Das Geheimnis von Ella und Micha: Ella und Micha 1 - Roman (German Edition)
»Irgendwann mal musst du mir verraten, wer dieser Traumtyp ist.«
»Jemand, den ich von früher kenne.« Ich nehme ihr die Skizze wieder weg. »Aber wir reden nicht mehr miteinander.«
»Wie heißt er?« Sie stellt einen Karton an die Tür.
Ich lege die Zeichnung in die Schachtel mit dem Zeichenmaterial und klebe den Deckel zu. »Warum?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Nur so.«
»Er heißt Micha.« Es ist das erste Mal, dass ich seinen Namen laut ausspreche, seit ich von zu Hause fort bin. Und er steckt mir wie ein Stein in der Kehle. »Micha Scott.«
Lila sieht mir über die Schulter, während sie den Rest ihrer Kleidung in einen Karton stapelt. »In dem Bild ist eine Menge Leidenschaft. Ich glaube nicht, dass er bloß irgendein Junge ist. Warst du mal mit ihm zusammen oder so was?«
Ich lasse die Reisetasche mit meinen Klamotten neben der Tür fallen. »Nein, wir waren nie zusammen.«
Sie sieht mich ungläubig an. »Aber ihr wart kurz davor, stimmt’s?«
»Nein. Ich habe doch gesagt, dass wir nur Freunde waren.« Weil ich nicht wollte, dass wir mehr waren. Micha hat zu viel von mir gewusst, und ich bekam Angst, er könnte alles erkennen.
Lila bindet ihr Haar zu einem Pferdeschwanz und befächelt sich das Gesicht. »Micha ist ein interessanter Name. Ich glaube, dass der Name richtig viel über jemanden sagt.« Sie tippt sich nachdenklich mit den manikürten Fingern ans Kinn. »Ich wette, er ist süß.«
»Das wettest du bei jedem«, erwidere ich und stecke mein Make-up in einen Beutel.
Sie grinst, obwohl ihre Augen traurig dreinblicken. »Ja, kann sein.« Sie seufzt. »Bekomme ich diesen geheimnisvollen Micha, über den du die acht Monate, die wir in einem Zimmer zusammengewohnt haben, nicht reden wolltest, wenigstens zu sehen, wenn ich dich bei dir zu Hause absetze?«
»Hoffentlich nicht«, antworte ich leise, und Lila ist enttäuscht. »Tut mir leid, aber Micha und ich … Wir haben uns nicht direkt im Guten getrennt, und ich habe seit August nicht mehr mit ihm geredet.« Micha weiß nicht mal, wo ich bin.
Sie hievt eine randvoll gestopfte rosa Reisetasche über ihre Schulter. »Das klingt nach einer spannenden Geschichte für unsere zwölfstündige Fahrt nach Hause.«
»Nach Hause …« Ich sehe mich mit großen Augen in dem leeren Zimmer um, das die letzten acht Monate mein Zuhause gewesen ist. Ich bin nicht bereit, zurückzufahren und alle wiederzusehen, die ich im Stich gelassen habe. Vor allem nicht Micha. Er durchschaut mich besser als ein Spiegel.
»Alles okay?«, fragt Lila besorgt.
Ich verziehe die Lippen zu einem verkrampften Lächeln, packe meine Panik in einen Karton tief in meinem Herzen. »Super. Lass uns losgehen.«
Wir gehen mit unseren letzten Kartons in den Händen nach draußen. Dabei klopfe ich meine Taschen ab und merke, dass ich mein Mobiltelefon vergessen habe.
»Warte. Ich glaube, ich habe mein Handy nicht.« Ich stelle den Karton ab, laufe zurück zum Zimmer und sehe neben dem Müllsack, zwischen einigen leeren Plastikbechern auf dem Bett und vor dem Spiegel nach. »Wo steckt es?« Ich suche unter dem Bett und im Wandschrank.
Die leisen Töne von Pinks »Funhouse« erklingen unter dem Müllsack – mein Klingelton für »unbekannter Anrufer«. Ich hebe den Plastiksack hoch, und da liegt mein Handy mit leuchtendem Display. Als ich es aufhebe, bleibt mir das Herz stehen. Das ist keine unbekannte Nummer, sondern eine, die ich nie eingespeichert habe, nachdem ich den Anbieter wechselte.
»Micha.« Meine Hände zittern. Ich kann den Anruf nicht annehmen, das Handy aber auch nicht ausstellen.
»Willst du nicht rangehen?«, fragt Lila, die ins Zimmer tritt und mich verwundert ansieht. »Was ist? Du wirkst, als hättest du gerade einen Geist gesehen oder so.«
Das Klingeln hört auf, und ich stecke das Handy in die Gesäßtasche meiner Shorts. »Wir müssen jetzt los. Es ist eine weite Tour.«
Lila salutiert vor mir. »Jawohl, Ma’am.«
Dann hakt sie sich bei mir ein, und wir gehen raus zum Parkplatz. Als wir beim Wagen sind, piept mein Handy.
Mailboxnachricht.
MICHA
»Wieso müssen so viele Frauen Ella Daniels heißen?«, stöhnt Ethan vom Schreibtischstuhl aus. Seine Beine liegen schräg auf dem Tisch, während er sich träge durchs Internet scrollt. »Die Liste ist ganz schön lang, Alter. Ich kann schon gar nicht mehr richtig sehen.« Er reibt sich die Augen. »Darf ich mal eine Pause machen?«
Kopfschüttelnd laufe ich weiter im Zimmer auf und ab, das Handy an
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