Das Geheimnis der Wellen
euch ohne meinen Anwalt, ohne Polizei, sozusagen inoffiziell. Aber ich finde, ihr habt ein Recht, es zu erfahren, und zwar von mir.«
»Ich weiß, dass du sie ermordet hast.«
»Willst du nicht wissen, was an jenem Abend passiert ist? Wie und warum es passiert ist?«
Bevor Eli etwas sagen konnte, legte Abra ihre Hand auf seine. »Ich würde es gern wissen.«
»Da ist es wieder, dieses ausgleichende Element. Du wärst gegangen, Eli, weil du so wütend bist. Aber sie hilft dir zu bleiben, weil dir das helfen wird, mit allem abzuschließen. Soweit das überhaupt möglich ist.«
»Du wolltest sie unbedingt zur Rede stellen«, hob Abra an.
»Hättest du das etwa nicht getan? Justin hat angerufen und mir gesagt, er habe seine Meinung geändert. Wir sollten die Kinder erst später informieren. Lindsay sei außer sich, weil du mit ihr gestritten hättest. Deshalb müssten sie dringend für ein paar Tage verreisen. Er müsste sie begleiten. Immer ging es nur um sie und um ihn. Was seine Familie gebraucht hätte, spielte gar keine Rolle. Ich glaube, die beiden haben jeweils das Schlechteste im anderen hervorgebracht«, sagte Eden. »Ihre selbstsüchtigsten Persönlichkeitsanteile.«
»Damit könntest du recht haben.« Eli drehte seine Hand, um Abras zu nehmen.
»Also bin ich zu ihr, um sie zur Rede zu stellen. Ich wollte sie zur Vernunft bringen. Ich war bereit, sie anzuflehen. Sie war nach wie vor sehr wütend über euren Streit, über das, was du ihr an den Kopf geworfen hattest. Im Nachhinein hatte sie vielleicht ein schlechtes Gewissen. Deshalb hat sie mich reingelassen, mich mit in die Bibliothek genommen. Sie wollte Klartext reden, reinen Tisch machen, um mit Justin ein neues Leben zu beginnen. Egal, was ich gesagt habe, nichts konnte sie umstimmen. Unsere Freundschaft hat ihr nichts bedeutet, meine Kinder haben ihr nichts bedeutet. Auch nicht meine Ehe oder das Leid, das sie über uns bringen würde. Ich habe sie angefleht, mir meinen Mann, den Vater meiner Kinder, nicht wegzunehmen. Da meinte sie nur, ich solle endlich erwachsen werden. So sei es nun mal und damit basta. Sie hat mir furchtbare Dinge an den Kopf geworfen, grausame, boshafte Dinge. Sie hat mich einfach so abgefertigt.«
Nach einer kurzen Pause faltete Eden die Hände auf dem Tisch. »An den Rest kann ich mich nur verschwommen erinnern. Ich stand neben mir, habe gesehen, wie eine andere nach dem Schürhaken greift und zuschlägt. Ich habe die Beherrschung verloren.«
»Das könnte funktionieren«, sagte Eli gelassen. »Wenn dein Anwalt seine Sache genauso gut macht wie du.«
»Er ist ausgezeichnet, trotzdem: Ich habe das Haus nicht betreten, um ihr etwas zuleide zu tun, sondern, weil ich sie anflehen wollte. Und als ich wieder zur Besinnung kam, als es zu spät war, habe ich an meine Familie, an meine Kinder und die Folgen für sie gedacht. Ich konnte nicht ungeschehen machen, was ich in einem Anfall von geistiger Umnachtung angerichtet hatte. Ich konnte nur meine Familie schützen. Also bin ich nach Hause gefahren, habe die Kleidung zerschnitten, die ich anhatte, die Fetzen in eine Tüte getan, sie mit Steinen beschwert und vor der Stadt in den Fluss geworfen. Dann bin ich zurückgekehrt und habe angefangen zu kochen. Als Justin kam, war er ganz hysterisch. Da habe ich begriffen, dass wir uns gegenseitig schützen können. So, wie es eigentlich sein sollte. Wir würden versuchen, all das hinter uns zu lassen und unsere Ehe zu retten. Ich hatte das Gefühl, dass er mich braucht. Lindsay hätte ihn vollkommen zugrunde gerichtet. Ehrlich gesagt, hatte sie es bereits getan. Das, was sie von ihm übrig gelassen hat, war ein Mann, den ich nicht mehr reparieren, nicht mehr retten konnte. Ich habe ihn gehen lassen und ansonsten nur noch getan, was ich tun musste, um mich zu schützen.«
»Du hast zu ihm gehalten und zugelassen, dass deine Tat Elis Leben zerstört hat.«
»Mir waren die Hände gebunden, gleichzeitig hat es mir aufrichtig leidgetan, dass jemand, der genauso hintergangen worden war wie ich, so viel verlieren musste. Aber letztlich habe nicht ich sein Leben ruiniert. Dafür hat Lindsay gesorgt. Sie hat sein Leben, mein Leben und Justins ruiniert. Meine Kinder werden die Folgen tragen müssen.«
Ihre Stimme zitterte und festigte sich dann wieder. »Selbst wenn sich mein Anwalt mit dem Staatsanwalt einigen kann, worauf ich hoffe, werden sie von der Sache gezeichnet sein. Ihr beide dagegen könnt alles wieder ausgleichen, habt die Chance
Weitere Kostenlose Bücher