Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman
ich ihr neulich, ganz vorsichtig, einen Vorschlag in dieser Richtung machte, hat sie mich fast gefeuert. Der König ist übrigens auch nicht besser. Beide wollen ihre Jugendlichkeit vermutlich für die nächsten fünfzig Jahre erhalten. Sonst haben sie wenig im Kopf. Wenn wir Prinz Dorvid nicht hätten, würde unser Land von niemandem regiert.«
»Prinz Dorvid ist doof.« Rafaela zog eine Schnute. »Er macht immer so ein ernstes Gesicht und schön ist er auch nicht!«
»Hüte deine Zunge, Hexenkind«, warnte Graviata und drohte mit dem Finger. »Es ist der Kronprinz, von dem du sprichst. Pass auf, dass ihm solch respektlose Worte nie zu Ohren kommen!«
»Wann sollten ihm wohl je meine Worte zu Ohren kommen?«
»Das könnte schneller geschehen, als du glaubst.«
»Was meinst du damit?«
Graviata druckste ein wenig herum. »Wir ziehen um!«, platzte sie dann heraus. »Der Kronprinz hat mich zur Palasthexe ernannt! Wir ziehen in die Stadt!«
Erst waren alle still. Dann brachen Rafaela in Jubel und Lulu in Tränen aus.
»Was ist mit dir, Lulu?«, fragte Graviata alarmiert. »Ich dachte, du würdest dich freuen. Du warst doch immer so glücklich, wenn du mich in die Stadt begleiten durftest!«
»Die Tiere«, schluchzte Lulu. »Was wird dann aus den Tieren und den Gobblings?«
»Ach, du Dummerchen!«, lachte Graviata erleichtert. »Die Tiere nehmen wir natürlich mit. Ich habe das Wort des Prinzen, dass sie genauso willkommen sein werden wie wir Menschen. Glaubst du wirklich, ich würde unsere Tiere im Stich lassen? Und die Gobblings werden uns vermutlich auch begleiten, oder?«
Sie hob ihr Glas und sah sich herausfordernd im Raum um. Überall saßen die winzigen Leutchen, blitzten herausfordernd zurück und hoben ihre Hände, als hielten sie Gläser darin.
»Wir werden ein Haus haben«, fuhr Graviata fort, »ein feines Haus, größer und schöner als dieses. Es steht in den Palastgärten, ein wenig abseits in einem besonderen Teil der Gärten, einem besonders hübschen, wie ich finde. Es gibt einen Teich. Sogar deine neue Freundin, wie heißt sie noch gleich …«
»Corina.«
»Corina, die Krähe, kann mitkommen, wenn sie will. Zufrieden?«
Lulu nickte tapfer. Aber sie war nicht zufrieden. Ihre Sorge um die Tiere und die Gobblings war nur vorgeschoben. Sie wusste selbst, dass Graviata nie ihre Tiere im Stich lassen würde. Sie gehörten zur Familie. Und die Gobblings taten sowieso, was sie wollten. Es war die Veränderung, die ihr Angst machte. Der Schein kündige eine Veränderung an, sagte man. Sie hatte so sehr gehofft, dass es nicht stimmte. Und nun kam Graviata mit diesen Neuigkeiten! Lulu wollte keine Veränderung, sie wollte, dass alles so blieb, wie es war. Doch sie schluckte ihre Befürchtungen hinunter. Noch war nicht die Zeit, davon anzufangen. Jovinda hatte ihr zwar nicht ausdrücklich befohlen, mit ihrer Mutter nur unter vier Augen zu sprechen, aber Lulu hatte das sichere Gefühl, dass die Alte es so gemeint hatte.
»Dann hat er sich also umstimmen lassen?«, fragte Larabelle.
Graviata nickte. »Seit drei Jahren, seit er achtzehn ist, versuche ich dem Kronprinzen klarzumachen, dass äußere Schönheit und eine ernsthafte, verantwortungsvolle Gesinnung sich nicht ausschließen müssen. Aber er hat eine Behandlung immer abgelehnt. Vermutlich hat er sich schon als Kind geschworen, nie zu werden wie seine Eltern.«
»Und was hat seine Meinung geändert?«
»Er hat sich verliebt.«
»Ah«, nickten Larabelle und Rafaela verständnisvoll.
»Was ihm am meisten Sorge macht«, fuhr Graviata fort, »sind sein schütteres Haar und seine picklige Haut. Ich habe ihm für den Anfang ein paar Mittelchen gemixt und ihm genau beschrieben, wie er sie in den kommenden vier Wochen, während der Hof in der Sommerfrische weilt, anwenden soll. Danach kann ich mit der eigentlichen Behandlung beginnen, aber dazu muss ich jeden Tag mit ihm arbeiten. Und aus diesem Grund ziehen wir in die Stadt. Heute in vier Wochen geht’s los!«
»Wie wunderbar für euch alle!«, rief Larabelle. »Dein Geschäft wird aufblühen, du wirst dich vor neuen Kunden kaum noch retten können. Und ihr Mädchen werdet die Stadt lieben. Da könnt ihr ein ganz anderes Leben führen als hier im Wald!«
»Das wird ein tolles Leben«, hauchte Rafaela glücklich.
Lulu kannte Prinz Dorvid nicht. Sie wünschte ihm eigentlich nichts Schlechtes, aber sie wäre verdammt froh, wenn er mit einer Glatze und eitrigen Furunkeln aus den Ferien
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