Fesselndes Geheimnis
Vorgeschichte 1985
Die abgehackten Schreie waren ohrenbetäubend, gingen durch Mark und Bein und waren auch noch drei Räume weiter in einer Lautstärke zu hören, die in den Ohren schmerzte. Die Töne trugen die Qualen der nackten Frau, die sich auf dem altarähnlichen Tisch gegen ihre Fesseln aufbäumte, mit sich. Sekunden später verlor die Frau den Kampf gegen ihr eigenes Verlangen, versuchte sich noch einen Moment aufzulehnen; doch schon lief eine unkontrollierbare Zuckung, ein ungehemmter Orgasmus durch ihren Körper. Ihre gequälten Lustschreie verwandelten sich unter den kundigen Händen ihres dominanten Meisters in ein gutturales Stöhnen. Er hielt die hellfarbige Altarkerze hoch in die Luft und wartete, bis die Frau auch diesen Höhepunkt verkraftet hatte. Bis jetzt hatte er ihre zartesten Stellen verschont. Jetzt jedoch wanderte er gemessenen Schrittes an das Kopfende des Tisches, blickte in die weit aufgerissenen Augen seines willigen Opfers und lächelte.
Dieses Lächeln ließ sie erschauern und abermals wild mit den Fesseln kämpfen.
»Ruhig.« Es kam ganz leise, und er sagte es fast ohne die Lippen zu bewegen.
Sie gehorchte, aber ihr Körper bebte, ihre Brüste wogten heftig. Dann, mit einem zärtlich-grausamen Lächeln, neigte der Meister die Kerze waagerecht über den Oberkörper der Frau, goss das flüssige Wachs genau auf die Höfe und die Spitzen ihrer Brüste. Sie schrie bereits, noch bevor die heißen Tropfen ihre Haut berührten und sengenden Lustschmerz durch ihren Körper jagten … stöhnte dann durchdringender denn je.
Die Zuschauer, von der geschickt inszenierten Beleuchtung verborgen,seufzten hingerissen. Einigen schien es sichtlich schwer zu fallen, dem abendlichen Ritus entsprechend, am Rande des kreisförmigen, roten Saales stehenzubleiben und sich zurückzuhalten.
Der Meister gab nun seinen beiden »Gesellen« einen Wink, und sie banden die Beine der zitternden Frau los, aber nur, um sie ihr zu spreizen und zurückzubiegen, so dass ihre sauber rasierte, rosenfarbige Scham offen präsentiert wurde – als dann streichelte und peinigte der Meister ihre Schamlippen durch sanfte Peitschenschläge mit einer weichen, vielriemigen Wildlederpeitsche, bis sie keuchte. Dann nahm er wieder die Kerze, um sie nun über die gerötete Haut ihres empfindsamsten Körperteiles zu halten. Die Zuschauer atmeten tief ein, kollektiv.
Endlich gelang es E. – als Einzigem – seinen Blick von der verzückten Schönheit, die sich in immer neuer Pein wand und in immer intensivere Wonnen stürzte, abzuwenden. Trotzdem ließ auch ihn das Gesehene nicht kalt. Seine Libido klopfte in Synkopen durch seine Adern und das Verlangen ließ seine Knie weich werden, als er durch den Flur ging. Der Korridorboden war mit lapislazulifarbenen Teppichen belegt, in die schwache Goldmuster hineingewebt waren; Seidentapeten in gebrochenem Weiß schmückten die Wände, an denen in regelmäßigen Abständen schlanke Podeste standen. Darauf befanden sich – in Augenhöhe platziert – abwechselnd Bronze- und Steinfiguren, sämtlich in erotischen Posen.
E. blieb kurz vor einer Figur stehen, die Aphrodite und Ares zeigte, während des Liebesaktes aneinander gefesselt durch die Seile des eifersüchtigen Hephaistos. Er betrachtete das gefesselte Bronzepaar gedankenverloren. Unmittelbar neben diesem Podest verhüllte ein halb transparenter Vorhang eine geschlossene Tür.
Ein schriller Lustschrei drang wieder aus dem kreisrunden Zeremonienraum zu ihm, als er sich mit zitternden Händen versicherte, dass der Gegenstand noch immer in seiner Aktentasche war. Im Inneren der Tasche ertastete er außerdem eine Seidenbinde.
Er schob den Vorhang zur Seite, so dass die goldenen Vorhangringe leise klingelten und der Stoff raschelte. Dann erst öffnete er die Tür, die durch ihre verzierte Goldumrahmung und das künstlerische 3-D-Bild des Dahinters wie ein Bilderrahmen wirkte – und betrat eine neue Welt.
Der zurückgeschobene Vorhang bedeutete nun, dass die Menschen in der Räumlichkeit dahinter ungestört bleiben würden.
Hatten sich eben Lust und Verlangen in jedem Partikel der Luft befunden, so war die Atmosphäre dieses Raumes mit knisternder Erwartung gefüllt.
Das weitläufige, luxuriöse Zimmer war fast sparsam, aber mit umso wertvolleren Einzelstücken möbliert: Ein Glastisch auf geschwungenen Eisenfüßen, darauf eine schneeweiße Porzellanvase mit einer einzelnen Straußenfeder, ein korallroter Samtsessel, antik, kurzer
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