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Das Geheimnis Der Schönen Toten

Das Geheimnis Der Schönen Toten

Titel: Das Geheimnis Der Schönen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Seelenheil so in Gefahr bringen, es sei denn aus Verzweiflung.« Der Abt brütete einige Augenblicke schweigend über das Problem nach, das ihm so unversehens aufgebürdet worden war.
    Jetzt war es einfach, an der Toten wiedergutzumachen, was man ihr an Unrecht angetan hatte, wie es ihrer unsterblichen Seele zukam. Selbst ohne einen Namen konnten Gebete für sie gesprochen und die Messe gelesen werden; und jetzt konnte sie endlich auch das christliche Begräbnis erhalten, das ihr einst verweigert worden war. Doch die Gerechtigkeit dieser Welt verlangte auch nach Genugtuung.
    Er blickte zu Hugh hoch. Ein Amt musterte das andere.
    »Was sagt Ihr dazu, Hugh? Wurde diese Frau ermordet?«
    »Angesichts des Wenigen, das wir wissen, und angesichts des Vielen, das wir nicht wissen«, sagte Hugh vorsichtig, »wage ich nicht, etwas anderes anzunehmen. Sie ist tot und ohne die letzte Ölung in der Erde verscharrt worden. Solange ich keinen Grund habe, das Geschehen als etwas Besseres zu bewerten, sehe ich dies als Mord an.«
    »Dem kann ich also nur entnehmen«, sagte Radulfus nach einem nachdenklichen Schweigen, »daß Ihr nicht glaubt, daß sie schon lange in ihrem Grab liegt. Dies ist keine infame Tat, die lange vor unserer Zeit geschehen ist, denn dann brauchten wir uns nur noch darum zu sorgen, daß das korrigiert wird, was ihrer Seele angetan wurde. Die Gerechtigkeit Gottes reicht über Jahrhunderte und kann jahrhundertelang abwarten, doch unsere Gerechtigkeit ist hilflos, wenn unsere Zeit um ist. Wie lange Zeit ist deiner Meinung nach seit ihrem Tod vergangen?«
    »Das kann ich nur in aller Demut vermuten«, erwiderte Cadfael. »Möglicherweise ist es nicht mehr als ein Jahr her, aber es können auch drei oder vier, selbst fünf Jahre gewesen sein, mehr jedoch nicht. Sie ist kein Opfer aus früherer Zeit. Sie hat noch vor kurzem gelebt und geatmet.«
    »Und ich kann mich ihrer also nicht entledigen«, sagte Hugh und verzog das Gesicht.
    »Nein. Ebensowenig wie ich.« Der Abt legte seine langen, sehnigen Hände flach auf den Tisch und erhob sich.
    »Um so mehr Grund habe ich, sie mir von Angesicht zu Angesicht anzusehen und meine Verpflichtung ihr gegenüber anzuerkennen. Kommt, gehen wir, und sehen wir uns unseren anspruchsvollen Gast an. Das bin ich ihr schuldig, bevor wir sie wieder der Erde anvertrauen, diesmal jedoch unter besseren Vorzeichen. Wer weiß, vielleicht gibt es etwas, irgendeine Kleinigkeit, die einen Menschen, der sie einst gekannt, sich an die lebende Frau erinnern läßt.«
    Als Cadfael seinem Superior über den großen Innenhof und an dem südlichen Vorbau ins Kloster und die Kirche folgte, kam es ihm unnatürlich vor, wie sie es alle vermieden, einen bestimmten Namen auszusprechen. Dieser war noch nicht genannt worden, und so mußte Cadfael sich unwillkürlich fragen, wer ihn als erster über die Lippen bringen würde und weshalb er selbst das Unvermeidliche nicht schon vorweggenommen hatte. Es konnte nicht sehr viel länger unausgesprochen bleiben. Allerdings konnte es der Abt ebenfalls als erster versuchen. Der Tod, ob vor langer Zeit oder erst jüngst erfolgt, konnte ihn nicht schrecken.
    In der kleinen, kühlen Leichenhalle brannten Kerzen an Fuß- und Kopfende der steinernen Totenbahre, auf der die namenlose Frau ruhte, über die man ein Leinengewand gebreitet hatte. Bei der Untersuchung ihrer sterblichen Überreste auf irgendeinen Hinweis, der die Umstände ihres Todes klären konnte, hatte man ihre Knochen so wenig wie möglich berührt und sie, als die fruchtlose Untersuchung beendet war, so genau wieder zusammengelegt, wie es möglich war. Soweit Cadfael erkennen konnte, wies die Frau keinerlei Anzeichen einer äußeren Verletzung auf. Der starke Geruch von Erde hing schwer in der Luft des geschlossenen Raums, wurde jedoch durch die Kälte des Steins gemildert, und Gefaßtheit und Würde der Totenruhe überwanden die einschüchternde Gegenwart eines vor langer Zeit eingetretenen Todes, der so unverhofft wieder dem Licht und der aufdringlichen Neugier menschlicher Augen ausgesetzt worden war.
    Abt Radulfus trat ohne jedes Zögern an die Tote heran und zog das Leinentuch zurück, das sie bedeckte, wobei er es einfach auf seinem Arm zusammenlegte. Er blieb einige Minuten reglos stehen, um sich die sterblichen Überreste der Toten aus schmalen Augenschlitzen anzusehen, angefangen bei dem dunklen üppigen Haar bis zu den schlanken, nackten Knochen der Füße, zu deren Entblößung die kleinen, im

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