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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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schluchzte die Frau.
    Fragend hob Jasper die Brauen. „Ich dachte, Ihr Mann, also der Butler hätte ihn?"
    „Nein!" Die Frau schüttelte heftig den Kopf. „Er war viel zu schlau, um ihn bei sich zu tragen."
    „Und wo ist er dann?"
    „Da, wo der Herr ihn nie finden wird", entgegnete sie benommen. „Ich hab ihn meiner Schwester aufs Land geschickt."
    „Großer Gott", sagte Jasper. „Wo lebt denn ihre Schwester? Sie könnte in tödlicher Gefahr sein."
    „Da kommt er nie drauf", raunte die Frau. „Mein Mann hat sie nie erwähnt. Er hat Mr Horn nur gesagt, wer ihm aufgetragen hatte, seine Papiere zu durchsuchen."
    „Und wer war das?", flüsterte Jasper und ahnte Schlimmes. Die Frau sah auf und lächelte. „Mr Pynch."
    „Mylord, Mr Horn weiß, dass ich Ihr Kammerdiener bin." Pynch war kreidebleich geworden. „Und wenn er das weiß …"
    Doch Jasper war bereits aufgesprungen und in heller Verzweiflung zur Tür gerannt. Den Rest von Pynchs Satz hörte er dennoch. „... dann wird er annehmen, dass Sie den Brief haben."
    Der Brief . Er hatte keinen Brief. Aber Matthew würde glauben, dass er ihn bei sich zu Hause verwahrte. Zu Hause, wohin Melisande mittlerweile gewiss zurückgekehrt war. Arglos und allein und in dem Glauben, dass Matthew sein Freund sei.
    Gütiger Gott. Melisande.
    „Meine Mutter ist gebrechlich und ans Bett gebunden", sagte Matthew Horn zu Melisande, die nur stumm nickte, da sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte. „Sie kann sich kaum noch rühren, geschweige denn nach Frankreich flüchten."
    Melisande schluckte und wählte ihre Worte mit Bedacht. „Das ... das tut mir leid."
    Es schienen die falschen Worte zu sein. Ruckartig bewegte Mr Horn die Pistole, die er Melisande in die Seite gedrückt hielt. Melisande fuhr schaudernd zusammen, sie konnte einfach nicht anders. Schusswaffen waren ihr schon immer ein Gräuel gewesen — allein der Krach, den sie machten! —, und bei dem Gedanken, dass eine Kugel sich in ihr Fleisch bohren könnte, lief es ihr eiskalt den Rücken herunter. Es würde wehtun. Vermutlich sogar sehr. Ach, was für ein Feigling sie war — aber so war sie nun einmal.
    Sie stand Todesängste aus.
    Als Mr Horn eben vor der Tür gestanden hatte, war er ihr schon ein bisschen seltsam vorgekommen. Merkwürdig aufgekratzt und erregt. Als er in den Salon getreten war, hatte sie sich gar gefragt, ob er wohl getrunken hatte, auch wenn es noch nicht einmal Mittag war.
    Dann verlangte er, Lord Vale zu sehen, und als sie ihm erklärte, dass ihr Gatte nicht zu Hause sei, bestand er darauf, dass sie ihn in dessen Studierzimmer führe. Das hatte ihr nicht so recht gefallen wollen, zumal sie mittlerweile das Gefühl beschlich, dass irgendetwas nicht stimmte. Während er auf Jaspers Schreibtisch herumgesucht und in den Schubladen gewühlt hatte, hatte sie sich heimlich davonstehlen und Oaks rufen wollen, damit er Mr Horn des Hauses verweise. Just in diesem Augenblick hatte er dann die Pistole gezückt, und erst da — als sie ungläubig auf die Waffe in seiner Hand gestarrt hatte — war ihr der dunkle Fleck am Ärmel seines Rocks aufgefallen. Als er mit einer Hand weiter in den Papieren kramte, sah sie, dass er mit seiner Rockmanschette eine rote Schmierspur hinterließ.
    Als ob er Blut am Rock hätte.
    Melisande schauderte und versuchte, ihren grausigen Gedanken Einhalt zu gebieten. Sie wusste nicht, ob es Blut war, weshalb also wahrlich kein Grund bestand, gleich hysterisch zu werden. Vielleicht war ja alles nur ein Missverständnis. Bald würde Jasper nach Hause kommen und alles klären. Allerdings wusste er nicht, dass Horn bewaffnet war. Was, wenn er arglos zur Tür hereinspazierte? Mr Horns unerklärliche Raserei schien sich gegen Jasper zu richten. Was, wenn er ihm etwas zuleide tun wollte?
    Melisande atmete tief durch. „Was genau suchen Sie denn?"
    Mit einem Handstreich fegte Horn alle Papiere vom Tisch. Die größeren landeten weit verstreut auf dem Boden, die kleineren flatterten wie zur Landung ansetzende Vögel hinterher. „Einen Brief. Meinen Brief. Vale hat ihn mir entwendet. Wo ist er?"
    „Der Brief? Ich ... ich weiß nicht."
    Er zog sie an sich, nur die Pistole noch zwischen ihnen, umfing ihr Gesicht mit der linken Hand und drückte so fest zu, dass es wehtat. Tränen standen ihm in den Augen. „Ein Dieb ist er. Ein Dieb und Erpresser. Ich dachte, er wäre mein Freund. Ich dachte ..." Er presste die Augen zusammen, und als er sie wieder öffnete, starrte er sie

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