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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Verborgenen lebenden Bewohner des Knicks ohne Zweifel ihr Teil beigetragen hatten. Auf den gleißend weißen Knochen des Schädels verweilte er am längsten, fand dort jedoch nichts, was sie von all den langen Generationen ihrer toten Schwestern unterschied.
    »Ja. Sonderbar!« sagte er halb zu sich selbst. »Jemand muß ihr gewiß so etwas wie Zärtlichkeit entgegengebracht und ihre Rechte respektiert haben, falls er das Gefühl hatte, es nicht wagen zu können, sie ihr zu gewähren. Vielleicht hat der eine sie umgebracht und ein anderer sie begraben?
    Ein Priester womöglich? Aber wozu ihren Tod verborgenhalten, wenn er daran unschuldig war? Ist es denkbar, daß ein und derselbe Mann sie getötet und begraben hat?«
    »Derlei ist schon vorgekommen«, erwiderte Cadfael.
    »Ein Liebhaber vielleicht? Irgendein fataler, unglücklicher Zufall, der nie beabsichtigt war? Ein Augenblick der Gewalt, auf der Stelle bedauert und bereut? Aber nein, wenn das alles wäre, hätte man es nicht zu verbergen brauchen. «
    »Und von Gewaltanwendung ist keine Spur zu sehen«, bemerkte Cadfael.
    »Wie ist sie dann gestorben? Nicht durch Krankheit, denn sonst läge sie, mit den Tröstungen der Kirche versehen und geweiht, auf dem Friedhof. Durch Gift?«
    »Das ist denkbar. Vielleicht hat auch eine Stichwunde ihr Herz getroffen, ohne an ihren Knochen eine Spur zu hinterlassen, denn diese sind ganz und unversehrt und wurden nie durch einen Schlag oder einen Bruch verletzt.«
    Radulfus deckte sie wieder mit dem Leinentuch zu und strich es auf ihr glatt. »Nun, wie ich sehe, gibt es hier nicht viel, was ein Mann mit einem lebenden Gesicht oder einem Namen verbinden könnte. Gleichwohl denke ich, daß wir es versuchen müssen. Falls sie hier in den letzten fünf Jahren gelebt hat, muß jemand sie gut gekannt haben und wissen, wann sie zuletzt gesehen wurde. Außerdem muß er dann ihr Fehlen bemerkt haben. Gehen wir«, sagte der Abt, »wir sollten uns hinsetzen und sorgfältig sämtliche Möglichkeiten überlegen, die uns einfallen.«
    Da war Cadfael klar, daß dem Abt die erste und unheilvollste Möglichkeit schon in den Sinn gekommen war und tiefe Besorgnis ausgelöst hatte. Als alle drei wieder in der Stille des Empfangszimmers saßen und die Tür zur Außenwelt hinter sich geschlossen hatten, mußte der Name ausgesprochen werden.
    »Zwei Fragen warten auf eine Antwort«, sagte Hugh und ergriff die Initiative. »Wer ist sie? Und wenn sich das nicht mit Sicherheit beantworten läßt, erhebt sich die Frage, wer könnte sie sein? Und die zweite: Ist in den letzten fünf Jahren irgendeine Frau ohne ein Wort oder eine Spur aus dieser Gegend verschwunden?«
    »Von einer solchen Frau«, sagte der Abt schwer, »wissen wir mit Gewißheit. Und der Ort ist nur zu passend. Doch bislang hat noch niemand je in Frage gestellt, daß sie fortgegangen ist, und zwar aus eigenem Antrieb. Diese Sache war für mich schwer zu akzeptieren, so wie die Frau sie nie akzeptiert hat. Doch hat sich Bruder Ruald ebensowenig davon abhalten lassen, der Neigung seines Herzens zu folgen, wie man die Sonne am Aufgehen hindern könnte. Als ich seiner erst sicher war, blieb mir keine Wahl. Zu meinem Kummer hat sich die Frau nie damit ausgesöhnt.«
    Damit war der Name des Mannes ausgesprochen. Doch bei der Frau erinnerte sich vielleicht niemand auch nur an den Namen. Innerhalb der Klostermauern mußte es viele geben, die sie nie zu Gesicht bekommen oder von ihr gehört hatten, bis sich ihr Mann des himmlischen Beistands sicher gewesen war, geduldig vor der Klosterpforte stand und Einlaß begehrte.
    »Ich muß Euch um die Einwilligung bitten«, sagte Hugh, »ihn die Leiche betrachten zu lassen. Selbst wenn sie tatsächlich seine Frau sein sollte, wird er vielleicht nicht in der Lage sein, es mit einiger Sicherheit zu bestätigen, doch es muß von ihm verlangt werden, daß er es zumindest versucht. Der Acker gehörte ihnen, und das Häuschen dort war ihr Zuhause, nachdem er gegangen war.« Er schwieg lange und ließ dabei das verschlossene und nachdenkliche Gesicht des Abts keine Sekunde aus den Augen. »Ist Ruald irgendwann nach seinem Eintritt hier zu seinem früheren Häuschen zurückgeschickt worden, und zwar bis zu der Zeit, als sie mit einem anderen Mann weggegangen sein soll? Es gab Habseligkeiten, die er ihr übergab, vielleicht gab es Abmachungen, die sie treffen mußten und die vielleicht sogar die Anwesenheit von Zeugen erforderten. Ist bekannt, ob er sie nach der

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