Das Geheimnis von Mikosma: Geblendet
um unter das Tuch zu greifen. Sie wollte sich den ersten Gegenstand packen, der ihr unter die Finger kam, doch plötzlich erhielt sie von diesem einen Schlag auf die Hand und er entzog sich ihr. Leandra tastete weiter. Als sie den nächsten fassen wollte, wurde dieser eiskalt und sie ließ ihn augenblicklich fallen. Vorsichtig tastete sie weiter und verspürte im Nu eine angenehme Wärme. Ihre Finger begannen zu kribbeln und schienen sich selbstständig zu bewegen . Ohne dass Leandra Einfluss nehmen konnte, umfassten sie einen Gegenstand und ihre Hand wurde unsanft aus dem Korb herausgeworfen. Verwundert und gespannt, welches Ding sie gegriffen hatte, blickte sie auf einen kleinen, runden Spiegel. Ohne ein Wort zu sagen, packte Erlas ihre Hand und riss Leandra mit derselben ungewohnten Kraft mit sich. Leandra schloss die Augen und wollte laut schreien, als sie der Wasserfall mit ihrem Begleiter verschluckte.
6. Kapitel
Die Mitbewohner stellen sich vor
»Mach die Augen auf, Leandra. Ich heiße dich willkommen im Zentrum von Mikosma«, rief Erlas freundlich und schüttelte Leandra aufgeregt die Hand.
Leandra öffnete zögerlich ein Auge und blinzelte skep tisch. Dann riss sie mit einem Ruck das zweite auf und klappte die Kinnlade herunter. Sie blickte auf zahlreiche braune, mit Kopfstein gepflasterte Wege, die sich kreuz und quer durch saftiggrüne Blumenwiesen schlängelten. Überall auf diesen Straßen drängten sich Kinder mit Kobolden und kleine Elfen schwirrten emsig in der Luft umher. Die Kinder unterhielten sich eifrig, sprangen fröhlich auf und ab oder spielten Fangen miteinander. Einige lachten schallend auf, weil sie bekannte Gesichter gesehen hatten oder fielen sich glücklich in die Arme. Manche hatten sich große Bücher unter die Arme ge klemmt und bahnten sich geschickt einen Weg durch die große Menge der Spaziergänger. An den Rand der kleinen Wege waren Häuser aus grauen Steinen und knallroten Dächern gebaut, die windschief in den Himmel ragten. Eine Turmspitze mit Aussichtsplateau, auf dem Fahnen in Rot, Gelb oder Blau friedlich im Wind wehten, rundete diese selt sam aussehenden Hüttchen ab. Bunte Fensterläden um rahmten die weißen Sprossenfenster und vor dem Häuschen standen kleine, goldene Bänkchen, auf denen Kinder saßen, die sich unterhielten und fröhlich lachten . Aus den Fenstern winkten sie vorbeigehenden Freunden zu und verabredeten sich lautstark zu einem Treffen. Zwischen den windschiefen Gebäuden erhoben sich sechs mächtige Felsklippen, auf deren Spitzen jeweils schneeweiße, himmelhohe Schlösser gebaut waren. Vier gewaltige Türme umrahmten das quadratische Gebäude und eine große Eichentür, die mit blumigen Orna menten verziert war, gewährte den Besuchern Einlass. Schmale gläserne Fenster, in denen bunte Scheiben in allen Farben glänzten, verschönerten die prunkvollen Mauern. Mächtige Fahnen mit den Symbolen der einzelnen Magier wurden sanft vom Wind hin und her bewegt.
»Wir müssen weitergehen, sonst verstopfen wir den Zugang«, merkte Erlas besorgt an und zog Leandra mit sich. Auf einer nahegelegenen Wiese verlangsamte er seinen Schritt und ließ das Mädchen los.
Verblüfft über all das Neue fiel Leandra kraftlos ins Gras.
»Erlas, zwick mich bitte kräftig, denn ich kann nicht glauben, was ich hier sehe«. Leandra schüttelte den Kopf. »Dass ich nun Teil dieses wunderbaren Planeten sein darf, kommt mir vor wie ein Traum.«
»Ich zwicke dich gerne, aber ich glaube nicht, dass ich dir damit einen Dienst erweise«, kicherte Erlas frech.
Leandra streckte die Füße aus, aber als sie sich hinlegen wollte, bemerkte sie, dass sie immer noch den kleinen Spiegel in der Hand hatte.
»Welche Bedeutung hat der Spiegel, Erlas? Welche symbolische Kraft geht von ihm aus«, fragte Leandra, während sie ihre Beine überkreuzte und das kleine Ding in den Händen hin und her drehte.
»Der Spiegel steht für das sehende Herz«, antwortete der kleine Zwerg, der sich nun neben das Mädchen gesetzt hatte und seine Hände sanft über den Rasen gleiten ließ.
»Sehende Herzen, Wasser der Wahrheit. Erlas, du sprichst wieder in Rätseln! Mit deinen Auskünften kann ich einfach nichts anfangen«, schimpfte das Mädchen.
»Ich habe dir schon einmal gesagt: Kommt Zeit, kommt Rat«, konterte Erlas, der flink aufgesprungen war und Leandra seine Hand reichte.
Sie schob den kleinen Spiegel in die Gesäßtasche ihrer Jeans und sah den Kobold skeptisch an.
»Habe Geduld! Mikosma
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