Das Geheimnis der Totenkiste
wiedergegeben.«
»Und ihr in Sekundenschnelle Englisch beigebracht?« erkundigte seine innere Stimme sich skeptisch.
Es war ohne weiteres möglich, daß Vojislav auch darauf eine Antwort gefunden hätte. Er sammelte seine ganze Kraft, um diesen letzten Widerstand zu brechen. Doch in diesem Augenblick schwang die von Eli wieder geschlossene Tür weit auf.
»Podgram, durch einen glücklichen Zufall – und es war wirklich reiner Zufall – stieß ich auf einen äußerst bedeutenden Hinweis… Oh, verzeihen Sie, ich wußte nicht, daß Sie…«
Hartwell stand mit aufgerissenem Mund an der Türschwelle. Der Blick des Vampirs hatte sich auf ihn gerichtet und die Macht seiner schrecklichen Augen brachte den Professor zum Schweigen.
Hartwell zitterte einen Augenblick am ganzen Körper, dann erstarrte er.
Vojislavs Geist wandte sich wieder Eli zu.
Aber zu spät. Denn in dem kurzen Augenblick, während der Vampir sich mit dem unerwarteten Eindringling beschäftigt hatte, hatte Eli sein Bewußtsein voll zurückgewonnen. Und er erkannte die Wahrheit. Die Gestalt, die sich schreiend auf dem Boden gewunden hatte, war nicht Mara. Es war nicht mehr als eine Nachahmung, ein Phantasiegebilde, eine Illusion ohne jede physische Substanz.
Vojislav hatte sie herbeigerufen, als Waffe gegen ihn - die fast ihre Wirkung erzielt hatte. Wäre die Ablenkung durch Hartwell nicht gewesen…
Noch während Elis Gedanken sich damit beschäftigten und er seinen freien Willen wiederfand, begann die Gestalt auf dem Boden zu verschwimmen und verschwand. Sie war nur eine Illusion gewesen. Er fuhr zur schwarzen Kiste herum. Auch sie verschwamm und verschwand wie das Mädchen.
»Also haben wir sie tatsächlich verbrannt«, flüsterte Eli. »Dein Sarg ist vernichtet. Es gibt keine Zuflucht mehr für Seine Hoheit den Erzherzog von Szlig!«
Das stimmte. Es mußte stimmen… Und doch lächelte der Vampir. Seine Haltung war nicht weniger majestätisch als zuvor.
Welche neuen Tücken brütete er aus?
Eine Welle geistiger Kraft brandete gegen Eli an. Diesmal fiel es ihm leichter, eine Barriere gegen sie zu errichten. Denn diesmal lenkte ihn nicht der schreckliche Anblick Maras ab.
Sie begannen den Zweikampf auszutragen, der nicht weniger gefährlich war, weil äußerlich nichts davon zu bemerken war. Eli spürte die grauenvolle Kraft der Augen des Vampirs, die seinen Willen zu unterjochen suchten.
Bilder schoben sich vor sein inneres Auge, erschreckende Bilder. Er sah sich tot, sah sich als Vampir. Aber das Schlimmste war, daß er sich über Maras Körper beugte, ihr die Zähne in die Kehle stieß. Doch das Bollwerk seines Seins vermochte der Vampir diesmal nicht zu erschüttern. Eli wehrte jeden Angriff erfolgreich ab.
Ahnte Vojislav seine bevorstehende Niederlage? Die Kraft der Angriffe wurde schwächer.
Und nun war es an der Zeit für Eli, zurückzuschlagen. Seine Hand umfaßte das Amulett an seiner Brust. Er hielt es dem Vampir entgegen, der nur wenige Schritte von ihm entfernt stand.
Einen Augenblick wand Vojislav sich unter der Ausstrahlung des Amuletts. Einen Augenblick lang fühlte Eli die Furcht des anderen.
Und einen Augenblick war Eli von seinem Sieg überzeugt. Wenn er nur ein wenig mehr Kraft hätte! Wenn Maras Geist sich mit seinem vereinen würde! Aber wo war sie? Was war mit ihr? Weshalb erwiderte sie seine Rufe nicht?
War es dem Vampir doch irgendwie gelungen, sie zu vernichten? Angst um sie und tiefer Grimm unterbrachen einen flüchtigen Moment seine Konzentration. Und boten Vojislav den Angriffspunkt, den er suchte. Eli spürte, wie das Amulett ihm aus den Fingern glitt.
Auf rein geistiger Ebene hatte er den Vampir bekämpfen können. Aber ohne das Amulett – welchen Schrecken der Finsternis würde Vojislav ihn da aussetzen?
Ein teuflisches Lächeln spielte um die hungrigen Lippen des Vampirs, als das Amulett auf dem Boden aufschlug. Seine langen weißen Finger, Finger, deren Haut das Tageslicht nicht kannten, winkten. Er rief etwas in einer Sprache, die Eli nicht kannte.
Der entsetzlichste Gestank, den Eli je gerochen hatte, begann das Zimmer zu füllen. Es war der Gestank der Hölle selbst. Gestalten begannen sich zu formen, nebelhaft einstweilen. Gestalten, die nicht von dieser Welt waren. Geschmeidige, abstoßende Körper mit glühenden Augen, gewaltigen Hauern, peitschenden Schwänzen.
Als sie allmählich an Substanz gewannen, erfüllte ein gespenstisches Brüllen den Raum, oder vielleicht auch nur die Ohren Eli
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