Das Geheimnis der Spileuhr
Fünfpfennigstück, das zweite ein Hosenknopf, das dritte...
„Ist ja nicht zu glauben!“ rief der nasse Mann überrascht, „ich hab’ noch fünf Piepen ..
Er betrachtete sich einige Augenblicke lang das blinkende Fünfmarkstück in seiner Hand, bevor er es mit einem zufriedenen Grunzen zurücksteckte.
Endlich hatte er die gesuchten zwei Groschen zusammen. Er nahm den Hörer von der Gabel, warf die beiden Münzen ein und sagte laut die Nummer, die er wählte.
Sieben — sieben — zwei — drei — neun — eins...
Tuuuuut-Tuuut! machte es am anderen Ende so laut, daß der nasse Mann erschrocken den Hörer ein Stück vom Ohr weghielt. Tuuuut — Tuuuuut — Tuuuuuut... Dann endlich... eine Stimme. In das Gesicht des nassen Mannes kam Leben.
„Hallo, Koks, ich bin’s, dein Freund Oskar!“ rief er, und zwei Tropfen fielen von der Krempe seines Schlapphutes auf die Sprechmuschel...
„Hallo, Koks, ich hab’ eine bildschöne Sache für dich ausgekundschaftet...“
Der andere schien wohl sehr gespannt zu sein, denn Freund Oskar fuhr gleich fort:
„Gestern war ich spazieren, Koks. Weißt ja, so auf die harmlose Art, wie das meine Art ist. Mit so einem richtigen doofen Gesicht bin ich durch die Gegend gegondelt und hab’ nach einem Fahrrad Ausschau gehalten.“ Er seufzte. „Ich muß Emmi unbedingt ein Fahrrad besorgen. Sie ist so schlecht zu Fuß...“
Der am anderen Ende der Leitung hatte wohl was Dummes geantwortet, denn ärgerlich raunzte der nasse Oskar ins Telefon: „Wenn ich dir schon einen Tip gebe, dann hör dir gefälligst auch meine Sorgen an!“
Wieder tropfte es von oben auf die kleinen Löcher der Sprechmuschel. Oskar begann zu lamentieren:
„Ich muß dir sagen, die Menschheit wird immer schlechter und egoistischer. Alle Leute schließen ihre Fahrräder ab. Manche machen sogar ganz dicke Ketten drum. Wie soll da ein armer alter Dieb noch Erfolg haben, frage ich dich. Das Stehlen wird von Tag zu Tag schwieriger... Nicht mal heute, bei so einem Hundewetter, vergessen sie ihre Fahrräder abzuschließen... Ja, ja, da bist du viel besser dran.“
Er lauschte eine Weile in den Apparat. Dann begann er aufzuzählen:
„Wo ich war? In der Schusterstraße war ich, in der Leimgasse, im Finkenweg, in der Buchstabenstraße und zuletzt, Koks, zuletzt war ich in der Parkallee. Feine Gegend, Koks, sage ich dir. Nur vornehme Häuser und Villen mit reichen und vornehmen Leuten... Guck dir mal die Nummer 22 an. Wie für dich gemacht. Ist eine Eckvilla mit vielen Fenstern und Balkons...“ Der nasse Oskar lachte keuchend. „Ch-ch-ch-chaaaooo“, klang es, und dann nieste er noch ein riesengroßes „Haaatschiii!!“ Dabei schlug er mit der Stirn gegen den Münzfernsprecher.
„Aul!“ schrie er wütend. „Das hab ich nun davon, daß ich dich anrufe. Die Rübe habe ich mir eben eingerannt. Weil ich naß bin und niesen mußte...“ Und jetzt wurde er erst so richtig wütend. Er schimpfte ins Telefon: „Du hockst zu Hause und schlürfst Tee mit Rum, und ich muß im Regen herumrennen und nach einem Fahrrad suchen. Ist das gerecht? Eines sage ich dir, Koks, wenn du das Ding in der Parkallee drehst, verlange ich Beteiligung! Jawohl!!“
Wieder lauschte er einige Sekunden angestrengt in die Muschel, dann begann plötzlich die Sonne auf seinem nassen Gesicht zu scheinen.
„Wirklich? Du willst dich nach einem Fahrrad umsehen? Also, wenn du das machst, Koks... Haaatschiii!... Danke, Gesundheit kann ich brauchen. Also, wenn du was ausfindig machst, dann sag in der Kneipe von Knickerhahn Bescheid... Und das mit der Beteiligung war natürlich nicht ernst gemeint... Und schönen Sonntag noch, Koks!“
Zufrieden hing der nasse Oskar den Hörer an den Apparat zurück.
Als er aus der Zelle trat, begann es gerade wieder stärker zu regnen.
Ja, und so begann eine der seltsamsten Diebesgeschichten des Jahres...
Karlchens Entdeckung
Acht Tage später. Es war Montag.
Der Baron Friedrich Balthasar von Brossel saß an seinem Schreibtisch und grübelte, ob er zur Jagd fahren solle oder nicht.
Vor ihm lag eine Einladung zur Wildschweinjagd nach Globen-forst. Dabei machte er sich doch gar nichts aus der Knallerei.
Hm...
Der Baron war fast sechzig, schlank, vornehm und bei seinem Personal sehr beliebt.
Dem Baron gehörte eine kleine Porzellanfabrik. Dort wurden Aschenbecher, Vasen, Figuren, Leuchter und Wandteller hergestellt.
Der Baron trug meist einen uralten Zwicker aus Nickel auf der Nase.
Er las mit
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