Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition)
Kapitel I
Zypern/Ordensburg der Templer in Famagusta 1302
G ero von Breydenbach war nicht sicher, wie lange er das Bewusstsein verloren hatte. Lediglich die Schmerzen in seinem Oberkörper pochten noch genauso heftig wie auf dem Schiff, als er ein paar Mal zu sich gekommen war. Sein rechter Arm und seine rechte Seite, von der Schulter bis hinunter zu den Rippen, fühlten sich an, als ob sie von glühendem Eisen durchstoßen worden wären. Was ihn dazu brachte, sich auf der Stelle in den Zustand seliger Umnachtung zurückzuwünschen.
Mehr und mehr stellte sich die Erinnerung ein, wie es überhaupt zu seiner misslichen Lage gekommen war.
Wie er in der mondhellen Dämmerung an den Gestaden von Antarados für nur einen Moment die Kontrolle über seinen Gegner verloren hatte. Wie der Säbel des Mameluken, gegen den er kämpfte, ihn mit voller Wucht am Helm getroffen hatte. Wie er das Gleichgewicht verlor und dann den sengend heißen Schmerz verspürte, der kurz danach seine Schulter streifte. Dann war es dunkel um ihn herum geworden.
»Hey, kannst du mich hören?« Zu der rauen, nur allzu bekannten Stimme schälte sich das passende Gesicht aus dem sich lichtenden Nebel heraus. Struan MacDhoughail nan t-eilan Ileach, sein schwarzbärtiger Kamerad von den schottischen Inseln, fixierte ihn mit seinen Kohleaugen, als ob er ihn allein kraft seines durchdringenden Blickes ins Leben zurückholen wollte. Als er sah, dass Gero die Augen öffnete, wechselte der angespannte Gesichtsausdruck des hünenhaften Templers zu rührender Besorgnis. Aber was Gero noch viel mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass sich der ansonsten so humorlos wirkende Schotte vergeblich an einem Lächeln versuchte. Jeder, der Struan kannte, wusste, dass er nur selten sein blendend weißes Gebiss präsentierte. Entweder weil es für ihn nur wenig zu lachen gab, oder weil er mit seinen ausgeprägten Eckzähnen, die in beängstigender Weise an ein Raubtier erinnerten, keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte.
»Sag ehrlich«, murmelte Gero mit halbgeschlossenen Lidern. »Wie schlimm steht es um mich? Werde ich sterben?«
»Nein«, beeilte sich der Schotte zu sagen, bemüht, seiner Reibeisenstimme etwas Weiches, Zuversichtliches zu geben. »Der verdammte Heide hat dir mit seinem Krummsäbel bloß die Schulter aufgeschlitzt. Es sieht nicht schön aus, aber unsere Brüder im Hospital haben dir gleich nach unserer Ankunft Unmengen von dem Schimmeltrank eingeflößt. Die Wunde eitert längst nicht mehr so stark wie in den ersten Tagen, aber bis sie vernäht werden kann, wird es noch eine Weile dauern.«
Beinahe enttäuscht drehte Gero seinen Kopf und versuchte zu ergründen, wie ausgeprägt die Verletzung war, die ihm der Mameluke zugefügt hatte. Die Sehnen an seinem Hals schmerzten, und mehr als ein Verband und ein riesiger blauer Fleck, der unter dem sauberen Leinen hervorschaute, war nicht zu erkennen. Erschöpft sank er zurück in die Kissen und schloss für einen Moment die Augen. Wie viel lieber wäre er tot gewesen und hätte in das liebliche Antlitz von Lissy geblickt, die nun weiterhin im Paradies auf ihn warten musste.
»Wo bin ich und wie lange war ich weg?«, fragte er mit geschlossenen Lidern und meinte damit, wie lange er im Zustand der Bewusstlosigkeit verbracht hatte.
»Du bist noch immer in Famagusta«, erklärte Struan geduldig. »Vor fünf Tagen sind wir angelandet. Danach haben dich die Brüder sofort ins Hospital der Ordensburg gebracht. Bisher warst du nicht transportfähig, sonst hätten sie dich bereits nach Nikosia ins Hauptquartier verlegt. Du kannst von Glück sagen, dass du zwischendrin ein paar Mal für kurze Zeit wach geworden bist. So konnte dir der Medikus wenigstens etwas zu trinken einflößen.«
»Fünf Tage?« Gero hob seine Lider und schaute Struan zweifelnd an. Gleichzeitig stellte sich ihm eine andere Frage, die sich von selbst beantwortete, als er seine gesunde Hand zu seinem Geschlecht wandern ließ. Er trug eine Windel, als ob er ein Säugling wäre.
»Verdammte Scheiße«, entfuhr es ihm leise. »Wann werde ich wieder zum Abort gehen können?«
»Mit etwas Glück wirst du ziemlich bald wieder auf den Beinen sein«, versicherte ihm Struan und überging damit den Moment der Peinlichkeit. »Gott sei Dank führst du das Schwert mit links und nicht mit rechts“, fuhr er fort, „sonst könnte es tatsächlich länger dauern, bis du wieder kämpfen darfst.«
Struan seufzte sichtbar erleichtert, und entgegen
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