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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Mann, der über jeden Zweifel erhaben ist. Er wird uns bestimmt helfen.«
    »Du kennst die Gegend?«
    »Natürlich.« Sie überquerte leichtfüßig den Bach auf einigen Steinen, die aus dem Wasser ragten. Vor ihnen lag ein Nadelgehölz, das sich wie ein grünes Kissen ins enge Tal schmiegte. »Ich habe einen Teil meiner Kindheit auf dieser Insel verbracht. Der Freund, den wir besuchen, ist der gute Dalmud. Er hat mich nach dem Tod meiner Eltern aufgenommen; seine eigene Frau war kurz vorher am Fieber gestorben. Nicht weit von hier liegt sein Dorf. Dalmud genießt hohes Ansehen in ganz Illúsion. Früher war er Abgeordneter des Illúsischen Kongresses, bis er sich aus Altersgründen aus der Politik zurückzog – das ist die offizielle Version.«
    »Gehört er zum Unsichtbaren Kreis? Ist er ein Rebell?« Leo rutschte vom vorletzten Stein, trat ins Wasser und sank mit dem zuvor verletzten Bein fast bis zum Knie ein. Als er es wieder herauszog, war der Blutfleck verschwunden.
    Orla ließ nicht erkennen, ob sie seine Ungeschicklichkeit oder die wundersame Reinigung der Jeans bemerkt hatte, sondern sprach einfach weiter. »Dalmud war in jungen Jahren ein tapferer Krieger. Er hat mir manchen Trick beigebracht. Ich habe aber persönlich nie erlebt, wie er sein Schwert Ariki benutzte – außer in Schattenkämpfen zur körperlichen Ertüchtigung. Seine mächtigste Waffe, der Geist, ist viel schärfer als jede Klinge. Er ist so etwas wie ein Vordenker für die Bewegung. Auch meinem Vater hatte er in Bezug auf Refi Zuls selbstzerstörerische
Herrschaft die Augen geöffnet. Ich fürchte, der Alte gibt sich die Schuld daran, dass ich ohne richtige Eltern aufwachsen musste. Vielleicht weiß er, wie wir an den König herankommen.«
    »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass Zul dir den Namen des Giftmischers verrät, der Dabelstein vergreist hat.«
    »Wäre das so wichtig, wenn er den Bann wegnähme, der Illúsion von der übrigen Menschheit abschottet?«
    Leo verharrte mitten im Schritt und stampfte wütend mit dem Fuß auf, der merkwürdigerweise schon wieder so gut wie trocken war. »Mein Schlamassel interessiert dich überhaupt nicht, oder? Weißt du, was ich denke? Du willst dich nur am Mörder deiner Eltern rächen.«
    Orla fuhr herum, stapfte zu ihm zurück und funkelte ihn an. »Das habe ich nicht gehört.« Ohne die Frage ihrer Motivation aufzuklären, marschierte sie weiter.
    Er blickte sehnsüchtig zum Traumtor hin, das mittlerweile auf Taschenwasserfallgröße geschrumpft war. Würde er jemals in sein altes Leben zurückkehren können? Leo seufzte, lief weiter dem Mädchen hinterher und rief: »Sorry, Orla. Ich bin als Mordverdächtiger noch ziemlich ungeübt. Mir ist gerade die Sicherung durchgeknallt.«
    Sie erreichte soeben die ersten Bäume des Wäldchens. Unvermittelt verharrte sie mitten im Schritt und drehte sich zu ihm um. Nicht etwa, um auf seine Entschuldigung zu antworten. Ihr glasiger Blick schien vielmehr durch ihn hindurchzugehen. Dann schloss sie die Augen.
    Leo hatte plötzlich das Gefühl, auf Wackelpudding zu stehen. Der Boden vibrierte heftig. Schlagartig wurde ihm bewusst, dass Orla nicht einfach ins Leere gestarrt, sondern zum Traumtor zurückgeblickt hatte. Von einer schlimmen Ahnung getrieben,
warf er den Kopf herum, gerade noch rechtzeitig, um die Katastrophe zu sehen.
    Die Hänge zu beiden Seiten des Wasserfalls gerieten in Bewegung. Ein, zwei Herzschläge lang eher schleppend, dann nahmen die Erdrutsche rasch an Fahrt zu. Mit donnerndem Getöse begruben sie unter sich das Tor.
    Trotz der Hitze überlief Leo ein eiskalter Schauer. »Sag mal, bist du das eben gewesen?«
    »Ja. So kann uns niemand folgen«, antwortete sie trotzig und deutete mit der Hellebardenspitze auf ein Rinnsal in dem Haufen Sand und Geröll. »Wasser besitzt viel Kraft. Irgendwann wird sich das Tor wieder öffnen.«
    »Und bis dahin sitzen wir im Reich des Bösen fest. War das wirklich nötig?«
    »Absolut. Vielleicht hörst du jetzt endlich damit auf, das Tor anzuschmachten.« Ein milder Zug erschien auf ihrem Gesicht. »Du kannst nichts dafür, dass du bist, was du bist, Leo. Aber es ist dumm, vor der Wahrheit die Augen zu verschließen. Auf der anderen Seite des Drusentores erwartet dich der sichere Tod. Refi Zul hat lange genug mit Mord und Intrigen gegen uns gekämpft. Dich soll er nicht auch noch kriegen. Hier könntest du mit deiner Gabe etwas für Illúsion und für dich tun. Wenn ich die Traumquellen zerstöre oder

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