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Das Geheimnis von Orcas Island

Das Geheimnis von Orcas Island

Titel: Das Geheimnis von Orcas Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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1. K APITEL
    Alles, was er brauchte, war in dem Rucksack, über seiner Schulter hing. Einschließlich seiner 38er. Wenn alles gut ging, würde er keine Verwendung für sie haben.
    Ronald zog eine Zigarette aus dem zerknitterten Päckchen in seiner Brusttasche und wandte sich vom Wind ab, um sie anzuzünden. Ein Junge von etwa acht Jahren raste an der Reling der Fähre entlang, ignorierte fröhlich die Rufe seiner Mutter. Ronald konnte sich in den Jungen einfühlen. Es war kalt, gewiss. Der beißende Wind vom Pudget-Sund wehte alles andere als frühlingshaft. Aber der Ausblick war sagenhaft. In der verglasten Lounge zu sitzen war zwar gemütlicher, aber es musste dem Erlebnis etwas nehmen.
    Das Kind wurde von einer blonden Frau mit rosigen Wangen und sich schnell rötender Nase geschnappt. Ronald lauschte, als sie miteinander schimpften, während die Frau den Jungen wieder hineinzog. Familien, dachte er, sind sich selten einig. Er wandte sich ab, lehnte sich über die Reling und rauchte gemächlich, während die Fähre an Inselgruppen vorbeituckerte.
    Sie hatten die Skyline von Seattle hinter sich gelassen, aber noch ragten die Berge vom Festland auf und beeindruckten den Betrachter. Es herrschte Einsamkeit, trotz der vereinzelten abgehärteten Passagiere, die über das schräge Deck spazierten oder auf hölzernen Bänken an sonnigen Stellen kauerten. Er zog die Großstadt vor, mit ihrer Hektik, ihren Menschenmengen, ihrem Schwung. Ihrer Anonymität. Hatte es immer getan. Er konnte beim besten Willen nicht verstehen, woher diese rastlose Unzufriedenheit kam, die er verspürte, oder warum sie so schwer auf ihm lastete.
    Der Job. Während des letzten Jahres hatte er den Job dafür verantwortlich gemacht. Druck war etwas, das er stets akzeptiert, sogar herausgefordert hatte. Er hatte geglaubt, das Leben ohne Druck wäre fade und sinnlos. Doch in letzter Zeit hatte es nicht gereicht. Er begab sich von Ort zu Ort, nahm wenig mit, ließ weniger zurück.
    Zeit, um auszusteigen, dachte er, während er ein Fischerboot vorbeituckern sah. Zeit, etwas anderes zu tun. Aber was? Er könnte sich selbstständig machen. Er hatte einige Male mit diesem Gedanken gespielt. Er könnte reisen. Er war bereits in der Welt herumgekommen, aber es war vielleicht anders, es als Tourist zu tun.
    Eine tapfere Seele kam mit einer Video-Kamera hinaus an Deck. Ronald drehte sich um, rückte außer Sichtweite. Aller Wahrscheinlichkeit nach eine unnötige Vorsichtsmaßnahme, der Schritt war instinktiv. Ebenso wie die Wachsamkeit und die lässige Haltung, die eine drahtige Bereitschaft verbarg.
    Niemand schenkte ihm besondere Beachtung, obgleich einige Frauen ihn zweimal anblickten.
    Er war überdurchschnittlich groß, mit dem straffen, soliden Körperbau eines Leichtgewichtboxers. Die lässige Jacke und verwaschene Jeans verbargen wohl trainierte Muskeln. Dichtes schwarzes Haar wehte ihm locker aus dem gebräunten, hohlwangigen Gesicht. Es war unrasiert, hart geschnitten. Die Augen, von einem hellen klaren Grün, hätten den Scher-dich-zum-Teufel-Eindruck mildern können, aber sie blickten eindringlich drein, und – in diesem Moment – eine Spur gelangweilt.
    Es versprach ein gemächlicher Routineauftrag zu werden.
    Ronald hörte das Anlegesignal und verlagerte den Rucksack. Routine oder nicht, der Job war seiner. Er würde ihn erledigen, seinen Bericht einreichen, sich dann ein paar Wochen nehmen, um zu überlegen, was er mit dem Rest seines Lebens anfangen sollte.
    Er ging mit einigen anderen Fußgängern von Bord. Da war nun ein wilder, süßer Duft nach Blumen, der mit dem dumpferen Geruch des Wassers wetteiferte. Die Blumen wuchsen in romantischer Pracht, viele mit Blüten so groß wie seine Faust. Ein Teil von ihm schätzte ihre Farben und ihren Reiz, aber er nahm sich selten die Zeit, stehen zu bleiben und an einer Rose zu schnuppern.
    Wagen rollten von der Rampe. Ronald zog eine weitere Zigarette heraus, zündete sie an und blickte flüchtig um sich – auf die hübschen, farbenfrohen Gärten, das reizvolle Hotel und Restaurant, die Schilder, die Informationen über die Fähre und Parkmöglichkeiten boten. Nun war alles eine Frage des Timings. Er ignorierte das Terrassencafé, obgleich er wirklich gern eine Tasse Kaffee getrunken hätte, und bahnte sich einen Weg über das Parkgelände.
    Er entdeckte den Kleinbus mühelos, das blau-weiße amerikanische Modell mit der Aufschrift »Whale Watch Inn« auf der Seite. Es war sein Job, sich in den

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