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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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gereizt. Sicher, die Argumente meines Freundes klangen einleuchtend, aber aus irgendeinem Grund mochte ich nicht von meiner Theorie lassen.
    »Ihr meint also, das alles ist lediglich ein Zufall, und das Fresko zeigt eine ganz gewöhnliche christliche Familie, die miteinander das Brot bricht?«
    »Höchstwahrscheinlich, denn in der Wand mit diesem Bild
befinden sich Familiengräber - seht Ihr? Die Verstorbenen, die in diesen Kammern ruhen, tragen alle denselben Namen, alle... Lasst mich kurz zählen... Ja, es sind sieben.«
    Jesu. »Verdammtes Pech, gleich sieben Söhne zu verlieren.«
    »Ja, die Gläubigen lebten damals in einer gefährlichen Zeit...« Er brach ab. »Was habt Ihr gerade gesagt?«
    Ich fürchtete, meine flapsige Ausdrucksweise hätte seinen Unmut erregt, dabei hatte ich gar nicht respektlos klingen wollen, denn nachdem ich Severas Geschichte gehört hatte, berührte mich das Schicksal dieser Menschen, die vor so vielen Jahrhunderten zu Staub zerfallen waren, stärker, als ich es je für möglich gehalten hätte. »Ich meinte nur... Sieben Söhne zu verlieren, muss...« Ich kam nicht dazu, den Satz zu beenden.
    »Möge mich der Blitz des Herrn treffen, weil ich so blind gewesen bin!« Bruder Guidos Stimme hallte in den Katakomben wider. Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, war ihm etwas entschlüpft, was einem Fluch sehr nahe kam. »Natürlich! Nicht die siebte Sonn’!«
    »Bitte?«
    »Der siebte Sohn! Nicht die siebte Sonne!«
    Jetzt verstand ich gar nichts mehr. »Die Worte klingen ziemlich ähnlich.«
    »Aber sie werden anders geschrieben«, gab er zurück. »Don Ferrante hat sehr leise und daher undeutlich gesprochen. Er meinte Söhne, wie Söhne und Töchter, nicht Sonne, wie Sonne und Mond.«
    Ich zog die Brauen hoch. »Ihr meint, er will uns unter dem siebten Sohn treffen? Das ergibt ja noch weniger Sinn als unter einer Sonne.«
    Bruder Guido tigerte so rastlos in der Gruft auf und ab wie ein Opiumsüchtiger auf der Suche nach Mohn. »Ganz und gar nicht. Jetzt ist mir alles klar. Er wird in dieser Inschrift sogar namentlich genannt! Der Name des siebten Sohnes, unter, das Imperium, der Sol-Invictus-Kult - es passt alles zusammen!«

    »Der Himmel mag wissen, wovon Ihr sprecht, ich tue es jedenfalls nicht. Wer wird namentlich genannt? Wer ist er?«
    »Das erkläre ich Euch später. Wir haben nicht mehr viel Zeit, denn die Glocke der Basilika hat eben wieder geläutet. Uns bleibt weniger als eine Stunde. Kommt mit!«
    »Wo?«
    »Wohin«, kam es prompt zurück. Die Zeit, mich zu verbessern, fand er immer, stellte ich missmutig fest. »Wir gehen zur Stadtmitte zurück. Zum Forum, dem Mittelpunkt des antiken Rom.«
    Ich hielt ihn am Ärmel zurück, ehe er ohne jegliche Rücksicht auf mich in die Nacht hinausstürmen konnte. »Und was ist mit unserem silberäugigen Aussätzigen? Können wir wirklich sicher sein, dass er uns nichts antut? Und dass er Eure wahre Identität nicht kennt? Was, wenn wir uns irren, und er geht zu Don Ferrante und enttarnt Euch?«
    Bruder Guido drehte sich um und nahm mich bei den Schultern. »Luciana. Wir haben keine andere Wahl. Nehme ich an dem Treffen teil, besteht die Gefahr, dass er mich verrät. Aber wenn ich um Mitternacht nicht dort erscheine, verrate ich mich selbst.«
    Wie Phantome huschten wir durch die Nacht; unsere schwarze Kleidung ließ uns mit der Dunkelheit verschmelzen und zu Schatten werden.
    An jeder Ecke hielt ich nach dem Aussätzigen Ausschau, rechnete damit, jeden Moment in seine silbernen Augen zu blicken oder seine Gewänder rascheln zu hören. Aber er war nirgendwo zu sehen, wir trafen nur auf ein paar Nachtschwärmer, die uns gutmütig anstießen, aber nicht aufhielten. Als wir das alte Stadtzentrum erreichten, beschleunigten wir unsere Schritte, denn Mitternacht rückte immer näher. Endlich gelangten wir zu einer mächtigen Ruine, die im Licht des jetzt wieder vollen Mondes silbrig schimmerte. Wie eine verlorene Welt lag sie da, eine verfallene Elfenstadt, eine Ruhestätte von Kaisern. Ich wusste schon, dass wir den richtigen Ort gefunden
hatten, noch bevor ich Bruder Guido »Das Forum« flüstern hörte. Nichts hätte besser zu Don Ferrante passen können. Ein angemessener Spielplatz von Königen, dachte ich spöttisch. »Das Ding ist ganz schön groß«, murmelte ich laut. »Wir könnten sie verfehlen.«
    »Nein«, widersprach Bruder Guido. »Der König hat sich sehr präzise ausgedrückt. Unter dem siebten Sohn. Der siebte Sohn einer Familie

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