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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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pflegte, eine Dusche nahm und mich entspannte. Aber in der Praxis kam es selten zu einer solchen Atempause. Auch heute nicht. Mein Telefon summte schon, als ich das Jackett kaum ausgezogen und mich umgesehen hatte.
    »Mister Fabbio?«
    »Am Apparat.«
    »Hier spricht Mrs. Taylor. Große Katastrophe! Ich habe sämtliche Päckchen mit meinen Florentiner Einkäufen in unserem Hotel in Perugia liegen lassen.«
    Ich hätte es wissen müssen. Sie hatte in Genua einen Mantel, in Siena ein Paar Überschuhe vergessen und darauf bestanden, daß die Sachen, die sie südlich von Rom nach menschlichem Ermessen niemals brauchen würde, telefonisch nach Neapel dirigiert wurden.
    »Das tut mir leid, Mrs. Taylor. Was enthielten die Päckchen denn?«
    »In der Hauptsache zerbrechliche Gegenstände. Auch zwei Gemälde, eine Statuette, Michelangelos David, dann Zigarettenetuis …«
    »Machen Sie sich keine Gedanken, Mrs. Taylor. Ich werde mich um die Sachen kümmern. Zunächst einmal rufe ich in Perugia an und sorge dafür, daß man die Päckchen an unser Büro in Genua schickt und daß sie dort bis zu Ihrer Rückkehr aufbewahrt werden.«
    Sie ließ es aber dabei nicht bewenden. Die Stimme im Apparat plätscherte weiter. Sie wisse genau, wo sie die Sachen habe liegen lassen. In der Damen-Garderobe stand ein Stuhl, vom Eingang gesehen, linker Hand. Möglicherweise hatte jemand anders die Päckchen an sich genommen und, wenn ja …
    »Ich werde das sofort in Perugia klären lassen, Mrs. Taylor, auf der Stelle!«
    Es hing davon ab, wieviel sie im Empfang zu tun haben, ob es praktischer war, die Angelegenheit durchs Hotel erledigen zu lassen, oder mich selbst an die Strippe zu hängen. Besser, ich nahm sie selbst in die Hand. Im Endeffekt würde ich Zeit dabei sparen.
    Was Mrs. Taylor betraf, so hatte ich sie als eine zerstreute Person im gleichen Augenblick eingestuft, als sie zu uns stieß. Sie schleppte einen halben Haushalt mit sich herum. Brillen, Kopftücher, Ansichtskarten rutschten ununterbrochen aus ihrer Mammut-Handtasche. Eine typisch englische Eigentümlichkeit, eine Kollektiv-Schwäche.
    Abgesehen davon hatte man mit den ›Beef-Essern‹ wenig Ärger, obwohl sie in ihrer Sucht nach Sonne sehr viel leichter zu einem Sonnenbrand kommen als andere Nationalitäten. Mit nackten Armen, nackten Beinen, in Shorts und Baumwollröcken lassen sie sich schon am ersten Reisetag puterrot rösten, und an mir ist es dann natürlich, sie zur nächsten Drogerie zu schleppen, um Salben und Tinkturen einzukaufen.
    Das Telefon summte schon wieder. Es handelte sich nicht etwa um meine Anmeldung nach Perugia. Einer der ›Barbaren‹ war am Apparat. Wieder eine Dame. Wie sollte es anders sein! Die Ehemänner stören mich fast nie.
    »Mr. Fabbio?«
    »Bitte sehr!«
    »Dreimal dürfen Sie raten! Es ist ein Junge!«
    Ich dachte blitzschnell nach. Die ›Barbaren‹ pflegen einem ihre Lebensgeschichte schon in Genua, am ersten Abend, zu servieren. Wer von ihnen erwartete doch gleich das erste Enkelkind, fern in Denver, Colorado? Ach richtig, Mrs. Hiram Bloom.
    »Herzlichen Glückwunsch, Mrs. Bloom! Das muß natürlich groß gefeiert werden.«
    »Natürlich! Ach, ich bin so aufgeregt, daß ich gar nicht weiß wohin!«
    Ihre Entzückensschreie sprengten mir fast das Trommelfell.
    »Also, ich möchte nur Sie dabei haben und ein, zwei von den anderen. Auf einen Drink an der Bar, mit Mr. Bloom und mir, kurz vor dem Essen, damit wir anstoßen können auf den kleinen Kerl. Wollen wir sagen siebenfünfzehn?«
    Das verkürzte meine Freizeit um eine halbe Stunde, und das Gespräch nach Perugia war auch noch nicht durch. Aber da war gar nichts zu machen. Erst kam der Dienst am Kunden!
    »Sehr liebenswürdig, Mrs. Bloom. Ich werde erscheinen. Und Ihre Frau Schwiegertochter? Sie ist hoffentlich wohlauf?«
    »Es geht ihr fabelhaft. Ganz großartig!«
    Ich legte auf, bevor sie dazu kam, das Telegramm im Wortlaut zu verlesen. So würde ich immerhin noch Zeit zum Rasieren haben und mit etwas Glück sogar für eine Dusche. Mit Einladungen seitens der Klienten muß man sehr vorsichtig sein. Eine Geburtstags- oder eine Hochzeitsfeier geht in Ordnung, und die Ankunft eines Enkelkindes auch. Aber damit ist auch ziemlich Schluß, oder es gibt böses Blut.
    Diejenigen, die es sich nicht leisten können, unsereinen freizuhalten, bilden sich prompt ein, die anderen, die, die können, würden daraufhin bevorzugt behandelt. Die Gruppe spaltet sich auf, zerfällt in Parteien,

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