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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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ihres Kindes, war da geheimnisvoll in dem Brief zu lesen. Caspar und Gret wussten, was das bedeutete. Wenn Pater Urban schrieb, dass es dringend sei, dann mussten sie sich beeilen. Der Prior war kein leichtfertiger Mann, der zu grundlosen Übertreibungen neigte. Seine Nachricht konnte nur bedeuten, dass ihre Tochter in Gefahr war.
    In großer Gefahr.

TEIL I

I
    A nna wachte noch vor der Prim auf, denn es war, ungewöhnlich für diese Jahreszeit, bitterkalt. An diesem Tag, dem Gründonnerstag vor Ostern, fand die traditionelle Fußwaschung für zwölf Gläubige in der Klosterkirche von Heisterbach statt, und sie war wie stets eingeteilt, dem Prior bei der heiligen Zeremonie als Messdiener zur Seite zu stehen. Doch Anna war Kälte gewöhnt. Ihre winzige Zelle bestand aus nacktem Mauerwerk, das sommers wie winters feucht und klamm war, obwohl sie, weil der Prior und Infirmarius Pater Urban es gut mit ihr meinte, in besonders frostigen Winternächten eine Eisenpfanne mit glühenden Kohlen aus der Küche neben dem Refektorium mitnehmen durfte, um sich warmzuhalten. Ein Privileg, das unter den Novizen des Klosters Heisterbach leicht Neid und Missgunst erwecken würde, wenn es jemand herausbekam. Immer musste sie warten, bis sich die Mönche, Novizen und Laienbrüder in ihr Dormitorium zurückgezogen hatten, damit Prior Urban ihr die eiserne Pfanne ungesehen in die Hand drücken konnte.
    Anna wunderte sich manchmal über den fürsorglichen, ja fast väterlichen Umgang, den der Prior mit ihr pflegte. Vermutlich war seine Freundschaft zu ihren Eltern der Grund dafür. Zwischen Prior Urban und ihrem Vater, der seinen christlichen Pflichten stets nachkam, aber kein religiöser Eiferer war, bestand ein geheimnisvolles Band, dessen Ursprung Anna nicht kannte. Ihr Vater war Bauer und hatte ein paar Wiesen und Äcker vom Kloster gepachtet. Damit hatten er und seine Frau ein karges Auskommen, und außer Anna gab es keine Kinder. In mageren Jahren, die es in letzter Zeit immer häufiger gegeben hatte, war es dem Vater nicht leicht gefallen, den Pachtzins zu entrichten. Aber der Prior hatte bei ihm stets beide Augen zugedrückt, obwohl er sonst ein äußerst akribischer Mann war, was die pünktlichen und korrekten Zahlungen an das Kloster anging.
    Pater Urban besorgte neben seinen geistlichen Pflichten und den Aufgaben eines Infirmarius auch die Einkünfte des Klosters. Wenn der Erzbischof von Köln einmal im Jahr das Kloster mit seinem hohen Besuch beehrte, war der Prior stets von Stolz erfüllt, eine makellose Bilanz in seinen Büchern vorweisen zu können.
    Erzbischof Konrad von Hochstaden war dafür gefürchtet, alles einer genauesten Prüfung zu unterziehen, denn schließlich sollte jedes seiner Klöster so viel Gewinn wie möglich abwerfen. Er war ein reicher Mann und setzte alles daran, seinen Machtbereich zu vergrößern und dem vom fernen Kaiser eingesetzten König Konrad IV. das Leben schwerzumachen. Ehrgeizig, eitel und habgierig, aber auch außergewöhnlich intelligent und zielgerichtet, war er der eigentliche Herrscher in seinem Reich zwischen Köln und Koblenz, gefürchtet für seinen heiligen Zorn, der wie aus heiterem Himmel all jene treffen konnte, die ihm im Weg standen. Aber Prior Urban verstand es, sein Kloster klug zu führen. Bislang hatte sich der Erzbischof nie veranlasst gesehen, öfter als einmal im Jahr anzureisen, um die seinem Bistum und dem Papst zustehenden Abgaben einzufordern.
    Anna stand auf und warf einen Blick in das Kohlebecken. Doch dort war nur noch Asche. Schaudernd tastete sie nach dem einzigen Gegenstand in der Zelle, der ein Tribut an ihre weibliche Eitelkeit war: ein spielkartengroßes Stück dünnes Metallblech, das sie unter der Matratze ihres Rollbetts versteckt hatte. Sie zog es hervor, hauchte es an und putzte es mit dem Ärmel ihrer Tunika blank. Undeutlich sah sie ihr Konterfei in dem kleinen Spiegel: das hübsche, aufgeweckte Gesicht eines seit kurzem sechzehnjährigen Mädchens niederen Stands, zu seinem ständigen Leidwesen jünger wirkend, umrahmt von bubenhaft geschnittenen kurzen Haaren mit der üblichen Tonsur . Und mit verschiedenfarbigen Augen. Eine Iris war braun, die andere grün. Eine seltsame Anomalie, die sie noch bei keinem anderen Menschen gesehen hatte. Abergläubische Leute – und davon gab es mehr als genug – bekreuzigten sich, wenn sie ihr nah genug kamen, um die verschiedenfarbigen Augen zu bemerken. Es galt als Teufelszeichen, und ein Blick von ihr als

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