Das Geheimnis Der Schönen Toten
läßt.«
»Wir können es zumindest versuchen«, sagt Hugh und warf einen nachdenklichen Blick auf die Reihe der Ginsterbüsche und um die klaffende Grube, die sie durch das verfilzte Gras geschnitten hatten. »Ich frage mich, ob sich hier noch mehr finden läßt, was man vielleicht mit ihr in die Erde gelegt hat. Wir sollten zumindest noch etwas weiter und tiefer graben und uns überzeugen.« Er bückte sich, um den zerfallenden Umhang wieder um ihren Körper zu legen, und schon seine bloße Berührung ließ Fäden zerreißen und Staubkörnchen aufwirbeln. »Wir werden ein besseres Leichentuch brauchen, wenn wir sie mitnehmen wollen, und eine Bahre, wenn wir sie ganz und unversehrt wegtragen wollen, wie wir sie jetzt sehen. Richard, nehmt mein Pferd und reitet zum Herrn Abt. Sagt ihm einfach, daß wir hier tatsächlich einen Leichnam gefunden haben, und schickt uns eine Bahre und eine Decke, damit wir sie in einem schicklichen Zustand nach Hause bringen können.
Mehr ist nicht nötig, jetzt noch nicht. Und was wissen wir denn auch schon? Keine weiteren Berichte, bis wir da sind.«
»So sei es!« erklärte Bruder Richard mit einer solchen Wärme, daß jeder sehen konnte, wie erleichtert er war.
Seine schlichte Natur war für solche Entdeckungen nicht geschaffen. Er gab einem geordneten Leben den Vorzug, bei dem alle Dinge sich so verhielten, wie sie sollten, und bei dem ihm allzu große Anstrengungen des Körpers wie des Geistes erspart blieben. Er machte sich bereitwillig auf den Weg und ging zu Hughs grobknochigem Grauen, der auf dem grüneren Land unterhalb des Knicks stand und friedlich graste. Bruder Richard wuchtete einen stämmigen Fuß in den Steigbügel und saß auf. Außer mangelnder Übung in letzter Zeit war an seiner Reitkunst nichts auszusetzen. Er war ein jüngerer Sohn aus einer Ritterfamilie und hatte schon im Alter von sechzehn Jahren die Wahl zwischen Waffendienst und Dienst im Kloster getroffen.
Hughs Pferd, das außer seinem Herrn kaum einen Reiter auf sich duldete, ließ sich herab, diesen Reiter ohne Murren an dem Knick entlang zu der tiefer gelegenen Wiese am Fluß zu tragen.
»Durchaus möglich, daß er ihn an der Furt abwirft«, sagte Hugh nachdenklich, als er Roß und Reiter in Richtung Fluß verschwinden sah, »wenn ihn die Lust dazu überkommt. So, jetzt wollen wir nachsehen, ob wir hier noch etwas finden können.«
Der Lehnsmann schnitt unter den raschelnden Besenginsterbüschen tief in den Erdwall. Cadfael wandte sich von der Toten ab, um mit geschürztem Habit in ihr Grab hinunterzusteigen, und begann, den lockeren Lehm behutsam aus der Grube zu schaufeln und die Höhlung zu vertiefen, in der die Frau gelegen hatte.
»Nichts«, erklärte er schließlich, als er auf einem festgestampften Boden kniete, der eine blassere Farbe angenommen hatte, als der Untergrund eine Tonschicht freilegte.
»Seht ihr das? Weiter unten am Fluß hatte Ruald zwei oder drei Stellen, wo er seinen Lehm herholte. Die Vorkommen sind inzwischen erschöpft, heißt es, zumindest dort, wo man leicht an sie herankommt. Diese Stelle hat niemand angerührt, lange bevor man die Frau hierher gelegt hat.
Tiefer brauchen wir nicht zu graben. Hier gibt es nichts mehr zu finden. Wir können uns die Erde an den Seiten noch mal genauer ansehen, aber ich bezweifle nicht, daß dies alles ist.«
»Mehr als genug«, sagte Hugh und wischte sich die erdverschmierten Hände an dem dichten, verfilzten Gras ab. »Und andererseits doch nicht genug. Viel zuwenig, um ihr Alter zu bestimmen oder ihr einen Namen zu geben.«
»Oder eine Familie oder ein Haus, in dem sie einmal gelebt hat«, wie Cadfael düster einräumte, »oder eine Todesursache. Hier können wir nichts mehr ausrichten. Ich habe gesehen, was ich sehen mußte, um zu erfahren, wie man sie hineingelegt hat. Was noch zu tun bleibt, läßt sich besser in Abgeschiedenheit erledigen, wenn wir genug Zeit haben und vertrauenswürdige Zeugen.«
Erst eine Stunde später schritten Bruder Winfried und Bruder Urien oben am Knick mit Umhängen und der Bahre herbei. Sie hoben das schmale Knochenbündel behutsam hoch, hüllten es in die Tücher und deckten es zu, um es unziemlichen Blicken zu entziehen. Hughs Lehnsmann wurde entlassen und in die Garnison beim Schloß zurückgeschickt. Dann setzte sich der kleine Trauerzug mit der Unbekannten schweigend und zu Fuß in Richtung Abtei in Bewegung.
»Es ist eine Frau«, sagte Cadfael, als er Abt Radulfus in der Abgeschiedenheit
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