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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette John
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hast Kundschaft, das ist schön. Diese beiden Herren hier wollen mir einen Laden zeigen, der billig zu haben ist. Wir sehen uns heute Abend!« Sie warf ihm eine Kusshand zu und zog vorbei. Die beiden Herren nickten kurz. Nanette schüttelte lachend ihr Haar. Ihr grün-gelb gestreifter Rock wippte so hoch über ihren Stiefelchen, dass man die Löcher in den schwarzen Strümpfen erkennen konnte.
    »Offensichtlich hat sie sich Mamas Rat zu Herzen genommen«, bemerkte Rafaela.
    »Das ist nicht wahr!«, rief Damiano zornig. »Ihr kennt sie nicht. Nanette ist wunderbar. Sie hat mich hier aufgenommen, mich zu ihrem Teilhaber gemacht.«
    Er hob den Traurigen Ralf hoch, setzte sich mit ihm auf den Stuhl und streichelte ihn. »Wenn ich nur Geld hätte«, sagte er leise und zornig. »Wenn ich Geld hätte, dann würde ich ihr einen Laden kaufen. Den schönsten in der Stadt. Dann bräuchte sie nicht mehr mit diesen reichen Idioten herumzuziehen.«
    »Ach, Mano«, seufzte Lulu, »warum hast du nur die Akademie geschmissen? Jetzt ist alles aus.«
    »Das war nichts für mich, Lulu.« Er kraulte Ralf hinter den Ohren, der Waschbär grunzte vor Seligkeit. »Den ganzen Tag mussten wir in stickigen Räumen sitzen und Bücher wälzen, Stunde um Stunde, Tag für Tag. Wir durften fast nie raus. Nur am Nachmittag für eine halbe Stunde. Es war so langweilig, zum Sterben langweilig. Ich bin immer wieder heimlich raus, sonst wäre ich verrückt geworden oder wirklich gestorben. Sie haben mich erwischt und wollten mich zur Strafe einsperren.« Er schüttelte sich bei der Erinnerung. »Da bin ich endgültig abgehauen.«
    »Aber du wolltest doch unbedingt Gelehrter werden.« Lulu konnte es nicht fassen. All diese fürchterlichen Streitigkeiten und Kräche zwischen ihm und Graviata – zu was hatten sie geführt? Dass Damiano auf dem Markt billigen Tand verkaufte!
    »Was hast du denn geglaubt, was Gelehrte den ganzen Tag lang tun?«, rief sie wütend. »Tanzen? Schnaps trinken? Kuchen backen?«
    »Mann, Lulu, krieg dich ein. Ich hab wirklich geglaubt, dass ich Gelehrter werden wollte, aber«, er zog die Schultern hoch, »wahrscheinlich wollte ich nur von unserer Mutter weg. Was hast du übrigens damit gemeint, dass jetzt alles aus wäre?«
    Lulu und Rafaela wechselten einen Blick. Rafaela schüttelte unmerklich den Kopf.
    »Nicht so wichtig«, sagte Lulu. »Vergiss es!«
    Ein Kunde kam und suchte ein paar silberne Ohrringe für seine Braut. Er wählte lange und sorgfältig und kaufte dann die teuersten und protzigsten, weil Damiano ihm versicherte, dass in ihnen ein Zauberspruch eingraviert sei, der ihm die ewige Liebe der Schönen garantiere.
    »Stimmt das?«, fragte Rafaela.
    »Nö«, grinste Damiano.
    Eine weitere Kundin fragte Lulu, was die Krähe koste. Ihr kleiner Sohn wünsche sich schon lange eine zahme Krähe. Als Lulu sagte, Corina sei unverkäuflich, bot sie ziemlich viel Geld und ging schließlich beleidigt weg.
    »Seit wann hast du denn die Krähe?«, fragte Damiano.
    »Ach, das ist eine lange Geschichte.«
    »Eine Hexengeschichte?«
    »Hm.«
    »Dann will ich sie nicht hören. Mit Hexengeschichten bin ich fertig. Für immer.«
    Lulu und Rafaela tauschten einen ziemlich resignierten Blick, aber sie hatten schon vor dieser Bemerkung gewusst, dass Damiano keine große Hilfe sein würde. Er wirkte eher wie jemand, der selber Hilfe brauchte. Sie blieben bis zum frühen Abend an seinem Stand, halfen ihm beim Verkaufen, was wider Erwarten ziemlich viel Spaß machte, erzählten ihm von Bumbum, den Tieren, dem neuen Haus im Palastgarten, von den Freunden zu Hause im Wald, von Rafaelas wildem Besäufnis und wie Larabelle sie gerettet hatte. Von den Gobblings erzählten sie nichts, auch nichts von Jovinda und Evchen und natürlich kein Wort von Graviata und ihrer Arbeit. Damiano fragte auch nicht danach, erzählte stattdessen von Nanette, wie schön sie sei und wie großzügig. Wie er sie kennengelernt hatte bei seinen verbotenen Streifzügen durch die Stadt und wie sie ihn so selbstverständlich aufgenommen hatte, als er aus der Akademie fortgelaufen war und vor dem Nichts stand.
    Sie warteten auf Nanette. Lulu und Rafaela wollten nicht unfair sein und ihr eine Chance geben, den ungünstigen Eindruck vom Nachmittag gutzumachen. Doch als der Markt in der Abenddämmerung geschlossen wurde, war sie noch nicht zurück, und so halfen sie Damiano, seine Waren in einen Karren zu packen. Als Rafaela ihn fragte, wo er denn wohne, machte er eine

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