Samstag vermißt wird. Das mußt du doch in der Zeitung gelesen haben. Auf jeden Fall ist es gut,
daß du gekommen bist. Ich wollte dich ohnehin dieser Tage einmal besuchen«, log
er ziemlich schwach.
Endlich ging David auf ihn ein
und sagte: »Ja. Ich wollte einmal nachsehen, wie es dir hier ginge. Merkwürdig,
daß mir Pauline nicht gesagt hatte, daß sie herkommen wollte.«
»Zunächst vielleicht
merkwürdig, aber nach dem, was wir da unten gefunden hatten, vergaßen wir
jegliche Konvention. Jedenfalls
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