Das Geheimnis des toten Fischers
wie möglich zu machen.«
Ich schwieg und hing meinen eigenen
Gedanken nach. »Hat Ihre Schwester denn die Tatsache akzeptiert, daß sie
sterben mußte?«
»Sie hat es geglaubt, wenn Sie das
meinen.«
»Akzeptieren ist etwas ganz anderes.
Ich meine, damit fertig zu werden, wie die Patienten von ›The Tidepools‹...«
»Ob sie ihr Leben in Würde zu Ende
leben wollte? Das bezweifle ich.«
»Dann habe ich eine Theorie. Vielleicht
hat sie Andy gezwungen, das Geld abzuheben, um es als Bestechungssumme zu
verwenden — «
»Das sagte ich doch schon.«
»Aber nicht, um aus dem Hospiz herauszukommen.
Bestechungsgeld für jemanden, der ihr die passenden Medikamente besorgte? Ich
meine, vielleicht hat sie sich auf diese Weise ihren Tod erkauft.«
Susan schaute mich erschreckt an, doch
dann nickte sie. »Das ist sehr leicht möglich. Es würde erklären, warum man das
Geld nicht bei ihren Sachen im Hospiz gefunden hat.«
»Allerdings«, fuhr ich fort, »warum
vierzigtausend Dollar ausgeben, wenn sie nur ihren eigenen Mann hätte um Hilfe
zu bitten brauchen.«
»Ausgeschlossen. Andy hätte sich mit so
etwas niemals einverstanden erklärt. Er hätte ihr nie geholfen, sich das Leben
zu nehmen, und er hätte ihr bestimmt nicht das Bargeld besorgt, wenn er gewußt
hätte, wofür es bestimmt war. Sicher hat sie irgendeine Geschichte erfunden,
die sie ihm auftischte.«
»Andy arbeitete im Allgemeinen
Krankenhaus von Port San Marco. Er hatte Zugang zu Medikamenten.«
Entschieden schüttelte sie den Kopf.
»Nein, hatte er nicht. Er arbeitete in der Lehrabteilung des Krankenhauses. Sie
wissen, es ist eine Universitätsklinik. Er hatte nichts mit Medikamenten zu
tun.«
»Ich dachte, er war
medizinisch-technischer Assistent?«
»Ja, aber er hatte nichts mit
Medikamenten zu tun. Er war medizinischer Photograph. Er photographierte bei
Autopsien und stellte Dia-Vorträge zusammen für die Ausbildung der Studenten.«
Ich starrte sie an.
»Und er war ein verdammt guter
Photograph. Er hat hier in Port San Marco Porträts ausgestellt, die er
aufgenommen hat.«
Ich saß eine Zeitlang schweigend da,
dann überwältigte mich eine wachsende Erregung. Endlich paßte eines zum
anderen.
»Was ist los?« fragte Susan.
»Haben Sie ein Photo von Andy?«
»Ja, im Wohnzimmer.«
»Kann ich es sehen?«
Sie zog die Stirn in Falten, stand aber
auf und klopfte sich das Laub von den Jeans. »Meinetwegen.«
Wir gingen ins Haus, in ein altmodisch
eingerichtetes Wohnzimmer. Meine Hände zitterten, als ich Susan Tellenberg das
gerahmte Photo aus der Hand nahm. Das Gesicht darauf trug einen Bart, und das
Haar war braun und nicht blond, aber es war trotzdem das, was ich erwartet
hatte.
Es war das jüngere, weniger verhärmte
Gesicht von Abe Snelling.
Kapitel
18
Sobald ich Susan Tellenberg verlassen
hatte, versuchte ich, Snelling anzurufen, wollte auflegen, sobald sich der
Photograph gemeldet hatte, aber das Telephon klingelte und klingelte, und schließlich
entschied ich mich, die Fahrt zu riskieren. Wahrscheinlich war Snelling in der
Dunkelkammer — warum hätte er fliehen sollen? Er konnte nicht ahnen, daß ich
seine wahre Identität erkannt hatte. Ich hatte ihm nicht gesagt, daß ich Susan
Tellenberg besuchen wollte.
San Jose lag hinter mir, und ich fuhr
über die Schnellstraße nach Norden, wo Siedlungen mit weiten freien Hügeln
abwechselten. Wie oft war ich in der letzten Woche hin und her gefahren? Ich
war es satt, ständig zwischen Port San Marco und San Francisco zu pendeln.
Eines stand fest: Niemand würde mir
dankbar sein, niemand würde mich für die Lösung dieses Falles belohnen. Warum
machte ich dann eigentlich noch weiter? Warum jagte ich hinter einem
gefährlichen Mann her, begab mich selbst in Gefahr? Warum rief ich nicht
einfach die Polizei an und ließ sie die Sache zu Ende führen?
War es wegen der Photos? Oder weil
Susan Tellenberg gesagt hatte, daß Andy Smith ein netter Feigling sei, ein
sanfter Mensch? Oder war es, weil das eine oder andere eben doch nicht ganz
paßte?
Die letzten dreißig Meilen vergingen
wie im Flug. Route 280 mündete in die 101 an der Stadtgrenze von Daly City, und
bald bog ich an der Army Street aus und fuhr die gewundenen Straßen zum Potrero
Hill hinauf. Es war nach sechs; die Abbrucharbeiter hatten bereits Feierabend
gemacht. Die leeren Häuser standen dunkel und schweigend da. Genau wie das
oberste Stockwerk von Snellings Haus, aber das hatte nichts zu besagen; der
Zaun
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