Das Geheimnis des Templers - Episode V: Tödlicher Verrat (German Edition)
auf Abkühlung gehofft, was sowohl das Wetter als auch die politische Lage betraf. Die heidnischen Mameluken, die das Heilige Land eisern im Griff hielten, wehrten sich hartnäckig gegen die Übergriffe der Christen. In den vergangenen Wochen und Monaten waren Gero und seine Kameraden immer wieder im Auftrag des Ordens zu kräftezehrenden Raubzügen gegen die Heiden entsandt worden. Mit dem Ergebnis, dass sie inzwischen vierzehn Brüder im Kampf verloren hatten und die Mameluken sich wie wütende Hornissen benahmen, die ihre Nester verteidigten. Dabei hatten Gero und seine Ordensbrüder nur wenig Beute und noch weniger Gefangene gemacht. Ein paar mehr oder weniger wertvolle Verwandte diverser Emire befanden sich darunter, die man für einen möglichen Austausch auf der Festung unter Verschluss hielt. Ansonsten ergab es keinen Sinn, noch weitere, gewöhnliche Heiden auf die Insel zu schleppen, weil Essen und Trinken kaum für die Menschen ausreichend vorhanden war, die bereits auf Antarados lebten, geschweige denn für Hunderte von mamelukischen Sklaven, die ebenso hätten versorgt werden müssen.
Erschwerend kam hinzu, dass das winzige Eiland nur eine einzige Süßwasserquelle besaß, die zu dieser Jahreszeit kaum etwas hergab. Auch die Wasservorräte in den selbsterbauten, unterirdischen Auffangbecken waren so gut wie aufgebraucht. Wenn es so weiterging und der Nachschub aus Zypern mal wieder auf sich warten ließ, würden sie am Ende gezwungen sein, das Blut ihrer Pferde zu trinken, wie ihre Vorfahren auf den Kreuzzügen in den Jahren zuvor. Gekocht und gewaschen wurde ohnehin nur mit Meerwasser, und inzwischen tranken sie unverdünnten Wein, weil an Süßwasser gespart werden musste. Doch der Wein stieg manchen zu Kopf und animierte sie zu Schlägereien oder dazu, die wenigen Frauen auf der Festung zu belästigen.
Kaum hatten Gero und seine Kameraden den gepflasterten Zufahrtsweg erreicht, der zur Verladerampe am Hafen führte, huschte eine schlanke Gestalt an ihrem Tross vorbei. Obwohl der schwarze Umhang das lange dunkle Haar fast vollständig verbarg, war Gero sicher, dass es sich bei der Frau um Warda handelte. Oder sollte er besser Maria sagen, wie sie sich seit ihrer Ankunft auf dieser Insel nannte?
Leichten Schrittes und ohne sich nach den Reitern umzuschauen, nahm sie eine enge Steintreppe hinunter zu den weißgetünchten Fischerhäusern, die den Hafen umringten wie ein Wall aus ineinander verschachtelten Quadern, mehrstöckig und mit winzigen engen Gassen durchzogen. Königsblaue Türen zierten die meisten Eingänge, und bunte Stoffe wehten aus den kleinen Fenstern. Auf den flachen Dächern hatten die Bewohner wie üblich ihre Sommerlager aufgeschlagen, die ihnen des Nachts als Schlafstätte dienten. Gero schaute Warda nachdenklich hinterher, während sie wie ein junges Mädchen behände die Stufen hinabhüpfte und fürs Erste in einer der engen Gassen verschwand.
Obwohl sie knapp dreißig sein musste, besaß sie noch immer die Eleganz und Schönheit einer arabischen Rose, an deren Nektar sich nicht nur Gero zu Unrecht gelabt hatte.
Seit Hugo d’Empures, sein Kommandeur-Leutnant, sie an einer abgelegenen Uferstelle bedrängt hatte und Gero hinzugekommen war, um sie vor der Gewalt dieses Scheusals zu bewahren, hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt.
Gero erinnerte sich genau daran, wann das gewesen war, weil wenig später die vorläufige Beisetzung seines luxemburgischen Freundes und Bruders stattgefunden hatte. Vier Monate waren nun vergangen, seit Fabius von Schorenfels zusammen mit zwei anderen Brüdern im Kampf gegen die Mameluken auf dem nahen Festland gefallen war.
Auch er hatte Warda noch aus ihren Zeiten in Zypern gekannt, als sie in der Taverne der Engel ihren zweifelhaften Geschäften nachgegangen war. Dabei hatte er Geros Befürchtungen geschürt, dass sie selbst mit neuem Namen und als Wäscherin getarnt von einigen auf der Insel lebenden Templern als ehemalige Hure erkannt werden würde.
Hugo D’Empures jedenfalls hatte nach ihrer Ankunft nicht lange gebraucht, um in ihr die willige Liebesdienerin wiederzuerkennen, die im Auftrag ihrer Wirtin mit Vertreter der Ordenshäuser und hochranginge Regierungsbeamte das Lager geteilt und sie ausgehorcht hatte. Schließlich war er es gewesen, der Gero auf Zypern in die Taverne der Engel gelockt hatte, in der er Warda zum ersten Mal begegnet war. Dass die Schergen des Königs ausgerechnet ein Hurenhaus stürmen würden, konnte zum
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