Das Geheimnis des Templers - Episode I: Ein heiliger Schwur (German Edition)
Jahre immer ein hervorragender Lehrmeister gewesen“, argumentierte Jutta von Breydenbach, deren verwitwete Schwester Margaretha als Gräfin auf Waldenstein herrschte.
„Er hat ihn mir immer wieder heil nach Hause gebracht.“
Sein Vater hatte schließlich dem Wunsch seiner Gemahlin nachgegeben. Obwohl Richard von Breydenbach seine Schwägerin nicht besonders leiden konnte, war ihr Mann ihm beinahe wie ein Bruder gewesen. Graf Gerhard von Lichtenberg zu Waldenstein hatte für Geros Vater in Akko sein Leben gegeben, was in Richard ein Gefühl tiefer Schuld hinterlassen hatte. Ein Umstand, der Geros Mutter offenbar zugutekam, als sie seinerzeit vorgeschlagen hatte, Gero für seine Ausbildung als Ritter auf Burg Waldenstein zu entsenden.
Margaretha und Gerhard hatten keine Kinder, daher verwaltete die Gräfin den ererbten Herrschaftssitz ihres verstorbenen Ehemanns als dessen Nachfolgerin. In erster Linie bediente sie sich dabei der Unterstützung ihres Burgvogts. Wobei Roland von Briey sich nicht nur in Fragen der Verwaltung und der Verteidigung gut auskannte, sondern noch andere Talente besaß. Inzwischen war es ein offenes Geheimnis, dass der stattliche, dunkeläugige Vogt und die zierliche, rotblonde Gräfin das Lager teilten. Dass sie sich wirklich liebten, glaubte Gero daran zu erkennen, wie sich in aller Öffentlichkeit küssten. Überhaupt ging es auf Waldenstein längst nicht so steif zu wie auf der Breidenburg. Ein paar Mal im Jahr lud Margaretha Spielleute ein und veranstaltete für ihre Untergebenen ein Tanzvergnügen. Gero mochte die ungezwungene, fröhliche Atmosphäre, die am Hof seiner Tante herrschte, und wünschte sich stets, dass er die Freude darüber mit Lissy teilen könnte. Doch daraus war bisher nichts geworden, und es würde wohl auch nicht mehr dazu kommen, falls ihm nicht bald etwas einfiel, das sie beide vor der gefürchteten Trennung retten konnte.
Zu dumm, dass der ansehnliche Besitz der Gräfin mit gut eineinhalb Tagesreisen südlich von der Breidenburg leider zu weit entfernt lag, um wenigstens heimliche Treffen zu ermöglichen.
Kapitel III
Bevor es an die Abreise ging, besuchte Gero zusammen mit seinen Eltern, Geschwistern und Verwandten die Heilige Messe in der Burgkapelle. Danach debattierten die Männer im Herrenzimmer über die politische Lage, und die Frauen zogen sich zu einem kleinen Spaziergang in den sonnigen Burggarten zurück, wo ihnen Gertrudis, die heilkundige Magd, frisch sprießende Kräuter erläuterte.
Später beim Mittagsmahl gab Lissy vom anderen Ende des Tisches Gero mehrmals Zeichen, die außer ihnen beiden glücklicherweise niemand verstand. Beinahe zärtlich strich sie sich selbst übers Haar und legte den Zeigefinger an die Lippen, was nichts anderes bedeutete, als dass sie auf ein heimliches Stelldichein mit ihm drängte. Möglichst noch bevor er am nächsten Morgen in Begleitung seines Bruders Eberhard und ein paar Söldnern zur Burg seiner Tante aufbrechen musste.
Lissy entschuldigte sich von der Tafel und flunkerte, dass ihr nach dem Essen nicht wohl sei und sie frische Luft schnappen wolle. Gero folgte eine Viertelstunde später mit dem Hinweis, dass er noch ein paar persönliche Dinge einpacken müsse. Ohne sich seine Vorfreude anmerken zu lassen, eilte er zum Treppenhaus und bog nach links ab, wo er zu den Latrinen hätte gehen können. Doch er schlüpfte durch einen Nebeneingang der Burg hinaus zu den Stallungen und lief im Schatten der Wehrmauer entlang ins untere Heulager. Während er das abgelegene Gebäude ansteuerte, stellte er sicher, dass ihn niemand beobachtete. Er wusste, dass sie dort ungestört sein würden. Zum einen, weil Lissy und er sich dort schon öfters getroffen hatten, und zum anderen, weil die Tiere längst auf der Weide standen und kein Heu vom Boden benötigten. Gero war überzeugt davon, dass zumindest seine Mutter ihr gemeinsames Verschwinden bemerkt haben musste. Aber sie hatte nichts gesagt, und somit verschwendete er keinen Gedanken daran, als er in freudiger Erwartung die Leiter emporkletterte.
Lissy empfing ihn mit einem unschuldigen Blick, inmitten eines kleinen Heuhaufens. In ihren schönen, braunen Augen und ihrem makellosen Lächeln lag eine unübersehbare Verheißung. Die Gewissheit, dass sie dort oben vollkommen ungestört sein würden, nährte offenbar nicht nur Geros sündhafte Fantasien, sondern auch die des Mädchens. Nur dass sie bisher beide noch nicht gewagt hatten, ihre Träume in die Tat umzusetzen.
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