Das Geheimnis des Goldmachers
er sein Leben ausgehaucht hat,
und nichts anderes als Ketzer seid auch Ihr für die arglosen Dominikaner hier
in diesem Kloster. Glaubt mir, keiner wird herbeieilen, um Euch beizustehen«, rief
er in den Brunnen hinunter, dann ließ er sich nieder und schwieg.
Indessen war Robert
damit beschäftigt, den Kopf seines Freundes über Wasser zu halten.
»Allzu lange kann das
nicht gut gehen!«, sagte er heftig wassertretend zu Osman und hielt rücklings unterfassend
dessen Kopf über dem eisigen Nass. Ich bin mit meinen Kräften am Ende, wir
müssen eine andere Lösung finden.«
Robert schaute sich den
Brunnen genauer an: Die von Algen übersäten Wände waren nahezu fugenlos und
äußerst glitschig, unmöglich also, sich daran festzukrallen. Der Brunnen, wenn
es sich denn überhaupt um einen Brunnen und nicht um ein grausam ersonnenes
Folterinstrument handelte, war rund und hatte einen Durchmesser von ungefähr
zehn Fuß, sodass man sich auch nicht zwischen den Wänden festklemmen konnte.
Die Distanz nach oben bis zum Rand schätzte Robert auf ungefähr acht bis neun
Fuß, nach unten war das Wasser tiefer als er stehen konnte, mehr musste und
mehr wollte Robert gar nicht wissen.
»Hör zu, mein Freund«, erklärte er
schließlich, und seiner Stimme war die Anstrengung deutlich anzuhören, »ich
denke, du bist inzwischen alt genug, um endlich das Schwimmen zu erlernen!«
»Bist du närrisch? Wie soll das
gehen von jetzt auf gleich?«
»Wirf einen Hund ins Wasser, und
er schwimmt ebenso wie jedes andere Tier. Lernen brauchst du nichts, nur deiner
Angst vor dem Wasser unter deinen Füßen musst du begegnen.«
Osman nickte stumm, obwohl seine
Miene alles andere als überzeugt oder gar zuversichtlich wirkte.
»Schau, es ist ganz simpel«, fuhr
Robert fort, »allein schon die Luft in deiner Brust hält dich über Wasser. So
musst du eigentlich nichts anderes tun, als deinen Kopf oben zu halten und kein
Wasser zu schlucken!«
»Aha, nicht untergehen ist also
des Rätsels Lösung!«, erwiderte Osman mit spitzer Zunge, »damit freilich
verrätst du selbst mir als Laien nichts Neues.«
Robert schaute entnervt, obwohl er
bereits vorab gewusst hatte, dass es nicht leicht werden würde. Da ihn jedoch
allmählich die Kraft verließ, wagte er rasch noch einen zweiten Versuch.
»Hast du schon mal Trauben
getreten, um daraus Wein zu gewinnen?«
»Du weißt noch, dass du mit einem
Moslem sprichst?«
»Sicher, wie dumm von mir«,
seufzte Robert. »Nun, wenn man Trauben stampft, so macht man das ganz ruhig und
langsam, um aus ihnen auch den letzten Rest Saft herauszupressen. Man tritt auf
und nieder, ganz sanft und ohne Eile. Und ebenso musst du im Wasser treten,
gern auch die Arme bewegen wie ein Vogel im Flug, nur eben ein gutes Stück
langsamer und frei von Hast. Dann wirst du deinen Kopf, ohne viel Kraft
aufzuwenden, mühelos über dem Wasser halten können. Vertrau auch immer deiner
mit Luft gefüllten Lunge, sie wird dich ebenso oben halten!«
»Das hört sich wirklich einfach
an, wäre da nur nicht die Angst vor dem Nichts unter meinen Füßen. Nun, ich
werde es versuchen! Einen besseren Zeitpunkt zum Schwimmen lernen kann es
schließlich gar nicht geben!«
Und so begann Osman zu treten und
mit den Armen zu rudern, anfangs ängstlich und viel zu schnell, doch nach einer
Weile und einigen mahnenden Worten seines Freundes ließ er es dann schließlich
ruhiger angehen.
»Herr im Himmel, du kannst
schwimmen!«, rief Robert erfreut.
»Ich komme zwar keinen Zoll voran,
doch wenigstens gehe ich nicht unter«, antwortete Osman außer Atem.
»Meinst du, es so eine Weile
durchzuhalten?«
»Ich denke schon. Doch wie soll es
nun weitergehen? Unser Leben haben wir noch lange nicht …«
Robert gab Osman Zeichen, still zu
sein, dann lauschten beide. Deutlich war von oben ein Schnarchen zu hören.
»Auch Johann scheint diese Nacht
nicht geschlafen zu haben, vermutlich suchten er und seine Spießgesellen uns
ebenso wie die Stadtwächter. Das soll dir und mir nur recht sein!«, sagte
Robert, während seine Augen bereits nach einer Möglichkeit Ausschau hielten,
der Falle zu entkommen. Ein Rundholz, quer über den Brunnenrand gelegt und
vermutlich als Spindel für die Leine eines Schöpfeimers gedacht, erregte
Roberts Aufmerksamkeit. Kurz hielt er inne, um Kraft zu schöpfen, dann
schnellte er so weit es ihm möglich war aus dem Wasser heraus, doch fehlten
seinen Fingerspitzen immer noch mehrere Fuß bis zum Holz.
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