Das Geheimnis von Orcas Island
hattest Albträume.« Schatten lagen unter ihren Augen. Er würde es ihr nicht leichter machen, indem er es ignorierte.
Sie versteifte sich. »Sie vergehen. Mae redet zu viel.«
»Zumindest redet sie mit mir.«
»Wir haben uns alles gesagt, was zu sagen ist.«
Er schloss eine Hand um ihren Arm, als sie an ihm vorbeigehen wollte. »Du hast das letzte Mal deine Meinung gesagt. Jetzt bin ich an der Reihe.« Er bückte sich und hakte die Leine aus. Ludwig sprang davon, in Richtung Gasthaus. »Mae erwartet ihn«, erklärte Ronald, bevor sie den Hund zurückrufen konnte.
»Ich verstehe. Ihr beide habt das alles geplant?«
»Du liegst ihr sehr am Herzen. Mir auch.«
»Ich habe viel zu tun.«
»Ja. Zuerst das.« Er zog sie an sich, ignorierte ihren Widerstand und presste den Mund auf ihren. Es war wie ein Getränk nach Tagen der Wüste, wie ein Feuer nach Dutzender langer, kalter Nächte. Er küsste sie begierig, so als wäre es das erste Mal. Oder das letzte.
Sie konnte ihn nicht bekämpfen. Oder sich selbst. Fast schluchzend klammerte sie sich an ihn. So stark sie auch zu sein versuchte, konnte sie niemals stark genug sein, um sich gegen ihr eigenes Herz zu stellen.
Ronald presste die Lippen auf ihr Haar. »Jede Nacht wache ich auf und sehe ihn das Messer an deine Kehle halten«, murmelte er. »Und ich kann nichts dagegen tun. Ich greife nach dir, aber du bist nicht da. Eine Minute, eine schreckliche Minute lang habe ich panische Angst. Dann erinnere ich mich, dass du in Sicherheit bist. Du bist nicht bei mir, aber in Sicherheit. Das ist beinahe genug.«
Mit einem hilflosen Seufzen strich sie beruhigend über seine Schultern. »Ronald, es hat keinen Sinn, daran zu denken.«
»Glaubst du, dass ich es jemals vergessen könnte? Den Rest meines Lebens werde ich mich an jede Sekunde erinnern. Ich war für dich verantwortlich.«
»Nein.« Der Zorn kam schnell genug, um sie beide zu überraschen. »Ich bin für mich selbst verantwortlich. Ich war es und bin es und werde es immer sein. Und ich kann auf mich selbst aufpassen.«
»Ja.« Er streichelte mit der Handfläche über ihre Wange. Die Prellung war verblasst, auch wenn die Erinnerung es nicht war. »Eine teuflische Art, Kaffee zu servieren.«
»Lass es uns vergessen.« Sie schüttelte seine Hand ab und ging zum Wasser. »Ich bin nicht besonders stolz darauf, dass ich mich habe betrügen lassen. Deshalb möchte ich nicht länger darüber nachdenken.«
»Es waren Profis, Charity. Du bist nicht die einzige Person, die sie benutzt haben.«
Sie presste die Lippen zusammen. »Und du?«
»Wenn man verdeckt ermittelt, lügt man, benutzt man und zieht aus allem Vorteil, was sich bietet.« Ihre Augen waren geschlossen, als er sie zu sich umdrehte. »Ich kam her, um einen Auftrag durchzuführen. Es war lange her, dass ich mir gestattete, weiter voraus als bis zum nächsten Tag zu denken. Sieh mich an. Bitte …«
Charity holte tief Luft und öffnete die Augen. »Das sind wir alles schon durchgegangen, Ronald.«
»Nein. Ich habe dir wehgetan. Ich habe dich getäuscht. Du warst nicht bereit, mir zuzuhören.« Sanft strich er ihr die Tränen von den Wimpern. »Ich hoffe, du bist es jetzt, denn ich halte es nicht mehr sehr lange ohne dich aus.«
»Ich war vorher zu hart zu dir.« Es kostete sie beinahe all ihre Kraft, aber sie brachte ein Lächeln zu Stande. »Ich war verletzt, und der Schock war größer, als ich angenommen hatte. Inspektor Conby hat mir nachher alles erklärt. Wie der ganze Einsatz abgelaufen war, was du zu tun hattest, was meine Verantwortung war.«
»Welche Verantwortung?«
»Wegen des Geldes. Es hat uns ziemlich in die Klemme gebracht, aber zumindest brauchen wir nur einen Anteil zurückzuzahlen.«
»Ich verstehe.« Ronald lachte und schüttelte den Kopf. »Er war schon immer sehr großzügig.«
»Der Unternehmer ist für den Verlust verantwortlich.« Sie neigte den Kopf. »Wusstest du nichts von der Vereinbarung, die ich mit ihm getroffen habe?«
»Nein.«
»Aber du arbeitest doch für ihn.«
»Nicht mehr. Ich habe meine Kündigung eingereicht, als ich nach Washington zurückkam.«
»Oh, Ronald, das ist doch lächerlich. Das ist wie das Kind mit dem Badewasser auszuschütten.«
»Ich habe beschlossen, dass mir das Tischlern besser gefällt. Hast du eine Stelle für mich frei?«
Charity blickte über das Wasser hinaus. »In letzter Zeit habe ich nicht viel an Renovierung gedacht.«
»Ich arbeite billig.« Er hob ihr Gesicht zu seinem
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