Das Geheimnis des verlassenen Schlosses
Ungeheuer mit Riesenhauern und zottigen Tatzen, die ihm furchtbare Kämpfe lieferten.
Selbstverständlich ging er stets als Sieger daraus hervor.
Kanonen, Kriegsschiffe und Befestigungen, so wie der General sie aus dem Sternschiff
gesehen hatte, erwähnte er wohlweislich nicht. Dann hätte er schließlich auch von
den militärischen Operationen berichten müssen, die er mit seinen tapferen Fliegern
durchführte. Hier aber mußte er bei der Wahrheit bleiben und durfte nicht phantasieren.
Über die Einwohner von Hurrikaps Land berichtete der General auch nichts, außer daß
das Land von Riesen bewacht wurde. Den Kampf gegen einen dieser Riesen, dessen
Wohnstatt die Menviten erobert hatten, begann Baan-Nu heute zu beschreiben. Er ließ
sich gerade darüber aus, was dieser Riese für Töpfe besessen hatte, - jeder so groß wie
ein Schwimmbad und was für Schränke - hoch wie ein vierstöckiges Haus, als jemand
auf unverschämteste Weise ihm den Bogen Papier mit der Beschreibung dieses
bedeutenden historischen Ereignisses aus der Hand riß und durchs offene Fenster
verschwand. Der General war so frappiert über diesen frechen Diebstahl, daß er erst im
letzten Moment das schwarze Vogelgefieder bemerkte. Vor seinen Augen hatten Ringe,
mit Edelsteinen besetzt, gefunkelt, und der General hätte schwören mögen, daß er sie
auf Vogelkrallen gesehen hatte. Aber er war sich dessen nicht so ganz sicher. Er war
nicht einmal dazu gekommen, die Strahlpistole aus dem Tischkasten zu ziehen. Statt
dessen nahm er nun einen sauberen Bogen Papier aus der Aktentasche, und sein
Kugelschreiber glitt geschwind über das Papier: Baan-Nu schilderte seinen Kampf
gegen einen furchtbaren Drachen, an dessen Krallen edelsteinbesetzte Ringe funkelten.
Diese Episode mit dem Vogel dämpfte jedoch keineswegs das Triumphgefühl, das
Baan-Nu erfüllte. Es war, als habe der General bereits alles auf Belliora erreicht, was zu
erreichen er beabsichtigte, und alle Lebewesen besiegt.
Eine nicht unwichtige Rolle dabei spielte Baan-Nus übermäßig entwickelte Phantasie.
Der neue Planet gefiel ihm immer besser, mit seinem Manuskript kam er gut voran, und
so wuchs auch seine Selbstsicherheit zusehends. Der Menvite konnte sie beim besten
Willen nicht verbergen, selbst wenn Ilsor mit Limonade oder Kaffee auf dem Tablett im
Arbeitszimmer erschien. Immer herablassender klopfte der General seinem Diener auf
die Schulter und fragte selbstzufrieden:
„Na, Ilsor, haben wir nicht gut daran getan, daß wir auf Belliora gelandet sind?”
Beflissen entgegnete der Sklave:
„Die Meinung meines Herrn ist auch meine Meinung.” Und er verneigte sich
ehrfurchtsvoll.
Baan-Nu lächelte:
„Ja, Ilsor, ich weiß, du bist mir der treueste Diener.” Der Anführer der Arsaken
verbeugte sich erneut, um sein spöttisches Lächeln zu verbergen.
Auch Ilsor machte sich Gedanken, doch nicht über die Verherrlichung des RameriaGenerals. Mehrmals schon hatte er die Grenzen von Ranavir verlassen, kaum daß BaanNu in den sorglosen Schlaf des Siegers gesunken war. Sieger schlafen nämlich früh ein.
Eines Tages gelangte Ilsor auf seiner Wanderung bis in ein Dorf der Erzgräber. Auf
leisen Sohlen näherte er sich einem Häuschen und blickte durchs Fenster. Er vernahm
das Klappern des Webstuhls, das wie zarte Musik an sein Ohr drang, und erblickte den
Weber, einen kräftigen, beweglichen Greis. Der Weber trat zu einem Hutzelweiblein,
anscheinend seiner Frau, und reichte ihr einen leeren Topf. Er sagte etwas, offenbar
ging es ums Nachtmahl. Wahrscheinlich liebte er seinen Webstuhl, doch das Essen vergaß er darüber nicht. Aufmerksam lauschte der Arsake der Unterhaltung der beiden
Alten.
Der Weber sagte:
„Koch uns ein Hühnchen, Elvina, wir haben ja so viele.”
Elvina entgegnete:
„Es ist noch zu früh, sie zu schlachten. Sie sind doch so klein.”
Wenn Ilsor wenigstens etwas von ihrer Unterhaltung verstanden hätte! Die Worte, die er
vernahm, erschienen ihm nur wie leises Murmeln. Ähnlich empfanden die Vögel die
Unterhaltungen der Außerirdischen. Der Anführer der Arsaken erkannte, was für eine
hohe Barriere zwischen ihm und den Erdbewohnern aufragte. Wie soll man sich
ohne Kenntnis der fremden Sprache miteinander verständigen?
Heute nun verließ Ilsor das Schloß in einer anderen Richtung. Er ging zu den
Weltumspannenden Bergen und gelangte zu Urfins Wohnstatt. Auch hier verstand er
kein Wort von der Unterhaltung, die der Erdbewohner mit einer Eule
Weitere Kostenlose Bücher