Das Geheimnis Des Frühlings
Fragmente von Ideen so schnell wieder zu verwerfen, wie sie uns gekommen waren. »Könnte es... Gibt es einen Tempel oder Palast, an dessen Decke sieben Sonnen gemalt sind?«, fragte ich verzagt.
»Vielleicht. Aber wir würden ihn nie rechtzeitig finden.« Wieder machte sich Schweigen breit.
»Vielleicht...«, schlug er nun seinerseits vor, »hat es irgendetwas mit den Monaten des Jahres zu tun. Die Primavera ist schließlich eine Jahreszeit - der Frühling.«
»Und?«, versetzte ich bockig, denn mein Hinterteil begann auf dem kalten, feuchten Stein zu schmerzen, und ich ärgerte mich, dass er meine Freskoidee so einfach abgetan hatte.
»Vielleicht ist die siebte Sonne der siebte Monat. Sept ember.«
»Brillant«, spottete ich. »Es ist Juli, und wir treffen uns dann um Mitternacht im September!«
Er ließ betreten den Kopf sinken, und wir verfielen erneut in Schweigen.
Dann ergriff ich das Wort. »Ihr sagtet, Rom wäre auf sieben Hügeln erbaut worden. Könnte das Treffen der Sieben unter dem siebten stattfinden?«
Seine Miene hellte sich auf. »Der siebte Hügel. Es könnte sein. Aber ein Hügel hat nichts mit der Sonne zu tun.«
»Die Sonne geht darüber auf.«
Er zuckte die Achseln. »Vielleicht. Etwas Besseres fällt mir im Moment auch nicht ein.«
»Welcher ist dann der siebte?« Meine Stimme zitterte vor Hoffnung.
»Ich könnte Euch die Namen aller sieben nennen, aber es besteht keine Möglichkeit herauszufinden, welcher denn nun der siebte ist, denn Gott hat die ganze Erde an einem Tag erschaffen.« Er kratzte sich am Kinn. »Ich bin mir ziemlich sicher, welcher als der erste bezeichnet werden würde, denn der Legende zufolge wurde Rom von Romulus auf dem Palatin gegründet. Aber was den letzten betrifft, bin ich ratlos. Die anderen heißen - lasst mich überlegen - Aventin, Kapitolin, Quirinal, Viminal, Esquilin und Caelius.«
Einmal mehr kam ich nicht umhin, sein enormes Wissen zu bewundern, auch wenn es uns im Moment nicht weiterhalf. »Aber wir suchen nach einem, unter den man druntergehen kann«, erinnerte ich ihn. »Das kann doch sicher nicht auf alle zutreffen.«
Er schüttelte den Kopf. »Leider doch. Alle Hügel können unterhöhlt sein. Diese Gruft hier, in der wir Zuflucht gesucht
haben, ist nur einer von Myriaden unterirdischer Gänge in Rom. Tatsächlich« - seine blauen Augen flammten erneut auf- »befinden wir uns just in diesem Moment unter einem Hügel. Habt Ihr den alten Erdwall nicht gesehen, als wir durch die Tür gegangen sind?«
»Ihr wollt also sagen, dies hier könnte einer der Hügel sein?« Ich deutete auf die Decke über mir und blickte mich zum ersten Mal richtig um. Ich war so in unsere verzweifelte Suche nach dem Treffpunkt verstrickt gewesen, dass ich meiner Umgebung keinerlei Beachtung geschenkt hatte. Ich sprang auf. »Was ist das hier?«
Er erhob sich gleichfalls und unterstrich wie ein Schauspieler seine Worte mit Gesten. »Ein Labyrinth der Toten. Die Katakomben.«
Ich leckte mir über meine sich plötzlich wie ausgedörrt anfühlenden Lippen. »Ein Labyrinth der... der... der Toten?« Mir lief ein Schauer über den Rücken.
»Ganz recht«, erwiderte er gelassen. »Diese ganzen Hohlräume« - er deutete auf die in regelmäßigen Abständen in die Wand eingelassenen rechteckigen Löcher - »sind Gräber. Wenn Ihr genau hinseht, könnt Ihr noch Knochen darin sehen, und manchmal auch Überreste der Leichentücher.«
Ich wich entsetzt vor diesem Leichenhaus zurück.
»Und sie werden sogar in diesen modernen Zeiten noch respektiert. Seht, die Grablichter brennen noch.«
Es war mir herzlich egal, ob die Kerzen brannten oder nicht, ich wollte nur aus diesem Beinhaus weg, und meine Furcht musste sich in meinem Gesicht widergespiegelt haben.
»Habt keine Angst. Der Tod birgt für die, die an ein Leben danach glauben, keinen Schrecken.«
Aber ich war mir nicht sicher, ob ich zu diesen Leuten gehörte.
»Denkt nur an San Lorenzo und seine Qualen. In den Katakomben gibt es viele Gräber, das ist richtig, aber es gibt auch Frieden und Hoffnung.«
In diesem Punkt musste ich ihm widersprechen. »Es ist ziemlich unheimlich hier unten, wenn Ihr mich fragt.«
»Findet Ihr? Ich empfinde nur großen inneren Frieden, denn dies war einst ein Ort tiefen Glaubens.«
»Wie meint Ihr das?«
»Die ersten Christen haben zu der Zeit, als die Römer noch ihre heidnischen Gottheiten verehrten, hier gebetet und ihre Messen abgehalten. Damals stand auf das Aussprechen des
Weitere Kostenlose Bücher