Das Geheimnis des Templers - Episode IV: Gefährliche Versuchung (German Edition)
Ordensgemeinschaften führte. Man zweifelte an Moral und Sitte der Templer. Es hieß, nicht wenige von ihnen seien dem Suff verfallen und es mangele ihnen, wenn sie sich unter normalen Menschen bewegten, an der ihnen sonst üblichen Ordnung und an Anstand. Aber auch die Hospitaliter des heiligen Johann und die Deutschordensritter erlaubten ihren Ordensbrüdern ab und an privaten Ausgang.
Dass Ordensritter keine gewöhnlichen Mönche waren, die sich nur in Beten und Arbeiten ergingen, hatte nicht erst Jacques de Molay erkannt, der ansonsten streng auf die Einhaltung der Regeln pochte. Wenn man die Männer motivieren wollte, notfalls für den Orden und seine Interessen zu sterben, war es wichtig, sie von Zeit zu Zeit von der Kette ihrer strengen Vorschriften zu befreien, wenn auch nicht allzu lange. Davon profitierten nun auch die Novizen, die sich aus freien Stücken für einen Orden entschieden hatten, der ihnen weit mehr abverlangte als nur das Leben.
„Hey, ihr beiden“, rief Arnaud de Mirepaux Gero und Fabius überschwänglich zu. „Wollt ihr uns nicht endlich verraten, wo ihr euch damals tatsächlich herumgetrieben habt? Jetzt, wo ihr wieder Ausgang habt, könnt ihr uns doch mitnehmen, damit ihr euch nicht noch einmal verirrt?“ Er lachte anzüglich, und auch unter den übrigen Novizen brandete Gelächter auf.
Gero antwortete nicht auf diese Provokation, doch Fabius lief rot an vor Zorn und Scham, als Arnaud ihn nicht in Ruhe ließ und ein paar Indiskretionen preisgab, unter denen der Luxemburger in den vergangenen Wochen zu leiden gehabt hatte.
„Sag uns doch endlich, wer dir das wunderhübsche Liebesmal verpasst hat?“, ärgerte ihn Arnaud und umarmte ihn.
Fabius fuhr wütend herum und versuchte vergeblich den braungelockten Bruder aus dem Languedoc abzuschütteln. Im Nu war eine Balgerei zwischen den beiden im Gange. Gero sah sich die Sache nicht lange an, sondern ging mit roher Gewalt dazwischen, indem er Arnaud am Kragen seines braunen Habits packte und ihm mit dem Unterarm die Luft abschnürte, bis dieser endlich von Fabius abließ. Während die übrigen Kameraden (bis auf Struan, der wie üblich ohne Anteilnahme auf seiner Pritsche saß und sein Schwert schärfte) den Atem anhielten und gebannt darauf warteten, was als Nächstes passierte, stieß Gero den Franken grob zur Seite. Fabius presste seine Finger auf jene Stelle, an der Arnaud sich festgesaugt hatte. Als er die Hand herunternahm, zeichnete sich ein gut sichtbares rotes Mal auf der Halsbeuge ab.
Arnaud war sofort wieder auf den Füßen und wollte Gero von der Seite her angreifen, doch Gero schickte ihn mit einem einzigen Fausthieb zu Boden.
Arnaud hielt sich das Kinn und schaute zu Gero auf. „Con!“, schimpfte er wütend, was auf Deutsch nichts anderes als Arschloch bedeutete.
„Bist du verrückt, Mirepaux?“, fauchte Gero ihn an. „Wenn du so weitermachst, wird keiner von euch je wieder vor die Tür kommen, es sei denn, mit einem Einsatzbefehl. Sollte Odo de Saint-Jacques zufällig hier auftauchen und sehen, wie ihr euch prügelt, bekommen alle eine Ausgangssperre.“
Dass dies der Wahrheit entsprach, war jedem der jungen Männer bewusst, und so erntete Gero von den anderen lediglich ein Nicken.
Während die meisten von ihnen ihre persönliche Kleidung anlegten, saß Arnaud immer noch auf seiner Pritsche und rieb sich das Kinn. Fabius hatte sich inzwischen entschlossen, seinen Abend in der üblichen Taverne mit Bruder Brian of Locton, einem unscheinbaren Iren, und dem Genuesen Nicolas de Cappellano zu verbringen, dem Gero vor ein paar Monaten zusammen mit Struan nicht nur das Leben gerettet, sondern auch den Verbleib im Orden gesichert hatte.
„Willst du wirklich nicht mitkommen?“, fragte Fabius Gero noch einmal, als sie sich in mehreren Gruppen auf den Weg zum Vespergottesdienst machten, von wo aus sie direkt in die Stadt gehen wollten.
Gero schüttelte den Kopf und warf einen Blick auf den schwarzhaarigen Schotten, der so abwesend wirkte, als würde ihn der ganze Aufstand nicht das Geringste angehen.
„Ich bleibe bei Struan“, sagte er ausweichend. „Vielleicht kommen wir ja nach.“
Gemeinsam absolvierten sie anschließend die Vesper in der ordenseigenen Kapelle, bei der Novizen, Knappen und Ordensritter ausnahmsweise vereint waren. Eine gute Gelegenheit für Gero, Augenkontakt zu Hugo d’Empures aufzunehmen, der ihm bereits einen lauernden Blick zuwarf, in dem immer noch der Triumph seines Sieges über Odo de
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