Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition)
sie mit gesenkter Stimme. »Er ist Witwer und hat Frau und Kinder durch ein Fieber verloren. Er ist nicht so hübsch wie du und auch nicht so jung, aber er sorgt sich um mich.«
»Etwas, das ich dir nicht bieten kann.« Gero griff resigniert nach ihrer Rechten und drückte sie sanft. »Ich bin gekommen, um mich von dir zu verabschieden. Ich hatte einen Brief geschrieben«, sagte er mit belegter Stimme, und während er den Zettel aus seiner Manteltasche fischte, räusperte er sich. Als er aufschaute, um ihr den Brief zu übergeben, sah er Tränen in ihren Augen.
»Du gehst weg?« Ihre Stimme klang fassungslos. »Wohin denn?«
»Nach Franzien«, hob er vorsichtig an. »Allem Anschein nach will uns der Orden auf Zypern loswerden, da die Abordnung nur jene Ritter betrifft, die Antarados entkommen konnten.«
»Bedeutet das, ich werde dich nie wiedersehen?«
»Möglich«, gab Gero tonlos zurück. »Wobei wir uns in den letzten Monaten ja auch nicht gesehen haben«, fügte er wenig tröstend hinzu. Er zuckte mit den Schultern. »Es hat uns nicht geschadet. Ich lebe noch, und du hast sogar einen neuen Mann gefunden, was willst du mehr?«
»Aber das ist nicht dasselbe«, widersprach sie mit gefasster Stimme. »Ich liebe dich noch immer, und wenn du hierbliebest, könnten wir uns heimlich treffen und ich wüsste zu jeder Zeit, wie es dir geht. Als du im Hospital gelegen hast, habe ich ein paar Wäscherinnen im Orden bestochen, die sich für mich nach deinem Wohlergehen erkundigt haben. So wusste ich, es geht dir gut und deine Genesung macht Fortschritte. Und wenn ich wieder für den Orden arbeiten würde, könnte ich immer in deiner Nähe sein.«
»Du weißt, dass das eine Illusion ist«, erwiderte er leise. »Wenn ich nicht nach Franzien ginge, würde ich mit dem Orden in Armenien kämpfen oder mit ein paar anderen Todesmutigen versuchen, Antarados wieder zurückzuerobern. Da könnte dir niemand über mein Schicksal Auskunft erteilen.« Dass sie hinter seinem Rücken ausgerechnet die Wäscherinnen beauftragt hatte, sein weiteres Schicksal auszuspionieren, rührte ihn irgendwie. Die Vorstellung jedoch, die Frauen hatten Warda womöglich sogar berichtet, wie er zu Beginn der Behandlung im Hospital in die Windeln gemacht und sich regelmäßig in seine Laken übergeben hatte, wenn der Medikus ihm den Schimmeltrank verabreichte, war ihm allerdings äußerst peinlich.
»Wenn man es nüchtern betrachtet, hatten wir nie eine Zukunft«, fügte er leise hinzu.
Wardas Stimme erstarb in einem lautlosen Schluchzen. »Ob man einen Menschen liebt, hängt nicht davon ab, ob man ihm körperlich nah ist. Und erst recht nicht davon, ob man Tisch und Bett mit ihm teilt. Man schaut ihn an und weiß augenblicklich, man wird ihn auf ewig im Herzen tragen. Und bei dir wusste ich vom ersten Moment an, als ich dich sah, dass uns jenseits aller Vernunft etwas verbindet. Ganz gleich, ob meine Liebe zu dir jemals Erfüllung finden würde.«
Gero verspürte einen plötzlichen Kloß in der Kehle, der ihm das Sprechen schwermachte. Dabei hatte er ohnehin keine Ahnung, was er auf ein solches Bekenntnis erwidern sollte.
»Siehst du«, brachte er schließlich krächzend hervor. »Genauso habe ich mich gefühlt, als Lissy von mir gegangen ist. Ich werde sie immer lieben, ganz gleich, wo sie ist und was sie tut. Ich kann nichts daran ändern, und ich will es auch nicht. Vielleicht war das der Grund, warum ich zu den Templern gegangen bin. Weil ich dachte, dass es dort nichts geben würde, was mich von meiner Liebe zu Lissy ablenken könnte.«
»Und?«, fragte Warda beinahe provozierend. »Ist es so gekommen, wie du gehofft hattest?«
»Ich denke schon«, murmelte Gero und sah sie reuevoll an. »Obwohl du für mich eine wahrhaftige Versuchung darstellst, wäre es nie so wie mit meiner Frau. Es tut mir aufrichtig leid, dir nichts anderes sagen zu können.«
»Ich frage jetzt nicht, ob es dir schwerfällt, mir weiterhin zu widerstehen«, gab Warda traurig zurück. »Du tust es ja schon eine ganze Weile. Ich weiß nicht, wie ich auf die dumme Idee kommen konnte, eines Tages dein Herz zu erobern.«
„Unter anderen Umständen hätte vielleicht eines Tages etwas aus uns werden können“, fügte er leise hinzu und kniff anschließend die Lippen zusammen.
Warda ging nicht mehr darauf ein, vielleicht weil sie sich denken konnte, dass er unter anderen Umständen niemals nach Zypern gekommen wäre. »Wann geht dein Schiff?«
Ȇbermorgen von Limassol
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