Das Geheimnis des Templers - Episode IV: Gefährliche Versuchung (German Edition)
meiner Kammer.“
Ohne weiteren Kommentar setzte er seinen Weg zum Refektorium fort, wo das Mittagsmahl für die Brüder bereitstand.
„Was hat er denn jetzt schon wieder?“, raunte Gero und starrte dem gereizt aussehenden Saint-Jacques hinterher.
„Hoffentlich lässt er seine Wut über den verpassten Sieg nicht an uns aus“, gab Fabius schulterzuckend zu bedenken.
Als die beiden nach dem Nachmittagsgottesdienst an der Kammertür ihres Lehrmeisters klopften, knurrte Saint-Jacques ebenso unfreundlich: „Herein!“
Gero straffte seine breiten Schultern und ordnete sein braunes Novizengewand, bevor er die Türklinke herabdrückte und, gefolgt von dem wesentlich schmächtigeren Fabius von Schorenfels, das Zimmer betrat. Der Kommandeur-Leutnant stand an seinem Stehpult und schaute ungehalten auf, als er seine Novizen erblickte.
Gero und sein Kamerad nahmen Haltung an und vermieden es, ihrem Vorgesetzten in die Augen zu schauen.
„Wisst ihr, warum ich euch hergerufen habe?“, fragte Saint-Jacques provokant.
Gero konnte es allenfalls ahnen, doch er wollte nichts Falsches sagen, weil er wusste, dass Saint-Jacques leicht zu verärgern war.
Auch Fabius wollte allem Anschein nach kein Risiko eingehen und schwieg.
„Na?“, versuchte der Kommandeur es noch einmal mit einer gehörigen Portion Ironie in der Stimme.
Niemand sagte etwas. Gero suchte einen Fluchtpunkt draußen vor dem Fenster, wo im Schatten eines Olivenbaumes eine Katze augenscheinlich einer Maus hinterherjagte, und fühlte sich plötzlich an seinen Vater erinnert.
„Ab sofort ist euer Hausarrest aufgehoben. Wenn ihr wollt, habt ihr heute Abend Ausgang bis zur Frühmesse. Allerdings will ich keinerlei Klagen hören. Wenn so etwas wie vor zwei Monaten noch einmal geschieht, könnt ihr eure Sachen packen und bei den Bettelmönchen um Aufnahme ersuchen, aber nicht bei den Templern. Verstanden?“
„Jawohl, Seigneur“, bestätigten Gero und Fabius wie aus einem Mund.
„Abtreten!“, befahl Saint-Jacques und wandte sich wieder seinen Plänen zu.
Kapitel II
H ast du gesehen, was er da auf dem Schreibpult liegen hatte?“, fragte Fabius, als sie die Tür wieder hinter sich geschlossen hatten. Was er dort gesehen hatte, schien ihn weit mehr zu begeistern als die Aussicht auf einen freien Abend. Gero achtete nicht weiter auf ihn, sondern nahm den direkten Weg zum Dormitorium, wo er nach dem Mittagsmahl und der darauffolgenden Andacht seine Ausrüstung auf Sauberkeit und Vollständigkeit überprüft hatte. Er hatte keine Lust, schon wieder mit Fabius über die vermeintlichen Geheimnisse des Ordens zu debattieren, die den Luxemburger mehr zu interessieren schienen als alles andere. Fabius hielt mit ihm mit, und Gero ahnte, dass er sich wohl nicht eher zufriedengeben würde, bis er ihm eine Antwort erteilte.
„Eine ziemlich genaue Karte des mittelländischen Meeres, wenn mich nicht alles täuscht“, vermerkte er mit einem Seufzer und blieb für einen Moment stehen.
„Ich habe noch nie im Leben eine solch feingezeichnete Karte gesehen“, erwiderte Fabius. „Es schien mir das reinste Teufelswerk zu sein. Diese feinen Linien, die exakte Schrift und die genaue Lage der Orte und Meere.“
„Ja, sie war besser als alles, was ich bisher gesehen habe“, erklärte Gero, von der Hartnäckigkeit seines Kameraden genervt, „aber deshalb muss es noch lange kein Teufelswerk sein. Der Orden hat gute Kontakte zu arabischen Gelehrten, auch nach dem Verlust des Heiligen Landes. Vielleicht haben sie die Karte für teures Geld von einem persischen Künstler gekauft.“
Damit war das Thema für Gero erledigt. Vielmehr fragte er sich, was er mit seiner unerwarteten Freiheit anfangen sollte. Immer noch schwirrte ihm der Grund für sein zweimonatiges Ausgangsverbot durch den Kopf. Warda. Eine zypriotische Hure, mit der er in einem Anfall von waghalsigem Schwachsinn das Lager geteilt hatte und in deren Armen er zu allem Übel eingeschlafen war. Im Nachhinein konnten er und Fabius, dem es ähnlich ergangen war, von verdammtem Glück reden, dass der wahre Grund ihres Zuspätkommens ihren Brüdern und Vorgesetzten bisher verborgen geblieben war. Bis auf Hugo d’Empures und seinen vermaledeiten Kameraden Robert „Rob“ le Blanc, die sie zu diesem verfluchten Abenteuer verführt hatten. Deren Verrat konnte sie die endgültige Aufnahme in den Orden kosten. Womit aber nicht zu rechnen war, weil Hugo und Robert sich damit nur ins eigene Fleisch schneiden würden. Den
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