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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette John
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und zog so stark an der Leine, dass Rafaela der Länge nach hingefallen wäre, wenn Platz dafür gewesen wäre. So aber fiel sie in eine Verkaufsbude, deren sorgsam aufgetürmte Waren um sie herumpurzelten, viele Sprechende und Singende Bücher, die sich öffneten und ohrenbetäubend schwatzten und quäkten. Ralf riss sich los und stürzte heulend wie ein Wölfchen dem Verkäufer in die Arme. Lulu starrte, Rafaela rappelte sich auf und starrte ebenfalls – der Verkäufer mit dem glückseligen Traurigen Ralf im Arm war niemand anderes als ihr Bruder Damiano.
    »Mano«, sagten sie gleichzeitig. Mehr fiel ihnen nicht ein. Damiano war Marktmann oder wie auch immer man das nannte. Er stand da, Ralf in den Armen, in einer gelbe Jacke, einem roten Hemd mit gelb-grün gestreiftem Halstuch und schwarzer Lederhose. Auf dem Kopf hatte er einen zerfransten gelben Strohhut. Kralles Gefieder war dagegen um einiges dezenter.
    Lulu wusste viel, unter anderem, dass Akademiestudenten so nicht rumliefen. Sie trugen schwarze Anzüge aus Wolle und hatten die Köpfe kahl rasiert. Damiano aber hatte Haare unter seinem Hut, dicke, lockige schwarze Haare. Also machte er diese Arbeit hier nicht erst seit gestern.
    »O Ralf, mein Alter«, seufzte Damiano, »wie hab ich dich vermisst!«
    »Wir dachten, du wärst ein Student in der Akadamie«, sagte Rafaela.
    »Akademie«, verbesserte Lulu, als ob es nicht völlig egal wäre, wie das blöde Wort richtig hieß.
    »Hab mir schon gedacht, dass ihr hier aufkreuzt«, brummte Damiano, »jetzt, wo ihr im Palast wohnt. Die ganze Stadt spricht von nichts anderem.« Er setzte sich auf einen Stuhl hinter dem Verkaufstisch und zottelte und knuddelte den Waschbären, zog ihn an den Ohren, kraulte ihm den Bauch, und der Traurige Ralf gab Töne von sich, die Lulu und Rafaela noch nie von ihm gehört hatten.
    »Die Akademie war nichts für mich«, grummelte Damiano mehr zu Ralf als zu seinen Schwestern. »Überhaupt nichts.«
    Er stand auf, setzte den Waschbären auf den Stuhl und begann, seine Ware einzusammeln und auf dem Verkaufstisch zu arrangieren. Lulu und Rafaela halfen ihm dabei.
    »Oh, du hast ja das ganz neue Slavendrian-Buch!«, rief Rafaela entzückt.
    »Willst du’s haben?«, fragte Damiano. »Nimm’s dir ruhig. Geschenk zum Wiedersehen. Und du Lulu, was möchtest du? Eine neue Folge von ›Serafia und der König‹? Oder Glasperlen? Ich hab die schönsten in der ganzen Stadt. Such dir welche aus!«
    Doch Lulu schüttelte unglücklich den Kopf. »Hat Mama mal was bei dir gekauft?«, fragte sie.
    »O ja, Madame Rabiata hat uns einmal die Ehre gegeben!«
    »Du sollst sie nicht so nennen, Mano!«
    »Und warum nicht, Lulu? Ja, sie hat Sachen bei meiner Freundin gekauft, Geschenke für euch, und mich hat sie keines Blickes gewürdigt, obwohl ich direkt neben ihr stand. Sie hat uns das Geld vor die Füße geschmissen und gefaucht, dass wir den Rest behalten könnten. Und zu meiner Freundin hat sie gesagt, sie solle sich von mir trennen, ich sei so blöd wie mein Vater.«
    Das klang allerdings gar nicht nett, doch sehr nach Graviata, wenn sie wütend war.
    »Weißt du, wer dein Vater ist?«, fragte Lulu.
    »Du hast eine Freundin?«, fragte Rafaela.
    »Natürlich nicht«, sagte Damiano zu Lulu. »Madame Rabiata spricht ja niemals über solch unwichtige Dinge.«
    »Ja«, antwortete er Rafaela und seine Augen leuchteten. »Sie heißt Nanette. Ihr gehört der Laden hier.« Er machte eine Geste über den Verkaufstisch, als umschlösse er ein Königreich.
    »Wo ist sie denn?«, fragte Lulu.
    Er spähte über den Platz. »Sie müsste eigentlich schon hier sein. Oh«, er schluckte schwer, »da kommt sie.« Sein Gesicht, das eben noch so schön geleuchtet hatte, verdüsterte sich schlagartig. Lulu und Rafaela folgten seinem Blick und sahen eine junge Frau auf den Stand zukommen. Sie war hübsch, sehr schlank, sehr fröhlich, ihr Lachen drang trotz des Lärms der vielen Leute bis zu ihnen herüber. Sie hatte einen hüpfenden Gang und ihr schweres, honigfarbenes Haar schwang bei jedem Schritt um ihre Schultern wie ein Mantel.
    Doch sie kam nicht allein, sie hatte sich rechts und links bei einem Mann eingehängt. Es waren vornehme Männer, nach ihrer Kleidung zu schließen, vielleicht sogar Adelige. Lulu konnte fast hören, wie der Zorn in Damiano hochkochte, doch diese Nanette schien nichts zu bemerken. Lachend hüpfte sie heran, ihre beiden Kavaliere im Schlepptau, und winkte herüber.
    »Hallo Damianito, du

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