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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette John
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zurückkäme und keinen Wert auf eine weitere Behandlung durch ihre Mama legte. Dann müssten sie nicht in die Stadt ziehen. Sie schloss die Augen und betete stumm die geheime Botschaft her, bis sie Graviatas forschenden Blick auf sich fühlte.
    »Das wird bestimmt ein tolles Leben«, piepste sie und lächelte krampfhaft.
    »Bestimmt«, sagte Graviata und wechselte das Thema. »Ich habe Geschenke mitgebracht. Außerdem müssen die Pferde versorgt werden. Wer kommt mit nach draußen?«
    Alle kamen mit. Sie luden Graviatas Reisesack vom Packpferd und brachten beide Tiere zur Tränke. Graviata wühlte in ihrem Sack herum und zog für jeden ein kleines Geschenk heraus. Rafaela bekam ein Singendes Buch, die absolute Neuheit, alle jungen Leute in der Stadt seien verrückt danach, versicherte Graviata. Als Rafaela es aufschlug, ertönte näselnder Gesang, begleitet von etwas, das sich wie ein Gemisch von Hupen, Trillerpfeifen und Pferdewiehern anhörte.
    »Slavendrian«, hauchte Rafaela ehrfürchtig. »Danke, Mama, ich liebe Slavendrian! Darf ich?«
    Graviata nickte, und Rafaela zog sich ins Haus zurück, um ihr Glück zu genießen. Kaum gedämpft quäkte das Näseln über den Hof.
    »O je«, stöhnte Graviata, »hoffentlich war dieses Geschenk kein Fehler.«
    Lulu bekam ein Säckchen voll neuer Perlen, gläserne Kostbarkeiten, die alle einen Schatz in ihrem Inneren umhüllten: eine bunte Feder, eine winzige Schnitzerei, Schneekristalle. Noch nie hatte Lulu so schöne Perlen gesehen. Für einen Moment vergaß sie ihre Sorgen.
    Larabelle bekam einen Gürtel mit Silbereinlagen, und für ihre Söhne hatte Graviata zwei Taschenmesser mit eingravierten Namen mitgebracht. »Gib sie ihnen, wenn du glaubst, dass sie ihrer würdig sind«, sagte sie.
    »Weiß der Himmel, wann das sein wird«, lachte Larabelle.
    »War da nicht noch jemand?« Graviata tat verwirrt.
    »Bumbum!«, schrie Bumbum empört.
    »Ach ja, Bumbum. Hab ich denn auch etwas für dich?«
    Sie tauchte in ihren Sack, suchte und wühlte darin herum, während Bumbum vor Ungeduld von einem Füßchen auf das andere trat. Endlich kam seine Mama wieder zum Vorschein und hielt ihm eine überlebensgroße, gelbe flauschige Stoffente entgegen.
    »Bumbum!«, schrie Bumbum, nahm das riesige Vieh in seine Arme und stapfte begeistert mit ihm davon, um es den anderen Tieren vorzustellen.
    »Er hat gar nicht gemerkt, dass es quakt, wenn man ihm auf dem Bauch drückt«, murmelte Graviata.
    Larabelle schaute Bumbum nach. »Weißt du eigentlich, dass du wunderbare Kinder hast?«
    »Natürlich weiß ich das«, antwortete Graviata.
    »Und Damiano? Hast du ihn endlich gesprochen?«
    Lulu hielt die Luft an. Keiner außer Larabelle hätte sich getraut, das zu fragen.
    Graviata schwieg. Ein paar bedrückende Augenblicke lang war es sehr still. Nur Slavendrian musizierte unbeirrt weiter.
    Larabelle seufzte. »Ich bringe die Pferde in den Mietstall. Bleib du bei deinen Kindern. Sie haben dir bestimmt noch eine Menge zu erzählen.« Sie schwang sich auf eines der beiden Pferde, nahm das andere am Zügel und ritt vom Hof. »Danke für die Geschenke!«, rief sie noch, bevor sie im Schatten der Bäume verschwand.
    Die Sonne stand tief, bald würde sie untergehen. Ein Schwarm Krähen flog über das Haus und suchte sich auf den Bäumen im Umkreis seine Schlafplätze. Corina ließ sich nicht blicken, aber Lulu war sicher, dass es ihr Schwarm war. Ihre Freundin hatte wohl beschlossen, sich erst einmal eine Weile im Hintergrund zu halten und abzuwarten, was Graviata für eine Sorte Hexe war. Lulu konnte das verstehen. Schließlich hatte Corina so ihre Erfahrungen.
    Rafaela blieb mit Slavendrian in ihrem Zimmer. Graviata hatte sie von den abendlichen Pflichten entbunden, weil sie doch den ganzen Tag über so sehr geschuftet hatte. Lulu und ihre Mutter brachten den Tieren ihren Anteil vom Festmahl und fütterten auf Bumbums ausdrücklichen Wunsch auch seine neue gelbe Stoffente. Dann brachte Graviata den Kleinen ins Bett und sang ihm sein Lied. Lulu zündete im Wintergarten die Lampen an. In der Küche werkelten die Helferlein mit dem schmutzigen Geschirr. Lulu wartete und probte ihren Text, bis ihr die Augen zufielen. Als sie erwachte, war es schon stockdunkel.
    Graviata saß ihr im Sessel gegenüber und beobachtete sie.
    »Ich hätte dich ins Bett tragen können«, sagte sie. »Aber dann dachte ich, es sei besser zu warten, bis du wieder aufwachst. Das konnte nicht allzu lange dauern, du warst sehr

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